Mädchen mit Maske hält ein Bild von George Floyd in die Höhe
Reuters/Jeenah Moon
Todestag von George Floyd

Biden sieht „Wendepunkt“

Zum Jahrestag der Tötung des Afroamerikaners George Floyd haben sich US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris mit den Angehörigen des Opfers im Weißen Haus getroffen. „Wir müssen handeln“, sagte Biden nach dem Treffen mit Blick auf das im Senat blockierte Polizeigesetz. Die USA seien an einem „Wendepunkt“ angekommen.

„Der Kampf um die Seele Amerikas ist ein ständiges Hin und Her zwischen dem amerikanischen Ideal, dass wir alle gleich geschaffen sind, und der harten Realität, dass der Rassismus uns schon lange auseinandergerissen hat“, sagte Biden am Dienstag mit Blick auf das nach Floyd benannte Gesetz für Polizeireformen.

„Wenn man Bundesgesetze machen kann, um den nationalen Vogel, den Weißkopfseeadler, zu schützen, dann kann man auch Bundesgesetze machen, um ‚People of Color‘ zu schützen“, sagte Floyds Bruder Philonise während seines Besuchs. „Biden hat uns wissen lassen, dass er die Verabschiedung des Gesetzes vorantreibt, aber er will sicherstellen, dass es das richtige Gesetz ist und nicht ein übereiltes“, sagte Floyds Neffe Brandon Williams.

Angehörige von George Floyd vor dem Weißen Haus
AP/Evan Vucci
Floyds Familie nach dem Treffen mit Biden und Harris im Weißen Haus

Erleichtert Strafverfolgung von Polizisten

Der „George Floyd Justice in Policing Act“ will eine gerechte Behandlung von Minderheiten durch die Strafverfolgungsbehörden sicherstellen. Im März verabschiedete das Repräsentantenhaus mit demokratischer Mehrheit den Gesetzesentwurf, der umstrittene Polizeitaktiken wie Würgegriffe verbietet und es gleichzeitig erleichtert, einzelne Polizisten wegen rechtswidrigen Verhaltens anzuklagen.

Floyd war während eines Polizeieinsatzes durch fast zehn Minuten langes Knien eines Polizisten auf Floyds Nacken zu Tode gekommen. Biden hatte den Senat zuvor aufgefordert, das Gesetz bis zum Jahrestag von Floyds Tod zu verabschieden. Biden sage, er hoffe, dass nach dem Feiertag am 31. Mai, dem Memorial Day, nun eine Einigung auf das Gesetz zur Polizeireform erzielt werden könne.

Der Memorial Day, immer am letzten Montag im Mai, fällt heuer auf den 100. Jahrestag des Massakers von Tulsa. Von 31. Mai bis 1. Juni 1921 wurde in der Stadt in Oklahoma das von Afroamerikanern bewohnte Viertel Greenwood von einem weißen Mob weitgehend zerstört. Dabei kamen 300 Menschen ums Leben.

Biden fordert Polizeireform

US-Präsident Joe Biden hat sich ein Jahr nach dem Polizeieinsatz, bei dem der Afroamerikaner George Floyd getötet wurde, mit seinen Angehörigen getroffen. Die Hinterbliebenen und der Präsident haben sich für eine Reform der Polizei ausgesprochen.

Kritik von einer Schwester Floyds

Eine von George Floyds Schwestern, Bridgett Floyd, war nicht zum Treffen im Weißen Haus gekommen. Bei einer Versammlung im Zentrum von Minneapolis sagte sie, sie habe das Treffen mit Biden boykottiert, weil dieser die Polizeireform bisher nicht durch den Kongress gebracht hat.

„Er hat sein Versprechen gebrochen, aber ich gebe ihm noch ein paar Wochen“, sagte sie und verwies darauf, dass auch nach der Tötung ihres Bruders weitere Menschen von der Polizei getötet worden seien. „Nach dem Tod meines Bruders kamen viele Namen dazu. Es ist nicht viel (gegen Polizeigewalt, Anm.) unternommen worden.“

Konfrontation mit eigenem Rassismus

Der Jahrestag wurde USA-weit auf verschiedenste Weise begangen: mit Gedenkfeiern, dem Niederlegen von Blumen, Gebeten. Aber auch mit dem Feiern afroamerikanischer Kultur mit Kunst, Musik und Essen wurde George Floyds gedacht, dessen Tötung durch Polizisten das Land erschütterte und landesweit Proteste gegen den tief in der Gesellschaft verankerten Rassismus und die Polizeigewalt auslöste.

Der Jahrestag der Tötung Floyds habe „das Land daran erinnert, dass es seine Geschichte von Rassismus und Ungleichheit, die die Tötung offenlegte, noch längst nicht aufgearbeitet hat“, resümierte die „New York Times“.