„Ibiza“: Finanzbeamter schildert Novomatic-Überprüfung

Im „Ibiza“-U-Ausschuss ist heute die Finanz im Zentrum des Interesses. Als erste Auskunftsperson ist den Abgeordneten ein Teamleiter der Finanzstrafbehörde Wien Rede und Antwort gestanden. Er hatte eine Prüfung des Glücksspielkonzerns Novomatic im Auftrag der Justiz geleitet. Anlass für die Untersuchung waren auch Schenkungen in Millionenhöhe seitens des Novomatic-Gründers Johann Graf.

Die WKStA prüft seit April 2020 den Verdacht auf Hinterziehung der Einkommenssteuer. Es gilt die Unschuldsvermutung. Insgesamt stehen auf der Liste 160 Schenkungen (von 2009 bis 2020 erfolgt) – auf NEOS-Fragen gab der Beamte an, dass die WKStA bei ihm angefragt habe, welche Verträge im System der Finanz dazu aufliegen. Diese Verträge habe er dann ausheben lassen und dem WKStA-Staatsanwalt auf dessen Auftrag ausgehändigt. Die Zusammenarbeit mit der WKStA beschrieb er als „sehr gut kooperativ“.

Beamter: Keine Einflussnahme von Novomatic und Politik

Einflussnahme von Novomatic-Vertretern auf seine Person im Zuge der Steuerprüfung habe es keine gegeben, so der Beamte. Er gab dazu an, grundsätzlich Kontakt mit Anwälten von Beschuldigten zu haben. Auch politische Einflussnahme konnte er ausschließen („Hab mich nie mit Politikern getroffen“).

Auskunftsperson vor dem Ibiza-U-Ausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer

Steuerakten „nicht Teil des Finanzstrafverfahrens“

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wollte im Zuge seiner Befragung eruieren, ob die Schenkungen vom zuständigen Finanzamt (vor den Ermittlungen) „jemals hinterfragt“ worden seien. Der Beamte verneinte – dazu habe er keine Wahrnehmungen. Seinem Wissensstand zufolge würden sich die Steuerbehörden erstmals mit Schenkungen befassen. Dass er Zugriff auf die Steuerakten habe, bestätigte der Beamte – doch habe er die Akten nicht durchgesehen („nicht Teil des Finanzstrafverfahrens“).

Krainer gab an, den Steuerakt anfordern zu wollen. Hintergrund: Der Finanzstrafakt liegt dem U-Ausschuss vor, aber eben nicht der Steuerakt. Doch hätte auch die Auskunftsperson diesen ja mitnehmen können, sagte Krainer zum Beamten. Dieser verteidigte sich: Es handle sich um einen Akt des Finanzamts – sein Auftrag sei es aber gewesen, den Finanzstrafakt vorzulegen.

„Politische Natur“ vs. „dienstliche Natur“

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli fragte zu einem Telefonat des Befragten mit einem Mitglied der „SoKo Ibiza“ – in dem ging es darum, dass eine der Beschenkten in einem Kabinett eines Ministeriums tätig war. Ob der SoKo-Beamte ihn über einen Verdacht informiert habe? Das sei so gewesen, gab der Beamte an – er wisse aber nicht, ob sie als Verdächtige oder Beschuldigte geführt werde. Seine Behörde sei auskunftspflichtig, er selbst sei aber nur für die Frage zuständig, ob Steuer hinterzogen wurde oder nicht. Der Beamte verwies darauf, dass man oft erst im Nachhinein draufkomme, dass etwas politischer Natur sei. Für ihn sei die SoKo-Anfrage dienstlicher Natur gewesen.

FPÖ-Mandatar Christian Ries erfragte, welche Aufträge die Behörde des Beamten von der WKStA noch bekommen habe – er zitierte dazu aus einem Auftrag, demzufolge es zu eruieren galt, ob Beschenkte dabei gewesen seien, die der Politik nahestehen. Darauf wollte der Beamte in medienöffentlicher Sitzung nicht antworten (dazu wurde letztlich eine Befragung in vertraulicher Sitzung durchgeführt).

Verfahren noch in „Ermittlungsphase“

Im betreffenden Finanzverfahren sei man immer noch in der Ermittlungsphase, und es werde auch noch dauern, gab der Beamte an. Denn im Abgabeverfahren gebe es Rechtsmittel gegen den Abgabenbescheid, und ohne rechtskräftigen Abgabenbescheid gebe es keine Anklagen oder Einstellungen im strafrechtlichen Verfahren. Zehn Jahre könne so etwas seiner Erfahrung nach schon dauern, gab der Beamte auf ÖVP-Fragen an.

Er könne daher auch keine Einschätzungen abgeben, ob der Vorwurf wahr ist oder nicht. Das wird das Gericht klären, sagte er. Davor müsse die WKStA entscheiden, ob es überhaupt zur Anklage kommt.

Zweigeteilter Ausschusstag

Nach der Befragung des Beamten kam es zu einer programmierten Unterbrechung. Geschuldet war diese der Nationalratssondersitzung, die am Nachmittag begann. Anschließend an die Sondersitzung ist eine Vertreterin des Finanzministeriums geladen. Sie ist im Verbindungsdienst tätig und soll unter anderem Aufklärung über die für die Opposition mühsamen Aktenlieferungen schaffen.

Purkart: Weiter „Störfeuer“ bei „Ibiza“-Ermittlungen

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger (ÖVP) gab vor Beginn der Befragungen recht vehement an, das Vertrauen in die Arbeit des Oberstaatsanwalts Matthias Purkart verloren zu haben. Hanger bezog sich auf die gestrige Befragung, bei der Pukart angegeben hatte, dass Behinderungen und „Störfeuer“ bei den Ermittlungen im „Ibiza“-Komplex nicht abreißen würden. Die Grünen konnten die Kritik Hangers am Oberstaatsanwalt nicht nachvollziehen.

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Dienstaufsichtsverfahren wegen Kurz-Ermittlungen

Zu den „Störfeuern“ zählte laut Purkart auch eine Dienstaufsichtsprüfung im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Diese bestätigte Justizministerin Alma Zadic (Grüne): „Ja, es hat ein Dienstaufsichtsverfahren gegen die WKStA gegeben. Es hat sich herausgestellt, dass die WKStA korrekt gehandelt hat, daher sind dienstrechtliche Konsequenzen vom Tisch“, sagte sie im Ö1-Morgenjournal heute.

Auf ORF.at-Nachfrage sagte die WKStA, dass sie darüber noch nicht informiert wurde bzw. man davon nicht erfahren habe. Im Zuge der Prüfung habe man eine Stellungnahme zu den Vorwürfen, man habe nicht rechtens gehandelt, abgegeben.

Ob die nun ausschlaggebend für das Ende des Verfahrens ist, könne man nicht sagen, betonte ein Sprecher der WKStA und verwies auf das Justizressort und die Oberstaatsanwaltschaft Wien, die die Prüfung eingeleitet hat.

Auf Anfrage des „Standard“ hieß es seitens des Justizministeriums wiederum, dass die WKStA „korrekt gehandelt“ habe. „Der Berichtsauftrag wurde daher im Einvernehmen zwischen OStA Wien und Bundesministerium für Justiz im Laufe des Dienstags vor dem medialen Bekanntwerden des Sachverhalts zurückgenommen. Die WKStA ist darüber seit Dienstagnachmittag informiert“, hieß es.