„Ibiza“: Aus Finanzressort gelieferte Kartons im Fokus

Nach der Sondersitzung des Nationalrats zum „Grünen Pass“ ist gestern die Befragung im „Ibiza“-U-Ausschuss fortgesetzt worden. Als Auskunftsperson war eine Vertreterin des Finanzministeriums geladen. Sie ist im Verbindungsdienst tätig und auch für „parlamentarische Agenden“ zuständig, wie etwa Anfragen. Sie diene als Schnittstelle zum Parlament, wie die Auskunftsperson betonte.

Auskunftsperson vor dem Ibiza-U-Ausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer

Im Fokus der Befragung standen freilich jene Akten, die erst nach der Exekutionsandrohung durch den Bundespräsidenten an das Parlament geliefert wurden. Es sei zum ersten Mal geschehen, dass ganze E-Mail-Postfächer zu liefern gewesen seien, so die Auskunftsperson. Sowohl die Ausdrucke als auch die hohe Klassifizierung seien vom Kabinett von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) veranlasst worden.

Prozess der Aktenlieferung

SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter fragte nach der konkreten Handhabung der Akten, also wie diese für den U-Ausschuss vorbereitet wurden. Die ÖVP meldete sich zur Geschäftsordnung und wollte von Pöschl wissen, ob die Frage zulässig sei. „Diese Frage ist zulässig“, so dessen Antwort. Replik von ÖVP-Abgeordnetem Andreas Hanger: „Der Opposition gehen offenbar die Themen aus, weil man nach Prozessen fragt.“

„Die Unterlagen wurden aus den jeweiligen Abteilungen teilweise auf einem E-Mail-Postfach übermittelt“, sagte die Beamtin. Sie habe die Ausdrucke, die schließlich kistenweise in das Parlament geliefert wurden, nicht veranlasst. „Veranlasst hat es das Kabinett“, sagte sie, „ausgedruckt habe ich.“ Mitte März habe sie den Auftrag aus dem Kabinett bekommen, die angeforderten Unterlagen vorzubereiten und „abzuwarten“.

Nach Exektutionsandrohung sofortige Lieferung

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte Anfang März entschieden, dass das Finanzressort die Akten an den U-Ausschuss liefern muss. „In diesem konkreten Fall gab es nach dem Erkenntnis noch ein paar Fragen zu klären“, so die Auskunftsperson und verwies auf Wolfgang Peschorn, den Leiter der Finanzprokuratur, der das Finanzressort in Rechtsfragen beriet. Es sei nie die Frage im Raum gestanden, dass man nicht liefere, sondern nur, wann.

Nach einer Beschwerde der Opposition, dass die Akten trotz des Erkenntnisses nicht geliefert wurden, hatte der VfGH dann Anfang Mai eine Exekution bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Finanzministerium beantragt. Nach dieser Entscheidung sagte Blümel die sofortige Übermittlung zu.

Entscheidungen trifft das Kabinett

Christian Ries von der FPÖ machte deutlich, dass es für ihn unverständlich sei, warum das Finanzministerium die geforderten Akten monatelang nicht lieferte. Das Ressort sei verpflichtet, „abstrakt Relevantes“ zu übermitteln.

Die Begründung, warum die Unterlagen mit der zweithöchsten Sicherheitsstufe, also in Papierform, geliefert wurden, habe sie nie erfahren. „Die Klassifizierung obliegt den Eigentümern der Unterlagen“, sagte sie konkret und meinte dementsprechend jene Kabinettsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen, deren E-Mail-Postfächer angefordert wurden.

Die Klassifizierung sei nach dem Erkenntnis des VfGH Mitte März erfolgt, so die Auskunftsperson, die anschließend die Akten vorbereiten musste. Das sei das erste Mal im Finanzministerium gewesen, dass Akten für einen U-Ausschuss „pauschal“ klassifiziert worden seien. Ihr erster U-Ausschuss sei jener zur Hypo gewesen.

Keinen inhaltlichen Einblick

Die Frage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, ob sie inhaltliche Wahrnehmungen zu den Beweisthemen, zu denen sie geladen wird, habe, verneinte die Auskunftsperson. In ihrer Abteilung kommen die Gesetzesentwürfe zusammen, „mehr nicht“. Die bereits oft zitierte Glücksspielnovelle, die unter der ÖVP-FPÖ-Regierung zurückgezogen wurde, kenne sie. Den Abbruch des Entwurfs habe sie aber nicht hinterfragt.