Menschen in einem Lokal
Reuters/Lisi Niesner
Weitere Lockerungen

Regierung berät Details

Nach dem jüngsten Hickhack ist sich die Regierung am Ende doch einig geworden: Am 10. Juni sollen weitere Öffnungsschritte umgesetzt werden. Am Freitagvormittag begannen Beratungen mit den Landeshauptleuten und dem Gemeindebund. Es ist mit Lockerungen im Bereich der Gastronomie und bei der Maskenpflicht zu rechnen.

Über das Pfingstwochenende hatte es einen medial ausgetragenen Koalitionskrach in Sachen Öffnungen gegeben – letztlich stellte sich allerdings heraus, dass man sich inhaltlich ohnehin ziemlich einig ist. Nur an der gemeinsamen Kommunikation von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) dürft es gehakt haben. Während der eine Öffnungsschritte öffentlich kundtat, wollte der andere noch abwarten – beschloss aber dann, offensiver zu werden.

Mitte der Woche hieß es: Am 10. Juni wird wieder gelockert. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) rechnet mit einem harmonischen Treffen. Es sei aber wichtig, Schritte mit Hausverstand zu machen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Zu erwarten ist nach den Ankündigungen der vergangenen Tage, dass es vor allem in der Gastronomie zu Lockerungen kommt. So dürfte der Zweimeterabstand zwischen Besuchergruppen auf einen Meter verkleinert werden, außerdem soll die Anzahl der Personen, die an einem Tisch sitzen dürfen, erhöht werden. Die Sperrstunde würde Gesundheitsminister Mückstein gern von 22.00 Uhr auf Mitternacht verlegen. Zudem könnte die Maskenpflicht im Freien fallen.

Mund-Nasen-Schutz statt FFP2?

Ziemlich fix scheint auch, dass man bei Veranstaltungen im Freien bald keine Maske mehr tragen muss. Bleiben dürfte die FFP2-Maskenpflicht noch in den Schulen oder etwa im Handel, wobei in den nächsten Wochen diskutiert werden soll, wieder zum herkömmlichen Mund-Nasen-Schutz zurückzukehren.

Im Bundeskanzleramt finden noch Gespräche zwischen der Regierung, den Landeshauptleuten und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl statt. Von Regierungsseite sind Bundeskanzler Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Mückstein (beide Grüne) und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dabei. Danach soll es eine Pressekonferenz geben. Thema der Gespräche sind nach APA-Informationen auch Hochzeiten. Aus den Ländern wurden zuletzt auch Wünsche nach einer Abschaffung des Einreiseformulars auf dem Landweg und einer Verkleinerung der Quadratmeterregel im Vereinsleben deponiert.

Gesundheitsministerium: Für nahe Zukunft vorbereiten

Aus dem Gesundheitsministerium hieß es zuletzt gegenüber ORF.at auf die Frage, ob es nicht zu früh für weitere Lockerungen sei, da die Folgen der jüngsten Öffnungen noch nicht abzuschätzen seien, dass man bereits für die nahe Zukunft planen müsse. Dazu seien etwa auch neue Verordnungen nötig. Diese Pläne erstelle man auf Grundlage der Prognosen der Fachleute. Sollte sich die Datenlage ändern, werde man auch die Pläne entsprechend adaptieren.

Simulationsexperte Niki Popper (Technische Universität Wien) meinte, dass es im Moment keinen Unterschied mache, ob man am 10. Juni oder eine Woche später weitere Lockerungen durchführe. Auch der Wiener Komplexitätsforscher Peter Klimek (Complexity Science Hub Vienna) sah nur einen geringen Unterschied.

Man habe schon vorher gewusst, dass die Situation mit den Impfeffekten ab Mitte Mai sehr stabil sein werde. Und das werde auch so bleiben, so Popper. Man dürfe auch nicht alles fahren lassen. „Überspitzt gesagt: Händewaschen wäre schon noch gut“ – damit auch im Herbst die Situation stabil bleibe. Bei aller Freude über die guten Zahlen müsse man weiter vernünftig sein – insbesondere in Sachen Impfen.

Warnung vor zu schneller Aufhebung der Maskenpflicht

Vor einer zu schnellen Aufhebung der Maskenpflicht warnten der Public-Health-Experte Armin Fidler und der Virologe Norbert Nowotny. Die Maskenpflicht solle „überall, wo viele Menschen auf engem Raum sind, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Flugzeugen, Zügen, im Taxi, wo ich nicht weiß, ob der Taxifahrer geimpft oder genesen ist“, bleiben, so Fidler. Eine allgemeine Maskenpflicht draußen habe aus epidemiologischer Sicht hingegen keinen Sinn mehr. Anderen Öffnungsschritten stand Fidler skeptisch gegenüber.

Nowotny hält Diskussionen über weitere Öffnungsschritte für verfrüht. „Wir werden erst Ende Mai sehen, wie sich die Öffnungsschritte auswirken.“ Der Virologe kann sich ein Ende der Maskenpflicht mit 1. Juli vorstellen, aber auch dabei müsse man weiterhin das Infektionsgeschehen im Auge behalten. U-Bahnen seien „gesteckt voll“, da brauche man die Maske noch. Wenn die Zahlen bis Anfang Juli gut seien, „kann man von mir aus alles aufsperren“. Den Vorschlag, von FFP2-Maske wieder zu Mund-Nasen-Schutz zu wechseln, sah er kritisch.

Eine Woche nach der breiten Öffnung gehen die Fachleute des Covid-10-Prognose-Konsortiums im Gesundheitsministerium von einer Fortsetzung des rückläufigen Infektionsgeschehens aus. Das Tempo, mit dem sich die täglichen Coronavirus-Infektionszahlen zuletzt reduziert haben, werde sich allerdings einbremsen. In einzelnen Bundesländern seien eine Stagnation oder leichte Zuwächse im Bereich des Möglichen. Weiter entspannen werde sich die Lage in den Spitälern.