Politischer Schulterschluss bei Wiener Demo gegen Lukaschenko

Dutzende Menschen haben gestern in Wien für ein Ende des Regimes in Belarus und die Freilassung des gekidnappten Journalisten Roman Protassewitsch demonstriert. Neben Vertreterinnen und Vertretern der belarussischen Diaspora traten mehrere namhafte Politikerinnen und Politiker von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS als Redner am Platz der Menschenrechte in Wien-Neubau auf, darunter der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), der das „horrende Unrecht“ in Weißrussland anprangerte.

„Wir dürfen in Europa nicht zusehen“, betonte Wiederkehr. „In Europa gibt es keinen Platz für Autokraten und Menschenrechtsverletzungen.“ Der SPÖ-Europaabgeordnete Andreas Schieder bezeichnete die Demonstration als „ganz wichtiges und ganz starkes Zeichen“. Konkret forderte er, „alle Finanzvermögen dieser brutalen Diktatoren in Europa einzufrieren, ihnen die Reisefreiheit zu nehmen und sie in Europa nirgends zu empfangen“. Die ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler versicherte den Demonstranten, „dass Österreich nicht locker lassen“ werde.

„Offensichtliche und unverschämte“ Wahlmanipulation

Der frühere Grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger berichtete bei der Demonstration von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem belarusisschen Regime. Als Abgeordneter habe er an 30 Wahlbeobachtungsmissionen in unterschiedlichen Ländern Europas, Zentralasiens oder Amerikas teilgenommen. „Die Wahlbeobachtung in Belarus war eine meiner ersten und mit Abstand die schrecklichste“, erinnerte er sich an das Jahr 1997. Nirgends habe man nämlich „so offensichtlich und völlig unverschämt“ manipuliert wie in Belarus.

Kati Schneeberger vom Verein „Vienna goes Europe“ berichtete zum Auftakt der Kundgebung von zahlreichen Solidaritätsadressen, etwa auch von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sowie mehreren Europaabgeordneten aller Parteien mit Ausnahme der FPÖ. „Ich freue mich, dass es Themen gibt, wo wir alle übereinstimmen. Das ist für Österreich auch nicht schlecht“, sagte der NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter als einer der ersten Redner in Anspielung auf die heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen.

Thomas Michel von Amnesty International prangerte in seiner Rede das Vorgehen des Regimes gegen Protassewitsch und seine Freundin Sofia Sapega an. Die beiden hätten kein Verbrechen begangen, sagte Michel. Protassewitsch würden nun 20 Jahre Haft drohen. „20 Jahre für Meinungsfreiheit“, empörte sich Michel, der zur Unterzeichnung der Amnesty-Petition für die sofortige Freilassung des vom Regime gekidnappten Paars aufrief.