Johannes Kopf
ORF
AMS-Chef Kopf

Nicht alle Jobs können erhalten werden

Die Wirtschaft nimmt Fahrt auf, und das zeigt sich auch in einem Rückgang der Arbeitslosigkeit. Gab es zu Jahresanfang noch 110.000 Arbeitslose mehr als zur gleichen Zeit 2019, so sind es jetzt rund 51.000 Arbeitslose mehr. „Man sieht eine Lockerung, zufrieden können wir aber noch nicht sein“, sagte der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, am Sonntagabend in der ZIB2. Kopf meinte, dass auch im Aufschwung nicht alle Jobs erhalten werden können.

Die Kurzarbeitsunterstützung müsse verringert werden, der Ausstieg aus dieser Wirtschaftshilfe werde in Teilbereichen auch schmerzhaft sein und zu Arbeitslosen führen, so Kopf. Dennoch: „All inclusive sollte die neue Kurzarbeit nicht mehr sein.“ Um die Weiterentwicklung der Wirtschaft nicht zu behindern, müsse man eine Lösung finden, „um aus den Förderungen herauszukommen“.

Der AMS-Vorstand wies als Beispiel auf die Luftfahrt hin. Ein hochrangiger Lufthansa-Vertreter habe gesagt, dass die Luftfahrtbranche wohl 20 Prozent zu viel Personal habe – das werde auch auf die AUA und den Flughafen Wien Auswirkungen haben. Erklärtes Ziel müsse es sein, dass Menschen, die den Job verlieren, rasch eine andere Arbeit finden können. Kopf wies darauf hin, dass es „in diesen Tagen“ erstmals wieder 100.000 offene Stellen beim AMS gebe.

AMS-Vorstand Kopf zur Lage auf dem Arbeitsmarkt

Mit den Öffnungen nach dem Coronavirus-Lockdown werden auch Teile der CoV-Wirtschaftshilfen auslaufen. Welche Auswirkungen das auf den Arbeitsmarkt haben wird, erörterte AMS-Vorstand Johannes Kopf.

Arbeitslosengeld: Kopf für grundlegende Debatte

In der Diskussion über eine erhöhte Nettoersatzrate plädierte Kopf vor allem für eine Diskussion über das Gesamtsystem. Derzeit erhalten Arbeitslose bis zu ein Jahr lang 55 Prozent des letzten Nettogehalts als Arbeitslosenentgelt. Gewerkschaft und andere fordern 70 Prozent. Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat ein Modell vorgelegt, wonach das Arbeitslosengeld zwar mit 70 Prozent des letzten Nettogehalts startet, aber schrittweise auf 40 Prozent fällt.

Internationale Studien würden zeigen, dass eine Senkung der Arbeitslosenunterstützung nach drei Monaten die Betroffenen tatsächlich zu mehr Flexibilität, also zur Annahme eines „weniger idealen“ Jobs, motiviere. Er, Kopf, sei daher für eine anfangs höhere Unterstützung mit einer Senkung. Er glaube aber nicht, dass die Unterstützung mit der Zeit weiter hinuntergehen sollte.

Arbeitslosenzahlen gesunken

Aufgrund der Öffnungen nach dem Coronavirus-Lockdown sinken auch die Arbeitslosenzahlen. Doch der Wegfall diverser Hilfszahlungen könnte auf dem Arbeitsmarkt noch für Stress sorgen. Welche Maßnahmen nicht verlängert werden, ist offen.

Insgesamt sei die ganze Arbeitslosenunterstützung inzwischen ungemein komplex. „Ich würde dieses ganze System auch mit dem Zuverdienst gerne grundlegend diskutieren“ und nicht „eine populistische Maßnahme“ wie die 70-Prozent-Nettoersatzrate einzeln herausgreifen, sagte Kopf. Man könne davon ausgehen, dass die meisten Menschen grundsätzlich arbeiten wollten, aber eventuell nicht in den angebotenen Jobs.

Verhandlungen über Kurzarbeit

Angelaufen ist unterdessen auch die Debatte über die weitere Vorgangsweise bei den milliardenschweren Coronavirus-Hilfen. Was die konstenintensivste Maßnahme betrifft, werde diese zwar verlängert, aber nicht mehr im bisherigen Ausmaß. So wie Kopf verwies auch ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher in diesem Zusammenhang zuletzt auf laufende Verhandlungen – und eine bis Ende Mai in den Raum gestellte Einigung.

Hilfsmaßnahmen werden reduziert

Mit Juli sollen einzelne Hilfsmaßnahmen zurückgefahren werden, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Zusammengerechnet hat Österreich 37 Milliarden Euro in der Pandemie zugesichert oder ausbezahlt.

Nicht verlängert werden indes beispielsweise Steuerstundungen. Allerdings müssen die gestundeten Beträge nicht sofort in voller Höhe zurückgezahlt werden. In den ersten drei Monaten sollen in einer „Safety-Car“-Phase nur 0,5 oder ein Prozent des gesamten Betrags fällig gestellt werden, danach sind Ratenzahlungen möglich.

Staatliche Hilfen dürften natürlich nicht Wachstum reduzieren, hatte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dazu am Freitag gegenüber der ZIB1 gesagt. Einige Maßnahmen werden dennoch weitergehen – welche und in welcher Form, bleibt offen. Laut Kopf wird es „wohl weiter Förderungen brauchen, aber weniger als bisher“.