U-Ausschuss: ÖVP wirft NEOS „hinterhältige Politik“ vor

Die Stimmung zwischen ÖVP und NEOS im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss bleibt angespannt. Nachdem NEOS zugegeben hatte, die vertraulichen Ausschussdokumente zu den Chats des suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek an Medien weitergegeben zu haben, warf ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger NEOS heute „hinterhältige Politik“ vor. Inhaltlich lehnte er die Chatprotokolle ab, Konsequenzen für Pilnacek forderte Hanger aber nicht.

NEOS drohen allerdings vorerst keine Konsequenzen. Strafbar wäre eine Veröffentlichung erst ab der Klassifizierungsstufe 3 („geheim“). Die betroffenen Akten sind in Stufe 2 („vertraulich“) eingeordnet – eine Sanktionsmöglichkeit wäre hier ein Ordnungsruf des Ausschussvorsitzenden, also von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

In den Chats bezeichnet Pilnacek, gegen den wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt wird, unter anderem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als „missraten“ und kritisiert den Verfassungsgerichtshof für dessen Entscheidungen zur Sterbehilfe und zum Kopftuchverbot an Volksschulen.

Die Nachrichten stammen aus dem beschlagnahmten Handy des suspendierten Sektionschefs und waren Montagnachmittag an den U-Ausschuss geliefert worden. Am Dienstag berichteten dann mehrere Medien aus den als „vertraulich“ eingestuften Dokumenten.

SPÖ kritisiert ÖVP scharf

Mit scharfer Kritik an der ÖVP meldete sich indes SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried zu Wort. Er warf den Türkisen vor, „Krieg“ gegen die Justiz zu führen und diese „systematisch zu diffamieren“. Leichtfried begrüßte bei einer Pressekonferenz den Rücktritt von Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter als Verfassungsrichter, erinnerte aber daran, dass es Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) gewesen sei, der Brandstetter vom Ministeramt direkt in den VfGH befördert habe.

Brandstetters Rücktritt sei nur der erste, „es werden weitere folgen“, sagte Leichtfried und nannte Finanzminister Gernot Blümel und ÖBAG-Chef Thomas Schmid als potenzielle Rücktrittskandidaten. „Das System Kurz beginnt anständig zu bröckeln, wobei anständig hier das falsche Wort ist“, so Leichtfried.

Die Reaktion der ÖVP auf den Rückzug Brandstetters bezeichnete er als „skrupellos“. Anstelle des ÖVP-Fraktionsführers im U-Ausschuss, Hanger, würde er „zerknirscht in sich gehen“ und sich „schämen für die Respektlosigkeit“, die die ÖVP der Justiz und dem Rechtsstaat gegenüber lege. Stattdessen greife die ÖVP die Justiz weiter an. „Die ÖVP führt eine Art Krieg gegen die WKStA und damit gegen den Rechtsstaat.“