Indigene Kinder: Trudeau verlangt von Kirche Aufklärung

Nach der Entdeckung der sterblichen Überreste von 215 Kindern kanadischer Ureinwohner in einem früheren katholischen Internat wächst der Druck auf die Kirche. Sie müsse „Verantwortung übernehmen“, forderte der kanadische Regierungschef Justin Trudeau gestern. Notfalls werde seine Regierung auf die Herausgabe der Dokumente klagen.

Zuvor hatten UNO-Menschenrechtsexperten die Regierung in Ottawa und den Vatikan aufgefordert, alles zur Aufklärung der Hintergründe zu unternehmen. Sie müssten untersuchen, wer die Opfer gewesen seien, unter welchen Umständen sie gestorben seien und wer dafür verantwortlich gewesen sei, erklärte das Gremium aus neun Experten gestern.

Falls nötig „stärkere Maßnahmen“

„Als Katholik bin ich zutiefst enttäuscht von der Position, die die katholische Kirche jetzt und in den vergangenen Jahren eingenommen hat“, sagte Trudeau vor Journalisten.

Wenn nötig, werde seine Regierung „stärkere Maßnahmen“ ergreifen, um die von den Opferfamilien geforderte Herausgabe von Dokumenten zu erzwingen. Er sei aber „sehr zuversichtlich, dass die kirchlichen Verantwortungsträger verstehen werden, dass das etwas ist, an dem sie sich beteiligen müssen“.

In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3.200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose.