Das Schiff, das auf Mittelmeerkreuzfahrt geht, sorgte mit seiner Route durch die Lagune für den Unmut der venezianischen Bevölkerung. Die Bewegung „No Grandi Navi“ (zu deutsch: Keine großen Schiffe) hatte bereits Anfang der Woche zu den Protesten aufgerufen. Am Samstag skandierten die Menschen „Große Schiffe raus aus der Lagune“.
Wegen der Pandemie hatte über viele Monate kein großes Kreuzfahrtschiff in der Weltkulturerbestadt angelegt. Am 1. April war dann eine Regelung der Regierung in Rom in Kraft getreten. Darin wurde ein Ideenwettbewerb gestartet, um Lösungsvorschläge für eine Anlegestelle außerhalb der Lagune zu sammeln. Konkrete Pläne lagen noch nicht vor. „Das hätte ein April-Scherz sein können“, schrieben „No Grandi Navi“ in ihrer Protestankündigung. Sie fordern, dass die großen Kreuzer sofort der Lagune fernbleiben. Die Menschen fürchten zu viele Touristen und Schäden an der Bausubstanz.
Auch Branche verlangt Lösung
Vor der Pandemie hatte Venedig jährlich Millionen von Reisenden beherbergt. Die Stadt war Ziel vieler Kreuzfahrtschiffe, über die seit Jahren gestritten wird. Das Thema rief sogar schon internationale Stars auf den Plan. Unter anderem Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger, Schauspielerin Tilda Swinton und Regisseur James Ivory hatten kürzlich in einem offenen Brief einen „Stop für den Verkehr großer Schiffe in der Lagune“ gefordert. Das Schreiben war an Italiens Regierung adressiert.
Dass es in Venedig aber jetzt schon mit den Kreuzfahrten wieder losgeht, überraschte auch den Kreuzfahrtverband Clia. Nach den Millionenverlusten in der Industrie sei das ein positives Zeichen, sagte der Italien-Chef des Verbands, Francesco Galietti, der dpa. Im Streit um die Fahrt durch die Lagune und die Suche nach einer neuen Anlegestelle, verlange die Clia eine stabile Lösung.
Spannungen auch im Nahverkehr
Die Reisebranche sorgte aber nicht nur wegen der Kreuzfahrtschiffe in Venedig für Ärger. Am Samstag wurde in der Stadt zwei Mal innerhalb einer Stunde das Personal an Bord der Vaporetti, der Wasserbussen, angegriffen. Wegen der Touristen ist derzeit der der öffentliche Wassertransport unter Druck. Viele Venezianer, die den Arbeitsplatz erreichen mussten, konnten nicht an Bord der Schiffe gehen.
Zurzeit dürfen lediglich 50 Prozent der Plätze an Bord der Vaporetti besetzt werden. Wegen der starken Touristenpräsenz kam es daher zu Spannungen. Eine Mitarbeiterin an Bord eines Wasserbusses wurde mit Fußtritten angegriffen. Ein weiterer Mitarbeiter wurde nach einem Angriff durch einen Passagier mit der Rettung ins Spital gebracht, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA.
Venedigs Nahverkehr steht im Mittelpunkt eines Streits, bei dem sich die Stadtverwaltung, die für die Wasserbusse zuständig ist, und die Gewerkschaften mit Fragen des Personalabbaus und der Sicherheit auseinandersetzen. Die Arbeitnehmer haben in letzter Zeit immer wieder ihr Unbehagen mit Streiks zum Ausdruck gebracht. „Ich fange an, Angst vor den Menschen zu haben, so kann man nicht arbeiten“, kommentierte ein Mitarbeiter der Nahverkehrsgesellschaft ACTV.