Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt mit seiner Frau
APA/AFP/Ronny Hartmann
Erfolg in Sachsen-Anhalt

CDU spürt Rückenwind für Bundestagswahl

Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt klar für sich entschieden – und spürt nun Rückenwind für die Bundestagswahl im Herbst. Die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff legte am Sonntag rund sieben Prozentpunkte zu. Führende Unionspolitiker deuteten das auch als Signal der Unterstützung für Kanzlerkandidat Armin Laschet.

Die CDU kommt laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 37,1 Prozent. Wie die Landeswahlleitung in der Nacht auf Montag in Magdeburg mitteilte, erreichte die AfD auf dem zweiten Platz 20,8 Prozent. Es folgt die Linke mit 11,0 Prozent, die SPD mit 8,4 Prozent und die Grünen mit 5,9 Prozent, während die FDP mit 6,4 Prozent nach zehn Jahren wieder in den Landtag einzog. Die schwarz-rot-grüne „Kenia-Koalition“ unter Führung von Haseloff könnte damit weiterregieren. Auch andere Konstellationen sind möglich.

Im Vergleich zur Wahl im Jahr 2016 verbesserte die CDU ihr Ergebnis um gut sieben Prozentpunkte, die AfD verlor dreieinhalb Punkte. Die Linke büßte gut fünf Prozentpunkte ein, die SPD mehr als zwei. Die Grünen verbesserten sich leicht um 0,7 Prozentpunkte.

Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt mit seiner Frau vor CDU Plakaten
APA/AFP/Ronny Hartmann
Haseloff konnte laut Umfragen nach zehn Jahren im Amt überzeugen

Im neuen Landtag hat die CDU künftig 40 Sitze. Die AfD erhält 23 Mandate, die Linkspartei zwölf Sitze. Die SPD bekommt neun Mandate, die Grünen sechs und die FDP sieben. Die Wahlbeteiligung lag bei 60,3 Prozent und damit nur wenig unter dem Wert von 61,1 Prozent vor fünf Jahren. Wahlberechtigt waren rund 1,9 Millionen Menschen. Wegen der Pandemie gab es auch viele Briefwahlstimmen.

Haseloff: „Wir haben alle davon etwas“

Die Wahl war die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im Herbst. Sie galt nicht zuletzt für die CDU als Stimmungs- und Stresstest. Nach den Wahlniederlagen im Südwesten, der schwierigen Coronavirus-Lage und dem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur braucht die CDU Luft und auch Rückenwind. CDU-Kanzlerkandidat Laschet hatte sich zuletzt mehrfach auch mit Blick auf Sachsen-Anhalt geäußert und etwa die Aufrechterhaltung der „Brandmauer“ zur AfD betont.

In einer ersten Reaktion wertete Haseloff das Ergebnis vom Sonntag auch als Rückenwind für die Bundestagswahl. „Wir sind geschlossen aufgetreten – CDU und CSU. Wir haben alle davon etwas“, sagte Haseloff im ZDF. Gefragt nach seinem künftigen Partner oder künftigen Partnern wollte er sich weiter nicht festlegen. Man wolle sich auch von denkbaren Konstellationen im Bund nicht beeinflussen lassen. Er forderte die Union zur Geschlossenheit im Bundestagswahlkampf auf. Die Botschaft nach Berlin sei: „Nur gemeinsam können wir gewinnen.“

Laut ARD-Infratest erreichte Haseloff einen Zustimmungswert von 70 Prozent. Laut ZDF wollen 63 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt, dass der Amtsinhaber Ministerpräsident bleibt, 81 Prozent gaben an, Haseloff mache seine Arbeit „eher gut“.

CDU sieht Bestätigung für Laschet

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bezeichnete das Wahlergebnis seiner Partei als „sensationell“. Es gebe der Union Auftrieb für die Bundestagswahl. Mehrere CDU-Politiker reklamierten für den Kanzlerkandidaten Laschet einen Anteil am Erfolg in Sachsen-Anhalt. CSU-Chef Markus Söder sprach von einem „ganz persönlichen Erfolg für Reiner Haseloff“.

CDU Chef Armin Laschet
Reuters/Marcel Kusch
Die CDU sieht den Erfolg in Sachsen-Anhalt auch als Zeichen für den Herbst und ihren Kanzlerkandidaten Laschet

CDU-Politiker Friedrich Merz, der im Rennen um die Kanzlerkandidatur unterlegen war, wertete den Ausgang als „Bestätigung für Laschet“ und eine gute Ausgangslage für die Bundestagswahl. Die Position Laschets, an dessen Kandidatur es anfangs innerhalb der Union deutliche Kritik gegeben hatte, sah Merz gefestigt. Laschet selbst will sich erst am Montag äußern. CDU-Vize Volker Bouffier bezeichnete den Ausgang der Wahl als „Erfolg für die demokratische Mitte“. „Das ist ein Schub für die ganze Union“, sagte er in der ARD.

Haseloff nannte das Ergebnis zudem „ganz klar eine Abgrenzung nach rechts“. 2016 war die AfD zur zweitstärksten Partei gewählt worden und hatte insgesamt ihr zweitbestes Ergebnis eingefahren. Im Wahlkampf war sie in Umfragen zwischenzeitlich eng an die CDU gerückt. Haseloff hatte eine Zusammenarbeit mit der AfD schon vor der Landtagswahl ausgeschlossen.

Grüne und SPD enttäuscht, FDP und AfD zufrieden

Enttäuschung gab es bei der Linken, Koparteichefin Janine Wissler sah einen „Weckruf“ für den Herbst. Für SPD-Kochef Norbert Walter-Borjans geriet die SPD in den „Windschatten“ der Auseinandersetzung zwischen CDU und AfD. Die Parteien dazwischen hätten „extreme Probleme“ gehabt. Er räumte ein, dass die SPD mit dem Ergebnis „alles andere als glücklich“ sei.

SPD-Kochefin Saskia Esken sah auch einen Negativeffekt durch die Coronavirus-Pandemie. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, er sehe keine Auswirkungen der Landtagswahl auf die Bundestagswahl. Es gelte nun, die guten Werte von Olaf Scholz auf die SPD zu übertragen.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock machte die Bundespolitik für das Abschneiden ihrer Partei verantwortlich, etwa die Diskussion über die Erhöhung der Benzinpreise: „Solche Debatten helfen natürlich nie in einem Wahlkampf.“ Grünen-Chef Robert Habeck wertete das Ergebnis als stabil, es sei aber nicht auf die Wahl im Herbst übertragbar. Als Signal für die Bundespolitik wertete FDP-Vorsitzender Christian Lindner das Abschneiden seiner Partei. Es sei „ein wichtiges Signal über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt hinaus“.

Annalena Baerbock, von den Grünen
APA/AFP/Markus Schreiber
Für Baerbock sorgten die Debatten auf Bundesebene auch für ein schlechteres Abschneiden der Grünen

AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner äußerte sich trotz des deutlichen Rückstands seiner Partei auf die Union zufrieden. Er warf Medien und auch Kirchen „Hetze“ gegen seine Partei vor. Von einem „starken Ergebnis“ sprach auch der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla. Thüringens AfD-Landespartei- und -Fraktionschef Björn Höcke sagte, die Partei müsse „mehr Osten im Westen wagen“.

AfD profitierte 2016 von Flüchtlingskrise

Die AfD hatte 2016 in Sachsen-Anhalt unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise auf Anhieb 21 von 87 Sitzen im Landtag bekommen. Damals hatte sich aufgrund einer herben SPD-Wahlschlappe auch Deutschlands erste Koalition aus CDU, SPD und Grünen zusammengerauft. Sie besetzte 46 der 87 Sitze im Landtag, weitere 16 gingen damals an die Linke.

Die AfD versuchte zuletzt, sich mit Fundamentalopposition gegen die Coronavirus-Politik zu positionieren. Ohnehin gab es abseits der Pandemie in dem Wahlkampf nur wenige Themen – am ehesten sorgten wirtschaftliche Themen und hierbei die Frage der Ost-West-Kluft für Resonanz. Für Aufmerksamkeit sorgte unter anderem eine Kampagne der Linken, die die Benachteiligung Ostdeutscher auf dem Arbeitsmarkt anprangerte.

Koalition mit Krisenerfahrung

Die Regierungsparteien warben im Wahlkampf vor allem mit den Erfolgen ihrer Arbeit. Allerdings gab es in der Zeit der „Kenia-Koalition“ bei Weitem nicht nur Schönwetter. Sie geriet wiederholt in Krisen bis an den Rand eines Koalitionsbruchs. Streitthemen waren dabei unter anderem die Umweltpolitik und die Annäherung von Teilen der CDU an die AfD, die auch den damaligen Innenminister Holger Stahlknecht das Amt kostete. Er hätte Haseloff eigentlich beerben sollen.

Erst Ende des vergangenen Jahres kam es in der Koalition zu heftigem Streit, weil sich die CDU vehement gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags stemmte und Teile der Partei auch ein gemeinsames Veto mit der AfD in Kauf nahmen. Der Bruch wurde gerade noch abgewendet.