Eine Frau überzieht ein Hotelbett
APA/Roland Schlager
Künftig zwei Modelle

Einigung bei Kurzarbeit

Regierung und Sozialpartner haben sich auf eine Nachfolgeregelung für die Ende Juni auslaufende Kurzarbeitsregelung geeinigt. Für einzelne, besonders betroffene Branchen wird die großzügige CoV-Kurzarbeit bis Jahresende verlängert, in allen anderen Branchen gibt es ein Übergangsmodell – mit Selbstbehalt und hoher Mindestarbeitszeit. Lob dafür gab es von der SPÖ, Kritik von FPÖ und NEOS.

Der Druck auf eine Einigung war groß, nachdem sich die bereits für letzte Woche erwartete Einigung verzögert hatte. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher und die Spitzen der Sozialpartner präsentierten Montagvormittag die Einigung. Die bisherigen, sehr großzügigen Bestimmungen werden etwa für Nachtgastronomie, Stadthotellerie und Messeveranstalter verlängert. Daneben kommt eine adaptierte Variante für alle anderen Betriebe, die auch, aber nicht mehr so stark von der Pandemie und ihren Folgen betroffen sind.

Für die besonders betroffenen Branchen, die mindestens 50 Prozent Umsatzausfall haben, gelten im Wesentlichen dieselben Bedingungen wie bisher, das heißt: Die Arbeitszeit kann bis auf null Prozent sinken, und der Lohnausgleich liegt bei 80 bis 90 Prozent des früheren Nettolohns. Gemessen wird der Umsatzrückgang im dritten Quartal 2020 im Vergleich zum dritten Quartal 2019. Damit gebe es für alle Planungssicherheit, die Kurzarbeit könne gleich beantragt werden, und niemand könne seinen Umsatz im Herbst 2021 so hintrimmen, dass es rechnerisch einen Rückgang von knapp über 50 Prozent gibt, begründete Kocher die Bemessung am dritten Quartal 2020.

Abschlag von 15 Prozent

Für die anderen Branchen, die weniger betroffen sind, wird es ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe geben: Die Nettoersatzraten für die Arbeitnehmer bleiben gleich, es wird aber eine 50-prozentige Mindestarbeitszeit gefordert und ein verpflichtender Urlaubsabbau von einer Woche je angefangene zwei Monate Kurzarbeit. Weiters gibt es einen Abschlag von 15 Prozent von der bisherigen Beihilfenhöhe. Dieses Modell stehe bis Sommer 2022 zur Verfügung. Zwischen zwei Kurzarbeitsphasen wird es mit Zustimmung der Sozialpartner die Möglichkeit zum Personalabbau geben.

Einige „technische“ Fragen müssen noch zwischen den Sozialpartnern ausgehandelt werden, dazu gehört die geförderte Weiterbildung in der Kurzarbeit. Die mit 60 Prozent geförderte Weiterbildung werde es weiter geben, sagte Kocher, gesprochen werde über zusätzliche Maßnahmen. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian wies darauf hin, dass die Weiterbildung insbesondere auch mit Blick auf die zu erwartenden Umwälzungen wegen der Klimaveränderung und der Digitalisierung wichtig sei. Die Gewerkschaft setze sich sehr für die geförderte Weiterbildung ein, diese solle sich aber „auch für die Unternehmen rechnen“.

Pressekonferenz der Bundesregierung nach Gesprächen mit den Sozialpartnern zur Fortsetzung der Kurzarbeit
APA
Sozialpartner und Regierung präsentierten die Einigung gemeinsam

330.000 derzeit in Kurzarbeit

Derzeit sind rund 330.000 Personen zur Kurzarbeit angemeldet. Kocher rechnet damit, dass die Zahl der Kurzarbeitenden bis Ende des Sommers auf 100.000 bis 120.000 fallen wird. Etwa die Hälfte davon werde wohl bis Jahresende in der CoV-Kurzarbeit bleiben, schätzte Kocher.

Bisher hat das Arbeitsmarktservice (AMS) rund elf Mrd. Euro an CoV-Kurzarbeitshilfen zugesagt und davon über 7,9 Mrd. Euro ausbezahlt. Blümel geht davon aus, dass die bereitgestellten Mittel reichen werden. Sollte sich die Lage aber ändern, werde man sich in „bewährter Manier“ mit den Sozialpartnern zusammensetzen und eine Lösung finden.

Blümel lobt Sozialpartner

Blümel lobte ausdrücklich die Sozialpartnerschaft und betonte, sie habe dabei geholfen, möglichst gut durch die Krise zu kommen und rascher als andere Länder reagieren zu können. Die Neuregelung wäre die fünfte Phase der CoV-Kurzarbeit und soll ab Juli gelten.

Wie es danach weitergeht mit Kurzarbeit, werde anhand einer Evaluierung in einem Jahr entschieden, kündigten Blümel, Kocher und die Sozialpartnerspitzen an. Jedenfalls solle sich die fünfte Phase bei den Abläufen an den bisherigen CoV-Regeln orientieren, um die Bürokratie gering zu halten, versicherten Sozialpartner und Regierungsmitglieder.

ÖGB: Nettoersatzrate bleibt unverändert

Große Zufriedenheit gab es nicht nur bei den Ministern, sondern auch bei den Sozialpartnern. AK-Chefin Renate Anderl sagte, die Lösung sei „gelungen, gut und für beide Seiten sehr wichtig“. Die Krise sei noch nicht vorbei, niemand wisse, was nach dem Sommer noch passiert. Katzian zeigte sich erfreut, dass der „Angriff“ auf die Kurzarbeit habe abgewehrt werden können. Und er unterstrich, dass die Nettoersatzrate für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei 80 bis 90 Prozent bleibe.

Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer bedankte sich ebenfalls bei der Regierung und lobte die Einigung. Damit gebe es Planungs- und Rechtssicherheit für die Unternehmen bis Jahresende. Die Fortführung der CoV-Kurzarbeit sei vor allem für Kongress- und Messeveranstalter, Stadthotellerie und Nachtgastronomie wichtig. Diese wollten ja ihre guten Mitarbeiter, das werde dadurch ermöglicht, so Mahrer. Die Industriellenvereinigung begrüßte, dass die Regelung „klare Rahmenbedingungen“ schaffe, der Handelsverband, dass damit der Standort gestärkt werde.

Bleibt Übergangsmodell langfristig?

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) betonte, die Regelung sei ein wichtiges Signal und bringe Sicherheit für die Branche. Der grüne Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza sagte, das Übergangsmodell sei „durchaus zukunftsweisend“. Es könne sich möglicherweise als neuer „Kurzarbeitsstandard“ erweisen.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch begrüßte die Einigung. Er betonte freilich, dies sei nur dort der Fall, wo Sozialpartner und Opposition eingebunden seien. Als negatives Beispiel nannte er etwa die Lage der Langzeitarbeitslosen.

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch kritisierte die Regelung dagegen als unsozial. Mit dem Auslaufen der Steuerstundungen werde die Arbeitslosigkeit wieder „voll ansteigen“ und „noch mehr Menschen in die Armutsfalle getrieben“.

Kritik übte auch NEOS-Sozialsprecher GHerald Loacker. Es ergebe keinen Sinn, jetzt ein Kurzarbeitsmodell mit null Prozent Arbeitszeit zu verlängern. Viele Branchen würden wieder voll laufen, und es werde ein „massiver Arbeitskräftemangel bemerkbar“. Loacker forderte daher, 50.000 neue Jobs in Bereichen, in denen Arbeitskräfte dringend gesucht werden, zu fördern und verstärkt auf Umschulungen und Ausbildung zu setzen.