Der designierte FPÖ-Chef Herbert Kickl
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Neuer FPÖ-Chef

Kickl skizziert politisches Programm

Herbert Kickl ist vom FPÖ-Präsidium am Montag zum designierten FPÖ-Chef und Nachfolger des zurückgetretenen Norbert Hofer ernannt worden. Kickl selbst skizzierte bei der Pressekonferenz die künftige Linie der FPÖ: „Ich bin guter Dinge und voller Tatendrang.“ Für seine Obmannschaft kündigte Kickl bereits an, die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu suchen.

Insbesondere nannte er dabei die „türkise Volkspartei“. „Ich halte die türkise ÖVP für das größte politische Blendwerk der Zweiten Republik“, so Kickl am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Interimsobmann Harald Stefan und FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. „Eine politische Showeinrichtung, die die Menschen jetzt aus meiner Sicht zu lange getäuscht und zu lange hinters Licht geführt hat.“ Er werde sich auch mit jenen auseinandersetzen, „die der türkisen ÖVP die Mauer machen“, kündigte er an.

Gleichzeitig betonte er, dass es ihm wichtig sei, Verbindungslinien zu anderen Parteien „aufzubauen, zu erhalten, zu pflegen“. Diese gebe es in allen politischen Lagern, die im Parlament vertreten sind, sagte Kickl, der insbesondere Ex-FPÖ-Chef Jörg Haider als seinen „Lehrmeister“ bezeichnete. Als seine „große Aufgabe“ als künftiger Obmann bezeichnete es Kickl, die FPÖ „so aufzustellen, dass sie für alle Eventualitäten gerüstet ist“. Und er versprach, seiner Linie treu zu bleiben: „Ich werde dieses Projekt aufnehmen, ohne mich zu verbiegen.“ Er glaube, die FPÖ werde „schon bei den Wahlen in Oberösterreich (im September, Anm.) die ersten Früchte ernten können“.

Pelinka: Geschicktes Spiel von Kickl

Politikwissenschaftler Anton Pelinka erinnerte in der ZIB2 am Montag daran, dass die FPÖ in der Opposition stets zulegen konnte, die Regierungsrolle ihr aber in Wahlen geschadet habe. Die derzeit prognostizierten 20 Prozent in Umfragen sehe er nicht als „Plafond“, die Frage sei, was nach dem „Einthemenpaket“ Coronavirus als Mittel der Stimmenmaximierung übrig bliebe.

Anton Pelinka zu Herbert Kickls Aufstieg

Politikwissenschaftler Anton Pelinka analysiert die umstrittene Rolle von Herbert Kickl und seine Herausforderungen als neuer Parteichef.

Pelinka: „Es wird vermutlich ein altes sein, nämlich die Zuwanderung, und das ist nicht unbedingt etwas, was neu mobilisieren wird können.“ Kickls „Spiel“ sei jedenfalls angesichts der bevorstehenden Wahl in Oberösterreich und seines wohl größten innerparteilichen Gegners, Landesparteichefs Manfred Haimbuchner, ein „sehr geschicktes“ gewesen.

Der designierte FPÖ-Obmann Herbert Kickl und Interims-Obmann Harald Stefan
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Der designierte Obmann Herbert Kickl und Interimsobmann Harald Stefan

Einstimmig mit Abwesenheiten

Das FPÖ-Präsidium hatte am Montag Kickl zum designierten Parteichef gewählt. Von den Anwesenden sei Kickl einstimmig gewählt worden. Haimbuchner und der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi verließen die Sitzung allerdings frühzeitig. Weder Haimbuchner noch Bitschi waren bei der Abstimmung dann dabei. Stefan, der derzeit als ältester stellvertretender Obmann formal die Agenden des Parteichefs führt, begründete das Fehlen der beiden mit terminlichen Gründen. „Sie haben aber bereits vorweg gesagt, dass sie die Entscheidung des Präsidiums mittragen werden“, sagte er.

FPÖ-OÖ-Chef Manfred Haimbuchner verlässt die Bundesparteizentrale in Wien
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Manfred Haimbuchner und Christof Bitschi verließen die FPÖ-Präsidiumssitzung vorzeitig

Offiziell wird Kickl in den Parteivorsitz am FPÖ-Parteitag von den Delegierten gewählt. Der Parteitag soll laut Stefan am 19. Juni stattfinden, die Details wie Ort und genau Zeit würden noch bekanntgegeben. Kickl dankte Stefan und allen Präsidiumsmitgliedern: „Es ist weißer Rauch aufgestiegen“. Es sei keine Pressekonferenz wie jede andere, so Kickl. Er sei gerührt. Kickl dankte Stefan für die Vorbereitung der Sitzung und für dessen Umsicht. Gleichzeitig betonte er, dass es das Ergebnis des Parteitages abzuwarten gelte: „Das letzte Wort hat der Souverän der Partei, das sind die Delegierten zum Parteitag.“ Auf ein Wunschergebnis wollte er sich nicht festlegen. Erst wenn die Delegierten ihre Zustimmung gegeben haben, werde er dann entsprechend an die Arbeit gehen.

Wie sich Kickl politisch ausrichtet

Der designierte FPÖ-Chef Herbert Kickl gibt einen Ausblick auf seine künftige politische Arbeit.

Länder zufrieden

FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz streute Kickl Rosen. Kickl werde so viel freiheitliche Erfahrung in den Posten mitbringen wie kaum jemand anderer. Er habe mit Haider einen Lehrmeister gehabt, wie ihn sich viele nur wünschen könnten, erwähnte auch Schnedlitz Haider. Kickl habe als Redenschreiber und Mann im Hintergrund begonnen. Auch nach der Spaltung in FPÖ und BZÖ habe er der FPÖ die Treue gehalten. Schnedlitz lobte auch Kickls Arbeit als Innenminister und Klubobmann. „Er steht wie kein anderer für Klarheit und Einsatz“, so der Generalsekretär.

In den FPÖ-Landesgruppen wurde die Entscheidung positiv aufgenommen. Das Bundesparteipräsidium habe „die richtige Entscheidung getroffen und den richtigen Mann für die Spitze der Freiheitlichen Partei designiert“, sagte der niederösterreichische Landesobmann Udo Landbauer – mehr dazu in noe.ORF.at. Lob kam auch von Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger: Kickl habe es sich „verdient, denn er hat in schwersten Stunden die Partei immer federführend unterstützt und garantiert, dass die FPÖ nicht in der bundespolitischen Versenkung, nach der Abtrennung des BZÖ, gefallen ist“.

AfD gratuliert

Laut dem Vorarlberger Landesparteiobmann Bitschi bleibt die FPÖ Vorarlberg auch unter einem Bundesobmann Herbert Kickl „ihrer Linie treu“ – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Auch in der Steiermark und im Burgenland ist man zufrieden. Er sehe damit die Weichen für eine weiterhin positive Zukunft und eine gute Entwicklung der Freiheitlichen Partei Österreichs gestellt, so der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Er sei „sehr zufrieden“, so auch der burgenländische FPÖ-Chef Alexander Petschnig – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Gratulationen für Kickl kamen auch aus Deutschland: Die AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im September, Tino Chrupalla und Alice Weidel, sahen „große inhaltliche Schnittmengen“.

Kickl wird FPÖ-Parteichef

Der künftige FPÖ-Parteichef heißt Herbert Kickl. Er werde sich nicht verbiegen, so Kickl. Der designierte Obmann spricht von einem Aufbruchsprojekt.

Kickl: „Nicht das Haar in der Suppe suchen“

Seinem Vorgänger Hofer sprach Kickl auf der Pressekonferenz erst auf Nachfrage seinen Dank aus. „Ich habe Norbert Hofer schon vor einigen Tagen gedankt“ – und er habe das auch in einem persönlichen Gespräch getan und auch heute noch einmal im Präsidium, sagte er. „Aber ich hole es gerne noch nach und bedanke mich ausdrücklich für die geleistete Arbeit“, so Kickl, der in diesem Zusammenhang in Richtung der Journalisten bat, „nicht das Haar in der Suppe“ zu suchen. Sein persönliches Verhältnis zu Hofer sei „ein ungetrübtes“. „Professionalität und ein fairer Umgang miteinander war das, was unser beider Verhältnis ausgezeichnet hat“, so Hofers designierter Nachfolger.

Für seinen innerparteilichen Kritiker der letzten Tage, Haimbuchner, fand Kickl lobende Worte. „Ich kenne Manfred Haimbuchner ja schon sehr lange“, er habe mit diesem „viele Gemeinsamkeiten“. Eine davon sei, „dass wir eine direkte Art der Kommunikation pflegen. Ich schätze ihn sehr als eigenständige Persönlichkeit, als einen, der einen eigenen Kopf hat“, dAs sei eine wichtige Eigenschaft. Gelernt habe er, dass das Einende „immer das viel Größere“ sei. „Man darf in Gremien Kritik üben, man soll in Gremien vielleicht auch Kritik üben.“ Diese seien aber so angelegt, dass das Gesprochene auch in diesen bleibt. Es habe heute eine „große Einstimmigkeit und ein großes Einvernehmen“ auch mit jenen gegeben, „die die Sitzung aus terminlichen Gründen verlassen haben müssen“.

Grafik zu FPÖ-Obleuten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Hofer zeigt sich versöhnlich

Kickls Vorgänger Hofer war ebenfalls zur Sitzung gekommen. „Das Gremium wird beraten, es wird eine kluge Entscheidung treffen“, hatte er bei seinem Eintreffen in der Bundesgeschäftsstelle gesagt. „Ich werde mich aber nicht einmischen“, denn es sei immer schlecht, wenn der alte Firmenchef Derartiges tue. Nach seinem Verhältnis zu Kickl befragt – der Hofer in den vergangenen Wochen teils hart kritisiert und dessen Aussagen Hofer selbst als einen Grund für seinen Rückzug genannt hatte – zeigte sich Hofer versöhnlich: „Ich bin keiner, der irgendwem besonders lange böse sein kann.“ Er sei froh, dass er nach den Strapazen der letzten Jahre jetzt ein bisschen mehr Zeit für die Familie habe, so Hofer.

Er verließ dann die Sitzung kurz vor Mittag vorzeitig, ohne sich den wartenden Journalisten zu stellen. Wie die „Kronen Zeitung“ berichtete, wurde er um 11.30 Uhr am Hintereingang der Bundesgeschäftsstelle von seinem Chauffeur abgeholt. „Es läuft gut“, sagte er lediglich, die Sitzung verlasse er wegen eines Termins.

ÖVP, SPÖ und NEOS warnen

Kritik kommt von den politischen Mitbewerbern. ÖVP-Klubobmann August Wöginger bedauerte in einem Statement gegenüber der APA, dass sich mit Kickl „die radikalen Kräfte in der FPÖ“ durchgesetzt hätten. „Das ist schade für die Partei und für das Land“, denn „Herbert Kickl und seine radikalen Ansichten schaden.“ Kickls „radikale Ansichten“ hätten gerade in der CoV-Krise jede Vernunft vermissen lassen. Auch sei es Kickl, der die gesamte Opposition vor sich hertreibt – „nach seinem unsinnigen Motto: ‚Kurz muss weg‘“. „Das ist durchschaubar und nichts anderes als eine Retourkutsche, weil er nicht mehr Innenminister sein darf.“ Der „vernunftbegabte Flügel der FPÖ“ mit Hofer an der Spitze habe hingegen „leider abgedankt“.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sieht in einer ersten Reaktion die FPÖ auf dem Weg zur Radikalisierung. „Schon vor dem Rückzug von Norbert Hofer war klar, dass Kreidefressen aus einem Wolf noch lange kein Schaf macht. Mit einem Parteiobmann Kickl radikalisiert sich die FPÖ jetzt bis zur Kenntlichkeit und rückt noch weiter nach rechts“, so Deutsch. Die FPÖ unter einem Parteiobmann Kickl sei nun „ein Wolf ohne Schafspelz“. Die SPÖ sei im Gegensatz zur FPÖ „die verlässliche und stabile Kraft der Mitte“, so Deutsch.

Auch NEOS kann Kickl nicht viel abgewinnen. „Mit der Wahl von Herbert Kickl zum neuen designierten Bundesparteiobmann deutet die zukünftige Linie der FPÖ auf einen gefährlichen Krawallkurs hin“, so NEOS-Generalsekretär Nikola Donig. Er befürchte, dass nun auch die Volkspartei unter Sebastian Kurz noch weiter nach rechts rücken werde. „Schon längst bediene sich die ÖVP der sonst nur von der FPÖ gewohnten Feindbilder, heißt es weiter. Es stehe zu befürchten, dass Kurz und seine türkise ÖVP nun noch weiter in Richtung Spaltung gingen, „um die vielen Wählerinnen und Wähler, die zu Recht von seiner Corona-Politik enttäuscht sind, von der FPÖ zurückzuholen“.