Verfahren gegen Deutschland wegen EZB-Urteils

Im Streit über ein Verfassungsurteil zur Europäischen Zentralbank (EZB) hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein Verfahren wegen Verletzung von EU-Recht eingeleitet. Das teilte die Brüsseler Behörde heute mit.

Der Grund ist, dass sich das deutsche Bundesverfassungsgericht mit seinem EZB-Urteil vor einem Jahr über einen Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt hatte. Aus Sicht der EU-Kommission ist das ein gefährlicher Präzedenzfall, weil Urteile des obersten EU-Gerichts für alle Staaten verbindlich sind.

Die Behörde monierte einen Verstoß gegen fundamentale Prinzipien des EU-Rechts. Deutschland hat jetzt zunächst zwei Monate Zeit zu reagieren.

EZB-Anleihekäufe beanstandet

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte im Mai 2020 milliardenschwere Anleihekäufe der EZB beanstandet, obwohl der EuGH sie gebilligt hatte. Kritiker sahen sowohl den Vorrang von EU-Recht als auch die Unabhängigkeit der EZB infrage gestellt.

Die deutschen Verfassungsrichter argumentierten hingegen, die Notenbank habe mit dem 2015 gestarteten Programm ihr Mandat für die Geldpolitik überspannt.

Regierung und Bundestag sollten darauf hinwirken, dass Europas Währungshüter nachträglich prüfen, ob die Käufe verhältnismäßig sind. Das ist inzwischen geschehen, wie das Gericht in einem Beschluss Ende April feststellte. Für die EU-Kommission ist die Sache trotzdem nicht erledigt, weil der rechtliche Grundkonflikt nicht ausgeräumt worden sei.