Staatsanwälte weisen Einschüchterungsversuche zurück

„Einmal mehr“ haben sich die Standesvertreter gestern veranlasst gesehen, allfällige Einschüchterungsversuche gegenüber Staatsanwaltschaften wie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie gegenüber einzelnen Staatsanwälten „strikt zurückzuweisen“. Anlass waren neuerliche Angriffe der ÖVP im „Ibiza“-U-Ausschuss inklusive der Ankündigung, eine Anzeige gegen einen Oberstaatsanwalt zu prüfen. Präsidentin Cornelia Koller hielte es für sinnvoll, wenn U-Ausschüsse nicht parallel zu Ermittlungen laufen.

Staatsanwaltsvertreterin Koller zu Vorwürfen

Die Präsidentin der Staatsanwaltsvereinigung, Cornelia Koller, kommentiert die Kontroverse rund um Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft und laufend an die Medien gespielte und in der Folge veröffentlichte Privatnachrichten aus laufenden Verfahren.

Damit könnte man verhindern, dass Ermittlungen beeinträchtigt werden – und die Staatsanwälte würden dann nicht so sehr in den Mittelpunkt der Diskussionen gestellt, „weil sie dort nicht hingehören und auch nicht hinmöchten“, sagte Koller in der ZIB2.

„Abwägen“

Die Tatsache, dass die politische Aufarbeitung einer Causa durch einen U-Ausschuss damit zeitlich sehr verzögert werden könnte, sieht Koller auch. Aber „da muss man abwägen, welche Interessen vorgehen, das ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung“, meinte sie. Aus Sicht der Staatsanwälte wäre es jedenfalls zu begrüßen, „wenn laufende Ermittlungen nicht von U-Ausschüssen begleitet werden“.

Gemeinsam mit dem Chef der Justizgewerkschaft Martin Ulrich trat sie in einer Aussendung den auch zuletzt im U-Ausschuss wiederholten Vorwürfen der ÖVP entgegen: „Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben keine politische Agenda, sie machen ihren Job! Das politische Tagesgeschehen hat keinen Einfluss auf ihre Arbeit“, betonte Koller. Grundlage ihres Handelns sei ausschließlich das Gesetz, und das verpflichte sie zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn eine Anzeige einlangt, merkte Ulrich an.

Vorwürfe zur Anzeige bringen

Sachliche Kritik an staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen sei freilich zulässig. Sie sollte aber im dafür vorgesehenen rechtlichen Verfahren erfolgen. Wenn jemand Vorwürfe gegen Staatsanwälte haben, dann solle er das anzeigen, damit die Sache vor einem Gericht geklärt werden könne, ergänzte Koller in der ZIB2.

Das gelte auch für den Vorwurf befangener Amtsausübung und hinsichtlich angeblich bestehender „Leaks“ im staatsanwaltschaftlichen Bereich. „Wiederholt seitens der Politik medial geäußerte Vorwürfe tragen zu deren rechtlichen Klärung nichts bei, sondern schaden dem öffentlichen Ansehen von Justiz und Politik“, stellten die Standesvertreter fest.

Ermittlungen „mit viel Aufwand“ behindert

Seit der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ seien in der Justiz viele Dinge passiert, die er auch mit seiner langjährigen Erfahrung „nicht für möglich“ gehalten habe, sagte der leitende Staatsanwalt im „Ibiza“-Verfahren in der WKStA gestern im „Ibiza“-U-Ausschuss. Anstatt unterstützt zu werden, würden die Ermittlungen der WKStA „mit viel Aufwand“ behindert.

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