Ärzte ohne Grenzen: Lage auf Lesbos verschlimmert

Trotz sinkender Flüchtlingszahlen auf den griechischen Inseln in der Ostägäis hat sich die Situation, insbesondere auf Lesbos, nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen (MSF) nicht verbessert, sondern deutlich verschlechtert. Neun Monate nach dem Brand des riesigen Flüchtlingslagers Moria sei es „noch viel schlimmer“ als zuvor, sagte Marcus Bachmann, Berater für humanitäre Angelegenheiten, heute. Die EU sei „nicht willens“, auch nur die Mindeststandards einzuhalten.

Mit der geplanten Errichtung von insgesamt fünf neuen Zentren auf den Inseln Lesbos, Samos, Kos, Leros und Chios fürchtet Ärzte ohne Grenzen eine weitere Verschlechterung. Die „Mehrzweckzentren“, für die die griechische Regierung über 120 Millionen Euro Unterstützung von der EU-Kommission erhält, würden ein System etablieren, „in dem es noch mehr Lücken in der Versorgung geben wird“, so Bachmann.

Grauzonen und „enorme Unschärfen“

Es würden Grauzonen und „enorme Unschärfen“, etwa was die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit in den Zentren betrifft, erzeugt. „Diese Lager werden die perfekten Black Boxes sein“, so der MSF-Experte. Schon jetzt seien die Camps für die Zivilgesellschaft oder Journalisten unzugänglich, jegliche Kontrolle von außen fehle. Rund ein Viertel der Menschen habe einen gültigen Schutzstatus und würden somit „ungerechtfertigt“ festgehalten.

Die neuen Lager sollen geschlossen sein, Bachmann rechnete mit „hermetisch abgeriegelten“ Zentren, die er als „Menetekel“ für weitere Verschlechterungen auf Kosten der Geflüchteten bezeichnete. Ärzte ohne Grenzen appellierte auch an die österreichische Regierung, sich für den sofortigen Stopp der „menschenverachtenden Mehrzwecklager“ einzusetzen und hoffte auf ein „Umdenken in der Debatte über Flucht und Migration in der EU“. Die aktuelle Situation sei unerträglich, unrühmlich und unsäglich.

Julia Falkner, die als Hebamme auf Lesbos im Einsatz war, berichtete, die Umstände, unter denen vor allem Schwangere oder Mütter mit Neugeborenen leben müssten, seien „unvorstellbar“ und „bewusst herbeigeführt“. Die Lager seien zwar nicht ganz so stark überfüllt, doch noch immer müssten sich 70 Personen eine Dusche und eine mobile Toilette teilen.