Eine Altenpflegerin stützt eine ältere Frau
APA/Helmut Fohringer
Integration

Empfehlungen für höhere Beschäftigung

Die Coronavirus-Pandemie hat die Herausforderungen in Sachen Integration noch einmal verstärkt. Vor allem stieg die Arbeitslosigkeit bei Personen mit Migrationshintergrund stärker, so der von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) am Donnerstag vorgestellte Bericht. Die Expertin Katharina Pabel skizzierte mehrere Wege, um die Beschäftigung zu erhöhen. Von der Opposition kam Kritik. Einen Schlagabtausch gab es auch zur Staatsbürgerschaft.

Die Arbeitslosigkeit ist bei Personen mit Migrationshintergrund stärker gestiegen. Laut den von Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas präsentierten Zahlen stieg die Arbeitslosenrate bei Österreicherinnen und Österreichern von 2019 auf 2020 von 6,4 auf 8,4 Prozent, jene von Personen mit Migrationshintergrund von 10,8 auf 15,3 Prozent. Bei Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak sind aktuell 41,8 Prozent arbeitslos. In dieser Gruppe sind nur noch 35 Prozent beschäftigt. Das hänge auch mit der niedrigen Erwerbsquote von Frauen zusammen.

Als Vorsitzende des für Integration zuständigen Expertenrats plädierte Pabel daher dafür, sich gezielt an Frauen zu wenden. Dabei sollte schon im Schulbereich auf Zukunftschancen speziell im IT-Bereich hingewiesen werden. Auch der Gesundheitssektor ist für die Expertin ein Hoffnungsmarkt. Dabei müssten aber die Rahmenbedingungen gerade im Pflegebereich verbessert und Personen mit Migrationshintergrund nicht einfach als billige Arbeitskräfte wahrgenommen werden.

Österreich wächst durch Migration

Laut aktuellem Integrationsbericht wächst Österreich Bevölkerung wegen Menschen mit Migrationshintergrund, die im Land eine neue Heimat gefunden haben. Die Pandemie habe starke Auswirkungen auf die heimischen Migranten, so der Bericht, der von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert wurde.

Werben für Sommerschulen

An den Schulen fehlt noch Evidenz zu den Folgen der Pandemie. Für Pabel ist aber „Stillstand bis Rückschritt“ anzunehmen. Daher sollte sofort ein Aufholprozess starten. Integrationsministerin Raab wies deshalb auch auf die besondere Bedeutung der Sommerschulen hin. Dazu will man die begleitenden Elternkurse ausbauen. Da diese nun auch an Schulen stattfinden können, erwartet sich Raab eine „breite Beteiligung“. Zusätzliche Anstrengungen wären auch in den Kindergärten notwendig, so Pabel.

Der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund ist in den Bildungseinrichtungen mittlerweile beachtlich, speziell in Wien. Bundesweit haben in Kindergärten fast 30 Prozent nicht deutsche Umgangssprache, in der Bundeshauptstadt ist es der doppelte Wert. In Schulen sind es beinahe 27 bzw. in Wien fast 53 Prozent.

Integration über Vereine

Hoffnungen setzt Raab in Sachen Integration auf das Ehrenamt. Gemeinsam mit Integrationsfonds und Gemeindebund wird ein Fördersystem installiert. Für lokale Integrationsprojekte werden dabei Vereinen niederschwellig jeweils 2.500 Euro zur Verfügung gestellt.

Die Vorsitzende des Expertenbeirats Katharina Pabel
APA/Helmut Fohringer
Pabel plädiert dafür, die Pflege attraktiver zu machen

Bevölkerung wächst nur durch Zuwanderung

Dass Integration noch länger ein Thema bleiben wird, zeigen die Daten der Statistik Austria. Bis 2080 wird die Bevölkerung von rund neun auf etwa 9,9 Millionen wachsen – und das ausschließlich durch Zuwanderung, wie Thomas ausführte.

Jene, die schon da sind, fühlen sich aber offenbar zu einem großen Teil wohl. 86 Prozent aus der Gruppe der Ex-Jugoslawen und Türken sehen sich hier sehr oder eher heimisch, bei Syrern, Afghanen und Irakern sind es sogar 90 Prozent. Bei letzterer Gruppe ist das durchaus wichtig, ist sie doch in den vergangenen Jahren besonders stark gewachsen: von 2010 bis 2015 um 47 Prozent und dann bis 2020 um 172 Prozent. Auf der anderen Seite gab es seit 2015 einen leichten Rückgang bei Personen mit Wurzeln in der Türkei.

NEOS: Nicht Probleme aufzeigen, sondern Lösungen

Kritik kam von der Opposition: SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz warf Raab vor, „türkise Kleingärten mit Slogans und Provokation“ zu bearbeiten. Die „Kluft“ zwischen den Empfehlungen des Expertenrates und der ÖVP-Politik werde immer größer. Würde Raab auf den Expertenrat hören, müsste diese „in der ÖVP für unsere Anträge zur Arbeitsmarktförderung für Frauen und für die Pflegeoffensive kämpfen“, so Yilmaz.

Raab solle nicht immer nur Probleme aufzeigen, sondern „stattdessen lieber an Lösungen“ arbeiten, betonte wiederum NEOS-Integrationssprecher Yannick Shetty. Er forderte eine breite frühkindliche Sprachförderung und den Ausbau von Weiterbildungsmaßnahmen für junge Migrantinnen und Migranten.

Kritik der anderen Art kam von
FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Er betonte in Richtung Raab, dass „ein paar Sprach- und Wertekurse dieses Problem nicht lösen werden“.

Debatte über Staatsbürgerschaft

Parallel zum Integrationsbericht entspann sich am Donnerstag auch ein Schlagabtausch über den jüngsten SPÖ-Vorschlag für einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Dieser stößt bei der ÖVP auf entschiedene Ablehnung. Nachdem diesem bereits Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der „Kronen Zeitung“ eine Absage erteilt hatte, wiederholte Raab diese Position.

Damit würde mehr als eine halbe Million Menschen auf einen Schlag einbürgerungsberechtigt. Das sei ein „völlig verfehlter Vorschlag“. Die Einbürgerung sei „Endpunkt gelungener Integration und kein Willkommensgeschenk“.

Rendi-Wagner verteidigt Vorstoß

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte wiederum bei einem Pressegespräch, beim Vorstoß ihrer Partei „geht es um eine zeitgemäße und aus Expertensicht notwendige Weiterentwicklung des Staatsbürgerschaftsrechts und um eine Anpassung an westeuropäische Standards“.

Der SPÖ gehe es um „Kinder, die hier zur Schule gehen, die Sprache sprechen und sich als Österreicher fühlen“, wenn ein Elternteil sich zumindest fünf Jahre legal im Land aufgehalten habe. „Es ist nicht die automatische Einbürgerung bei der Geburt“, betonte Rendi-Wagner.

Neben dieser Besserstellung für Kinder enthält der SPÖ-Vorschlag auch einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung nach sechs Jahren rechtmäßigem Aufenthalt, sofern auch alle anderen Voraussetzungen wie die Absolvierung eines Staatsbürgerschaftslehrgangs erfüllt sind.