Biden sprach nach dem Treffen von „einem sehr produktiven Treffen“ mit Johnson. Großbritannien und die USA vereinbarten in ihrer Charta, „gemeinsam an der Verwirklichung unserer Vision für eine friedlichere und wohlhabendere Zukunft zu arbeiten“.
Weiter heißt es in dem Dokument: „Wir verpflichten uns, mit allen Partnern eng zusammenzuarbeiten, die unsere demokratischen Werte teilen, und den Bemühungen derjenigen entgegenzuwirken, die unsere Bündnisse und Institutionen untergraben wollen.“
„Von entscheidender Bedeutung“
Viele Bestandteile basieren auf gemeinsamen Werten, etwa der Verteidigung der Demokratie und des Aufbaus fairer und nachhaltiger globaler Handelssysteme. Zusätzlich berücksichtigt die Charta auch neue Gefahren wie Cyberkriminalität, Klimawandel und Pandemien.
Biden trifft Boris Johnson
Aus den USA ist Joe Biden zum G-7-Gipfel in Großbritannien eingetroffen. Der erste Höhepunkt seiner ersten Auslandsreise war das Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson.
Johnson sagte, die Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und den USA sei für den Wiederaufbau nach der Coronavirus-Krise und „für die Zukunft der Stabilität und des Wohlstands der Welt von entscheidender Bedeutung“. Er sagte weiter: „Vor 80 Jahren standen der US-Präsident und der britische Premierminister Seite an Seite für das Versprechen einer besseren Zukunft. Heute tun wir dasselbe.“ Biden unterstrich die „besondere Beziehung“ zwischen Briten und Amerikanern.
Brexit laut Johnson kein Thema
In Hinblick auf Nordirland sagte Johnson, die USA, Großbritannien und die EU hätten alle dasselbe Ziel – und zwar, den Friedensprozess dort zu unterstützen. „Das ist eindeutig unsere gemeinsame Position, und ich bin optimistisch, dass wir das schaffen“, so Johnson. Gefragt, ob Biden seinen Ärger über die Situation rund um den Brexit-Streit und Sonderregeln für Nordirland deutlich gemacht habe, sagte Johnson: „Nein, hat er nicht.“ Britische Medien hatten zuvor berichtet, dass Biden Johnson dazu drängen wolle, sich hinter das Nordirland-Protokoll, einen Teil des Brexit-Vertrags, zu stellen.

Das Protokoll sieht vor, dass Nordirland weiterhin Regeln des EU-Binnenmarkts folgt. Damit soll eine Warengrenze zum EU-Mitglied Irland verhindert werden, um nicht neue Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zu provozieren. Notwendig werden damit aber Kontrollen zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens, die für Schwierigkeiten im Handel sorgen. Beide Seiten machen sich gegenseitig Vorwürfe. London hatte teilweise Kontrollen eigenhändig ausgesetzt, Brüssel daraufhin Vertragsbrüche beklagt.
Biden, der irische Wurzeln hat, hatte Johnsons Brexit-Kurs samt heikler Nordirland-Frage im Vorfeld gerüffelt. Sein Vorgänger Donald Trump – der sich einst als „Mr. Brexit“ bezeichnete – hatte den Briten nach dem Austritt aus der EU ein „phänomenales Freihandelsabkommen“ in Aussicht gestellt. Johnson hatte immer wieder Sympathien für Trump erkennen lassen, der seinerseits den Premier als „britischen Trump“ bezeichnet hatte. Bidens Außenminister Antony Blinken sagte vor wenigen Tagen, die neue US-Regierung werde die bisherigen Diskussionen zu dem Thema begutachten.

Große Zweifel an gutem persönlichen Verhältnis
Johnson beschrieb in einem Interview mit der BBC, das am Freitag veröffentlicht wurde, die Beziehung zu den USA als „unzerstörbar“. Den Begriff „besondere Beziehung“ („special relationship“) wolle er hingegen vermeiden, bestätigte Johnson. Man habe eine hervorragende Unterhaltung gehabt, so Johnson weiter.
Ob der Premier mit seinen Aussagen die Spekulationen über ein mit Spannung geladenes Verhältnis zu Biden endgültig aus dem Weg geräumt hat, darf bezweifelt werden. Eine gemeinsame Pressekonferenz gaben Johnson und Biden nach ihrem Treffen jedenfalls nicht. Darauf hatten selbst deren Vorgänger, die frühere Premierministerin Theresa May und der damalige US-Präsident Donald Trump, trotz erheblicher Verstimmungen nicht verzichtet.
Einigkeit bei Partnerwahl
Beim Auftakt ihres Treffens wurden der Premierminister und der US-Präsident von ihren Ehefrauen Carrie Johnson und Jill Biden begleitet. „Ich habe dem Premierminister gesagt, dass wir etwas gemeinsam haben: Wir haben beide weit über unserem Stand geheiratet“, sagte Biden, und Johnson antwortete: „Ich werde dem Präsidenten nicht widersprechen, weder in diesem Punkt noch in irgendeinem anderen, denke ich.“ Jill Biden trug einen schwarzen Blazer mit der Aufschrift „Love“ („Liebe“) auf dem Rücken. Sie wählte die Jacke nach eigenen Angaben ganz bewusst und begründete dies mit den Worten: „Wir bringen Liebe aus Amerika mit.“
G-7-Gipfel zu Pandemie und Klimaschutz
Die beiden Spitzenpolitiker nehmen vom Freitag bis Sonntag am G-7-Gipfel in Carbis Bay teil. Zu der Gruppe sieben wirtschaftsstarker Demokratien gehören außerdem Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada. Das dreitägige Treffen ist die erste persönliche Tagung der Staats- und Regierungschefs in diesem Format seit zwei Jahren – im vergangenen Jahr schalteten sie sich wegen der Coronavirus-Krise nur per Video zusammen.
Zum Auftakt wollen die Teilnehmer vor allem über die Coronavirus-Pandemie sprechen, dabei stehen Fragen wie Spenden von Impfdosen und finanzielle Hilfen für die Impfstoffproduktion im Fokus. Am Abend geht es bei einem Empfang mit Königin Elizabeth II. und Thronfolger Prinz Charles vornehmlich um den Umweltschutz und den Kampf gegen den Klimawandel.
Treffen mit Putin
Am Montag nimmt Biden am NATO-Gipfel in Brüssel teil, wo am Tag darauf ein Spitzentreffen mit EU-Vertretern auf dem Programm steht. Am Mittwoch kommender Woche ist dann ein mit Spannung erwartetes Gipfeltreffen Bidens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf angesetzt, bevor der US-Präsident nach Washington zurückkehrt.
„Wir suchen nicht den Konflikt mit Russland. Wir wollen eine stabile, vorhersehbare Beziehung“, sagte Biden mit Blick auf sein Treffen mit Putin. Biden warnte zugleich, dass die USA reagieren würden, wenn die russische Regierung „schädliche Handlungen“ wie die Verletzung der Souveränität anderer Länder begehe. Er treffe Putin, „um ihm mitzuteilen, was ich ihm mitteilen möchte“ – und das erst nach Treffen mit „unseren engsten demokratischen Partnern“.