Versorgungskrise im Libanon verschärft sich

Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise verschärft sich die Versorgungssituation im Libanon weiter. Wegen Benzinmangels bildeten sich auch heute vor Tankstellen in der Hauptstadt Beirut und anderenorts lange Schlangen. Teilweise kam es zu chaotischen Szenen, weil Straßen und Kreuzungen verstopft waren. Autofahrerinnen und -fahrer dürfen an der Tankstelle nur rund zehn Liter tanken.

Auch Krankenhäuser klagen über einen akuten Mangel an Medikamenten und anderen medizinischen Gütern. Der Vorsitzende der Beiruter Ärztevereinigung, Sharaf Abu Sharaf, sagte der dpa, dringend benötigte Vorräte gingen zur Neige. „Die Lage ist sehr schwierig“, sagte er. „Alle Krankenhäuser machen nur noch Notfalloperationen.“ Die Apotheken traten unterdessen in einen zweitägigen Streik, um gegen die Versorgungskrise zu protestieren.

Drohende Staatspleite

Dem Land am Mittelmeer gehen die Devisen für lebenswichtige Importe aus. Zudem droht eine Staatspleite. Die libanesische Lira hat zum Dollar rund 90 Prozent ihres Werts verloren. Die Inflation liegt bei mehr als 150 Prozent, für Lebensmittel sogar bei fast 400 Prozent.

Die CoV-Pandemie und die verheerende Explosion im Hafen von Beirut Anfang August haben die Lage weiter verschärft. Die Regierung ist nach ihrem Rücktritt vor rund zehn Monaten nur noch geschäftsführend im Amt und kaum handlungsfähig. Die führenden Parteien blockieren sich gegenseitig und verhindern die Bildung einer neuen Regierung. Kritikerinnen und Kritiker werfen der politischen Elite schwere Korruption vor.

Fachleute warnen, wegen des Kraftstoffmangels könnten auch die Stromversorgung im Libanon bald vollständig zusammenbrechen und das Internet ausfallen. Schon jetzt müssen die rund sechs Millionen Menschen im Land täglich mehrere Stunden ohne Strom auskommen.