Brand in Moria: Lange Haftstrafe und Kritik an Prozess

Neun Monate nach dem verheerenden Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria hat ein Gericht vier junge Geflüchtete zu jeweils zehn Jahren Haft verurteilt. Nach Angaben der Verteidigung wurden die Afghanen gestern für schuldig befunden, das Lager auf der Insel Lesbos vorsätzlich in Brand gesetzt zu haben. Aufgrund der Coronavirus-Hygienevorschriften waren zu dem Prozess auf der Insel Chios keine Journalisten zugelassen.

Die Anwälte der Beschuldigten prangerten an, dass ihre Klienten keinen fairen Prozess erhalten hätten. Drei der Angeklagten seien zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht als Minderjährige anerkannt worden, obwohl sie entsprechende Dokumente vorgelegt hätten. Die Anklage basierte zu großen Teilen auf der Aussage eines Asylwerbers, der ebenfalls in Moria lebte. Er beschuldigte insgesamt sechs Männer der Brandstiftung in dem Lager.

Bei der Anhörung, die gestern begonnen hatte, war dieser Kronzeuge nicht anwesend. Nach Angaben der Verteidigung war er auch bei einem früheren Prozess gegen die beiden anderen Beschuldigten nicht anwesend, da er nicht auffindbar sei. Weitere Zeugen vor Gericht waren Polizeibeamte und Feuerwehrleute, die im September 2020 zum Einsatzort gerufen worden waren, sowie Flüchtlingshelfer und -helferinnen der EU und von Hilfsorganisationen, die im Lager arbeiteten.

6.000 Menschen in provisorischem Lager

Im März, ein halbes Jahr nach der Brandkatastrophe in Moria, hatte die griechische Justiz bereits zwei junge Afghanen wegen Brandstiftung zu langen Haftstrafen verurteilt. Gegen die beiden Minderjährigen wurden jeweils fünf Jahre Haft verhängt.

Bei dem Feuer im Camp Moria wurde das größte Flüchtlingslager in der Ägäis fast völlig zerstört. Die etwa 13.000 Bewohnerinnen und Bewohnern wurden später in ein anderes Camp gebracht. Die Behörden haben mittlerweile ein provisorisches Lager auf Lesbos errichtet, in dem rund 6.000 Menschen untergebracht sind.