In Hongkong hat die prodemokratische Boulevardzeitung „Apple Daily“ nach einer Polizeirazzia gestern die Auflage ihrer gedruckten Exemplare für heute von 80.000 auf 500.000 Stück erhöht.
Das Blatt geht von einer starken Nachfrage durch seine Leserinnen und Leser aus. Eine ähnlich hohe Auflage wurde auch nach der Verhaftung des Herausgebers Jimmy Lai, eines prodemokratischen Aktivisten und überzeugten Peking-Kritikers, im vergangenen August gedruckt.
Fünf Führungskräfte festgenommen
Auf der Titelseite der Freitag-Ausgabe berichtet das Blatt über die Razzia und gibt an, dass die Polizei 44 Festplattenlaufwerke als Beweismittel beschlagnahmte. Rund 500 Beamte der Hongkonger Polizei hatten die Razzia wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue „Sicherheitsgesetz“ durchgeführt. Fünf Führungskräfte der Zeitung wurden festgenommen, darunter auch der Chefredakteur.
Polizisten durchsuchten zudem die Computer der Journalistinnen und Journalisten und inspizierten deren Telefone. Es war das erste Mal, dass die Polizei auf Basis des „Sicherheitsgesetzes“ gegen ein Medium vorging. Die Polizei beschlagnahmte umgerechnet knapp zwei Millionen Euro an Vermögenswerten von drei Unternehmen, die mit „Apple Daily“ in Verbindung stehen.
Das Gesetz gilt als gravierendster Einschnitt in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie, die ihr bei der Übergabe an China 1997 nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ für mindestens 50 Jahre zugesagt worden war. Westliche Staaten werfen China vor, Bürgerrechte in Hongkong auszuhöhlen und die Demokratiebewegung mundtot machen zu wollen.