Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Blümels Akten

Van der Bellen schaltet erneut VfGH ein

Im Streit um die Lieferung von Akten an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss durch Finanzminister Gernot Blümel hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen erneut den Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingeschaltet. Blümel hatte zwar geliefert, aber laut Opposition nicht vollständig. Es folgte eine Beschwerde beim Bundespräsidenten.

Die Oppositionsparteien hätten in einem Schreiben an Van der Bellen bemängelt, dass die Aktenvorlage durch den Finanzminister im parlamentarischen U-Ausschuss nach wie vor unvollständig sei bzw. Dokumente zu spät geliefert worden seien, hieß es dazu am Freitag.

Daher habe sich der Bundespräsident gemäß den „maßgeblichen Grundsätzen des Exekutionsrechtes“ nochmals an den VfGH, den Antragsteller im Exekutionsverfahren, gewandt und diesen um Mitteilung ersucht, ob er seinen Exekutionsantrag aufrecht hält, wie es in einer Stellungnahme gegenüber der APA hieß. Dafür habe der Bundespräsident im Hinblick auf die Dringlichkeit der Sache dem Höchstgericht eine Frist bis zum 25. Juni gesetzt.

Begründung mit „Gefahr in Verzug“

SPÖ, NEOS und FPÖ beklagen in dem der APA vorliegenden Brief nicht nur, dass die übermittelten Daten unvollständig seien, sondern auch, dass sie zum Teil mangelhaft, sprich nicht in elektronischer Form, übermittelt wurden. Dadurch seien wesentliche Metadaten verloren gegangen. Bei vielen der von der Opposition gewünschten Postfächer seien nur wenige E-Mails bzw. „eine Handvoll Daten“ übermittelt worden, was „völlig lebensfremd“ sei.

„Ibiza“-U-Ausschuss fehlen immer noch Akten

Die Oppositionsparteien bemängeln, dass im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss immer noch Akten von ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel fehlen. Sie haben sich jetzt erneut an Bundespräsident Alexander Van der Bellen gewandt.

Die Oppositionsparteien ersuchten nun den Bundespräsidenten, seinen „verfassungsmäßigen Pflichten“ zu entsprechen und die Exekution umgehend anzuordnen. Dabei regen sie an, auch auf die IT-Abteilung des Finanzministeriums bzw. auf das Bundesrechenzentrum zurückzugreifen. Weil eine Mitarbeiterin mit Ende Juni in Pension gehe, womit die Löschung der E-Mails und Dateien zu befürchten sei, bestehe außerdem „Gefahr in Verzug“.

Für ÖVP „bewusst inszenierte Skandalisierung“

Für den Fraktionsführer der Volkspartei im „Ibiza“-U-Ausschuss, Andreas Hanger, ist die neuerliche Einschaltung von Bundespräsident und Verfassungsgerichtshof „eine bewusst inszenierte Skandalisierung und ein vollkommen inakzeptabler Missbrauch des parlamentarischen Kontrollinstruments Untersuchungsausschuss“. Das Finanzministerium habe mehr als 4.500 elektronische Dokumente und mehr als 5.000 Seiten geliefert, und die betroffenen Personen hätten eine vollständige Lieferung bestätigt, sagte er am Freitagabend in einer Aussendung.

Finanzministerium weist „Pauschalvorwurf“ zurück

Das Finanzministerium meldete sich noch am Freitagabend per Aussendung zu Wort und hielt fest, dass nach „Beendigung des Rechtsweges am 6. Mai 2021 noch am selben Tag sämtliche Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss geliefert“ worden seien. Schließlich seien aufgrund neuer VfGH-Erkenntnisse noch Kontakt- und Kalenderdaten einer leitenden Beamtin nachgereicht worden. Und schließlich: „Das BMF weist den Pauschalvorwurf eines Fehlverhaltens gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück.“

Opposition wandte sich an VfGH

Weil der Finanzminister ursprünglich Aufforderungen, dem U-Ausschuss bestimmte E-Mails und Dateien vorzulegen, nicht nachgekommen war, hatten sich die Oppositionsfraktionen SPÖ, NEOS und FPÖ an den VfGH gewandt. Dieser gab ihrem Verlangen am 3. März statt.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)
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Finanzminister Blümel am Freitag beim EU-Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) in Luxemburg

Blümel wurde aufgefordert, unter anderem die E-Mail-Postfächer der Leiterin des Beteiligungsmanagements im Finanzministerium sowie die Korrespondenzen von Ministeriumsmitarbeitern mit dem ehemaligen Chef der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG), Thomas Schmid, seinerzeit Generalsekretär im Finanzministerium, und anderen Mitarbeitern von Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen.

Kein inhaltlicher Kommentar

Als Blümel dem nicht nachkam, beantragte die Opposition die Exekution dieser Entscheidung beim Höchstgericht. Mit Beschluss vom 5. Mai 2021 beauftragte der Gerichtshof dann schließlich Van der Bellen mit der Exekution, woraufhin Blümel Dokumente lieferte.

Die letzte Tranche folgte am Mittwoch, allerdings ist die Opposition der Ansicht, dass noch immer nicht alles vorliegt, und wandte sich daher am Freitag abermals an den Bundespräsidenten. Beim VfGH bestätigte eine Sprecherin am Freitag gegenüber der APA, dass ein entsprechendes Schreiben Van der Bellens eingegangen sei, inhaltlich gab es allerdings keinen Kommentar.