FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl
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Kickl gewählt

FPÖ versucht Neustart

Mit 88,24 Prozent ist Herbert Kickl zum Parteichef der FPÖ gewählt worden. Die de facto Duospitze gemeinsam mit Norbert Hofer ist Geschichte, nachdem dieser zuletzt sichtlich entnervt von wiederholten Seitenstichen Kickls das Handtuch geworfen hatte. Die FPÖ versucht damit zum zweiten Mal seit dem „Ibiza-Video“ und dem erzwungenen Wechsel von der Regierungs- auf die Oppositionsbank einen Neustart. Der dürfte mit Kickl jedenfalls rhetorisch pointierter und ideologisch radikaler ausfallen.

673 Stimmen wurden beim außerordentlichen Parteitag abgegeben, davon stimmten 585 für Kickl. Misst sich Kickl an seinem Vorvorgänger Heinz-Christian Strache, liegt er deutlich unter dessen Ergebnissen. Bei seiner letzten Wahl 2017 bekam der über das „Ibiza-Video“ gestolperte Langzeitparteichef 98,7 Prozent Zustimmung. Hofer kam 2019 auf fast ebenso viel, nämlich 98,3 Prozent.

Ein Kritiker Kickls hatte vor dessen Rede in einem Redebeitrag kein Hehl aus seiner Ablehnung gemacht: Karl Wurzer, stellvertretender Landesparteiobmann in Niederösterreich hatte angekündigt, gegen die neue Führung zu stimmen. Dafür gab es Buhrufe vieler Delegierte, weswegen Generalsekretär Michael Schnedlitz erst einmal beruhigen musste. Das freie Wort zeichne die FPÖ aus, appellierte er an das Plenum.

„Lehrmeister“ Jörg Haider

Dort schloss auch Kickl an. Diskussion und Kritik gehörten zur FPÖ und seien das Salz in der Suppe – was „allemal besser als zu süß“ sei. Die Freiheitlichen seien eine lebendige Partei. „Ich will ja kein Nachlassverwalter sein“, so Kickl. Zur offen geäußerten Kritik am Parteitag meinte er, dass das immer „aus einem großen Geist der Gemeinsamkeit heraus“ geschehe.

In welcher Tradition sich Kickl sieht, war beim Parteitag klar ersichtlich. „Gestern. Heute. Morgen. Die Freiheit, die wir meinen“ war das Motto des Parteitags – in Anlehnung an Jörg Haiders ähnlich lautendes Buch „Die Freiheit, die ich meine“. Dementsprechend bezeichnete Kickl den verstorbenen FPÖ- und später BZÖ-Obmann als seinen „Lehrmeister“.

Ein weiteres Mal teilte Kickl in seiner eineinhalbstündigen Rede gegen alle Parteien aus, vor allem gegen die „türkise Karrieristen-Bagage“. So bezeichnete er die ÖVP-Spitze als „türkises Wimmerl auf einem schwarzen Korpus“. Aber auch die SPÖ, deren „letzte Vernunftbegabte“ – gemeint ist Hans Peter Doskozil – sich in die pannonische Tiefebene verzogen hätten. Die Grünen wiederum seien von der Macht regelrecht „zugekifft“ und „zugedröhnt“.

Herbert Kickl während des außerordentlichen Bundesparteitages der FPÖ in Wiener Neustadt
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Kickl als Blasmusikdirigent zum Auftakt des außerordentlichen Parteitags

Hofer „anderes Kaliber in der Hofburg“

Offen sympathisierte Kickl mit einer Neuwahl und machte klar: „Wir spielen nicht auf Unentschieden. Wir gehen auf den Platz, um zu gewinnen.“ Zu seiner politischen Gesinnung stellte Kickl klar, dass vieles, „was heute als rechts verunglimpft“ werde, schlicht normal sei.

Hofer wiederum erwies Kickl „spezielle Worte der Ehrerbietung“, man sei sich einig, was die freiheitliche Aufstellung betrifft – und hin und wieder dürfe man sich auch in einzelnen Punkten uneinig sein. Zudem präsentierte Kickl Hofer als „anderes Kaliber in der Hofburg“, das es nun brauche, angesichts des Schweigens von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu vielen Themen. Er appellierte an seinen Vorgänger, in sich zu gehen und erneut anzutreten.

Bundesparteitag der FPÖ: V.l.n.r.: Manfred Haimbuchner, Norbert Hofer, Harald Stefan und  Herbert Kickl
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Manfred Haimbuchner, Norbert Hofer, Harald Stefan und Herbert Kickl (v.l.)

Kickls Vorgänger hatte sich in seiner Rede zuvor ein weiteres Mal versöhnlich gezeigt. Im Gegensatz zu früheren Obmannwechseln in der FPÖ übergebe er die Parteiführung nun in Freundschaft und Stärke, sagte Hofer in seiner Rede und in Richtung seines Nachfolgers Kickl: „Du hast meine Stimme, du hast meine Unterstützung!“ Er selbst, Hofer, habe das „Schiff“ FPÖ – nachdem dessen Kapitän Heinz-Christian Strache „von der Brücke gespült wurde“ – wieder in einen sicheren Hafen gebracht. Kickl werde dieses wieder hinausführen.

Haimbuchner: „Sage weiterhin meine Meinung“

Kickls größter interner Kritiker, Oberösterreichs Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner, bedankte sich bei Hofer für dessen ehrliche Freundschaft und machte auch gleich klar: „Ich werde auch weiterhin meine Meinung in den Gremien sagen. Denn wenn zwei immer einer Meinung sind, ist einer überflüssig.“ Dennoch wünschte er Kickl viel Kraft und meinte in Richtung des neuen Obmanns: „Lieber Herbert, den Zusammenhalt wirst du spüren. Du wirst auch die Kraft meiner Landesgruppe spüren.“

Die Ablösung Hofers durch Kickl war in der Partei zwar nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen, aber große öffentliche Kritik gab es daran nicht. Haimbuchner hatte sich im Ringen um die Spitze zwar hinter Hofer gestellt, hat im Wahljahr allerdings auch wenig Interesse an Schlagzeilen über parteiinternen Zwistigkeiten.

Schärferer Ton erwartet

Kickl erklärte sich unmittelbar nach der Anfang Juni erfolgten Rücktrittserklärung Hofers für die Übernahme der Partei bereit. Hofers Rücktritt kam durchaus überraschend – wenn auch mit Blick auf eine Auseinandersetzung mit Kickl rund um die inhaltliche Ausrichtung der Partei nicht gänzlich unerwartet. „Ich lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin“, zitierte die Tageszeitung „Österreich“ Hofer in diesem Zusammenhang.

Waren es anfänglich Diskussionen über die Haltung zu den Coronavirus-Impfungen, kam gegen Ende der Auseinandersetzung auch ein Streit über politische Allianzen hinzu. Kickl plädierte für eine Zusammenarbeit aller Parlamentsfraktionen, außer mit der ÖVP. Hofer, der am 1. Juni überraschend seinen Rücktritt bekanntgab, sah darin keinen Mehrwert.

Schärfer dürfte der freiheitliche Ton künftig nicht nur gegen die Regierung und den einstigen Koalitionspartner ÖVP werden, den Kickl für das „größte politische Blendwerk der Zweiten Republik“ hält, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Belangen. Der designierte Obmann hat seit jeher mit jenen Gruppen offen sympathisiert, die – in teils eskalierenden Demonstrationen – den Coronaviurs-Maßnahmen den Kampf angesagt haben und auch vor Verschwörungstheorien nicht zurückschrecken.

Kickl zum neuen FPÖ-Chef gewählt

Herbert Kickl ist am Samstag bei einem außerordentlichen Parteitag mit 88,24 Prozent zum 14. Bundesparteiobmann gewählt worden. Er folgt damit Norbert Hofer, der nach internen Diskussionen um die Ausrichtung der Partei zurückgetreten war.

Landbauer neuer Stellvertreter

Auf der Tagesordnung stand am Samstag neben der Wahl Kickls auch die Wahl des niederösterreichischen Landesobmanns Udo Landbauer zum neuen Stellvertreter. Er wurde mit nur einer Gegenstimme per Handzeichen gewählt. Die FPÖ hat sechs Bundesparteiobmann-Stellvertreter: Neben Landbauer sind das aktuell der geschäftsführende Parteichef Harald Stefan, der Kärntner Gernot Darmann, Haimbuchner, der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek und Marlene Svazek von der Salzburger FPÖ. Im kommenden Jahr soll es aber einen ordentlichen Parteitag geben, bei dem weitere offene Punkte beschlossen werden sollen.