Ärzte-ohne-Grenzen (MSF) retten Flüchtlinge im Mittelmehr
Reuters/Avra Fialas/msf
„Zusammen den Unterschied machen“

Viele Appelle zum Weltflüchtlingstag

International und national haben am heutigen UNO-Weltflüchtlingstag viele Hilfsorganisationen, Religionsvertreter und Parteien an die politischen Entscheidungsträger appelliert, sich mehr für Flüchtlinge weltweit zu engagieren. Das Motto des heurigen Jahres lautet „Zusammen können wir den Unterschied machen“.

Papst Franziskus rief die Gläubigen auf, ihre Herzen den Flüchtlingen zu öffnen, ihre Freuden und Leiden zu teilen. „So können wir alle zusammen eine menschlichere Gemeinschaft aufbauen. So kann die Welt zu einer einzigen Familie werden“, sagte der Papst den auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen.

Der Pontifex schloss sich auch dem Appell der Bischöfe für Frieden in Myanmar an. Franziskus urgierte die Einrichtung humanitärer Korridore für Flüchtlinge. Er drängte, dass Kirchen, Moscheen, Tempel, Krankenhäuser und Schulen als „neutrale Zufluchtsorte“ betrachtet werden.

Mehr Geld von Österreich für UNHCR

Österreichs Außenministerium betonte anlässlich des Weltflüchtlingstags, man vervierfache seine Unterstützung für das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und stelle Venezuela und Kolumbien weitere zwei Millionen Euro zur Verfügung. Die Vervierfachung der Basisförderung für UNCHR hatte die ÖVP-Grüne-Koalition bereits im September angekündigt. Derzeit beträgt diese Sockelförderung 550.000 Euro.

Das Außenministerium betonte am Sonntag, dass die Pandemie weltweit wie ein Brandbeschleuniger auf Fluchtbewegungen wirke. „Laut UNHCR sind ein Prozent der Weltbevölkerung auf der Flucht. Österreich kommt seiner humanitären Verpflichtung nach und leistet auch weiter ganz konkrete Hilfe vor Ort“, so das Außenministerium auf Twitter. UNHCR zufolge waren ungeachtet der Pandemie im vergangenen Jahr mit 82,4 Millionen weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie nie zuvor. Das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren.

Kurz beharrt auf Afghanistan-Abschiebungen

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) betonten ihrerseits am Sonntag, dass sie den Vorschlag von Justizministerin Alma Zadic (Grüne), die Rückführung von Asylwerbern nach Afghanistan zu evaluieren, zurückweisen. Ein Abschiebungsstopp „kommt definitiv nicht. Das wird es mit uns nicht geben“, so die beiden in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Österreich werde weiterhin sowohl freiwillige als auch zwangsweise Rückführungen durchführen. Kurz und Nehammer verwiesen unter anderem darauf, dass dies EU-weite Praxis sei.

SPÖ und NEOS fordern mehr Engagement

SPÖ und NEOS fordern dagegen mehr Engagement von der Bundesregierung. „Österreich muss endlich zu einer menschenwürdigen Asylpolitik finden“, sagte Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung. Bayr forderte, dass Österreich den UNO-Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration unterschreibe und verwies auf die laut UNO drohende humanitäre Krise in Myanmar.

„Entwicklungspolitik wird in Österreich auch immer wieder als Mittel zur Flucht- und Migrationsabwehr missverstanden. Entwicklungsgelder als Druckmittel für politische Ziele, wie etwa Rückführungsabkommen, zu missbrauchen, ist höchst problematisch und hilft nicht den Menschen vor Ort“, so Bayr.

NEOS: „Entwicklung zu chaotischer Grausamkeit“

NEOS sah eine „Entwicklung zu chaotischer Grausamkeit“ gegenüber Flüchtlingen in der EU. Unter Verweis auf das unlängst veröffentlichte „Schwarzbuch“ von Pushbacks, das Grundrechtsverletzungen an insgesamt 15.000 Geflüchteten auf der „Balkan-Route“ dokumentiert, sprach Krisper von einem Verstoß gegen das absolute Folterverbot.

Die Praxis „drängt die EU in einen Zustand der Barbarbei zurück“, so Krisper, die entsprechende Anträge im Nationalrat zur Evaluierung der Situation der Asylwerber an der EU-Außengrenze ankündigte. Gamon verlangte darüber hinaus, dass Österreich und weitere EU-Länder „endlich ihre Blockadehaltung für ein gemeinsames System und eine gleichmäßige Verteilung von Asylsuchenden aufgeben – und die Elendslager in Griechenland schließen“.

Grüne: Lösungsansätze statt Tunnelblick

Auch die Grünen forderten „globale Lösungsansätze statt Tunnelblick auf Grenzschutz und Abschiebungen“. Die Grüne Migrationssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic betonte, dass die drohende Klimakatastrophe wie auch politische Instabilität zu immer größeren Fluchtbewegungen führten.

„Es kann daher nicht zielführend sein, wenn Europäische Institutionen und Regierungen ihre Migrationspolitik auf Grenzschutz und Abschiebungen reduzieren“, so Ernst-Dziedzic in einer Aussendung. Die Menschen, die sich bereits in Migration befänden, seien mit allem gebotenen Respekt und nach den Maßstäben der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Genfer Flüchtlingskonvention zu behandeln, forderte die Migrationssprecherin.

Caritas: Aufgabe „bewältigbar“

Die Caritas forderte von der Bundesregierung mehr Engagement in der Flüchtlingspolitik, denn die Aufgabe sei „bewältigbar“. Zumindest 100 Familien aus den „griechischen Elendslagern“ solle Österreich aufnehmen, außerdem Hilfe an Ort und Stelle weiter ausbauen und sich für die Einhaltung internationalen Rechts im Außengrenzschutz einsetzen, so der Appell.

Unterstützung für ihre Forderungen erhielt die Caritas auch von den beiden Migrationsforschern Judith Kohlenberger und Gerald Knaus. Die Krise in Griechenland etwa sei keine akute, sondern eine chronische – und „grausames Symptom einer jahrelang verfehlten EU-Politik“, so Kohlenberger.

Karas fordert „echte Hilfe vor Ort“

Auch Othmar Karas (ÖVP), Vizepräsident des EU-Parlaments und Präsident von Hilfswerk Österreich, forderte „endlich echte Hilfe vor Ort“ und plädierte dafür, die Flüchtlingskonvention weltweit wieder zur „Grundlage des globalen Umgangs mit Flüchtlingen“ zu machen.