Egger-Lienz-Bild Kalvarienberg bei Bozen
Dorotheum
Unter Rekordverdacht

Egger-Lienz-Klassiker unter dem Hammer

Ein Tiroler „Totentanz“ aus New York: Zur Auktion „Klassische Moderne“ am Dienstag im Dorotheum reist ein kapitales Bild von Albin Egger-Lienz aus Übersee an. Das Antikriegsbild von 1916 zeigt Bauern mit dem Sensenmann und wurde auf 500.000 bis 800.000 Euro geschätzt. Und auch wieder zu entdecken: das eindrucksvolle Bild „Kalvarienberg bei Bozen“ von Egger. Bei den Zeitgenossen tags darauf könnte ein Großformat von Maria Lassnig einen Rekordpreis erzielen.

Die Figuren wirken leicht verblichen, das Szenario erinnert an das Mittelalter. Das morbide Motiv des „Totentanzes“ hat der Künstler Egger-Lienz im Jahr 1906 in eine neue Fassung gebracht und danach immer wieder gemalt. Eines seiner Großformate hängt heute im Wiener Belvedere. Für den altertümlichen Charakter verwendete der Maler häufig die Kasein-Technik: Die Farbpigmente werden dabei mit Milchprodukten anstatt mit Öl angerührt und erinnern durch ihre Blässe an ein Fresko.

Bereits 2006 konnte das Dorotheum mit einem 1921 geschaffenen „Totentanz“ einen neuen Rekordpreis für den Künstler erzielen. Die Klingel des Wiener Auktionshauses erklang damals bei 760.000 Euro. Das nun marktfrisch aus Amerika eingebrachte Los könnte das damalige Ergebnis toppen. Als Egger-Lienz das Bild schuf, hatte er seine Zeit an der Front des Ersten Weltkriegs bereits hinter sich. Der Künstler war 1915 freiwillig bei den Tiroler Standschützen eingerückt, aber aufgrund einer Herzschwäche konnte der 46-jährige Lokalpatriot nicht lange kämpfen.

Totentanz von Egger-Lienz
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„Totentanz 1809“, signiert, datiert Egger-Lienz 1916, Variante der vierten Fassung, Kasein auf Leinwand, 130 x 165 cm

Der „Totentanz“ entstand ursprünglich als kaiserliches Auftragswerk. Zum 60-Jahre-Regierungsjubiläum von Franz Joseph I. wurde ein Gemälde zum Tiroler Freiheitskampf von 1809 gewünscht. Unter der Führung von Andreas Hofer setzten sich damals Aufständische gegen die bayrischen und französischen Besatzer zur Wehr. Entgegen der Erwartungen schuf Egger-Lienz jedoch kein Heldenbild dieser Rebellion, sondern ein Memento mori, in dem der Tod primitiv bewaffnete Bauern anführt. Entgegen dem Titel und der Bildtradition wird kein Reigen oder Walzer mehr getanzt, sondern die Männer marschieren in ihren Untergang.

Tiroler Firnschnee

Ein anderer Künstler jener Epoche, der sich selbst viel kopierte, war der Kitzbühler Alfons Walde. Die Gäste kauften dem versierten Maler verschneiter Almen seine Bilder so gerne ab, dass er sogar einen eigenen Verlag für Postkarten und Kunstdrucke gründete. Waldes Wert auf dem Kunstmarkt ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Im Dorotheum leuchten nun blauer Himmel und Firnschnee vom Bild „Aufstieg der Schifahrer“. Für die gelungene Komposition mit Tourengängern aus dem Jahr 1927 wurde ein Schätzwert von 320.000 bis 500.000 Euro veranschlagt.

Walde war auch selbst oft Skiführer in den Kitzbühler Alpen. Beim Apres-Ski bandelte er mit Touristinnen an, die er dann bat, für ihn Modell zu stehen. So könnte es auch bei dem mit Öl auf Papier gemalten „Akt mit roten Schuhen“ gewesen sein, der mit 30.000 bis 50.000 Euro angesetzt ist.

Skifahrer von Alfons Walde
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Kleines Format, groß in der Wirkung und anders als früher mittlerweile hoch gefragt: Alfons Walde, Aufstieg der Schifahrer, um 1927, Öl auf Karton, 41 x 66 cm, gerahmt

Prinzipiell hatte die heimische Kunst der Zwischenkriegszeit lange keinen leichten Stand. Zu viele Stile, zu viele durch Vertreibung oder Kriegsdienst unterbrochene Karrieren. Der Maler Franz Sedlacek war schon früh Nationalsozialist, was der Anerkennung seines magischen Realismus auch nicht zuträglich war. Nun geht seine gekonnt dramatisierte Nachtszene „Der Flüchtling“ von 1928, um 130.000 bis 240.000 Euro ins Rennen.

Selbstporträt als Trophäe

In der 150 Lose starken Moderne-Auktion sind freilich nicht nur heimische Künstlerinnen und Künstler vertreten. Von Pierre-Auguste Renoir stammt ein kleines Gemüsestillleben (um 80.000 bis 120.000 Euro) sowie eine Studie mit Mädchenköpfen (40.000 bis 60.000 Euro). Der französische Bildhauer Auguste Rodin arbeitete ab 1880 fast vierzig Jahre lang an einem Portal für das Pariser Kunstgewerbemuseum. Teil seines Hauptwerks „Das Höllentor“ sollte auch der weibliche Waldgeist „La Faunesse“ werden, der auf einem Felsen sitzt. Die knapp sechzig Zentimeter große Bronzestatue, von der mehrere Abgüsse existieren, wurde mit 60.000 bis 80.000 Euro bewertet.

Besondere Wesen spielen beim Toplos der Auktion zeitgenössischer Kunst, die am Donnerstag im Dorotheum stattfindet, eine zentrale Rolle. In Maria Lassnigs drei mal zwei Meter großem Gemälde „Wilde Tiere sind gefährdet“ fliegen windige Gestalten durch die Lüfte. Unter ihnen schwebt ein Leopardenfell, das die Gesichtszüge der Künstlerin selbst trägt. Unheil für die Natur verheißt nicht nur die erlegte Wildkatze, sondern auch der Atompilz, der am offenen Meer aufsteigt. Für eine Künstlerin, die in erster Linie ihr „Körperbewusstsein“ festhalten wollte, zeigt Lassnig hier viel Sorge um die Umwelt.

Maria Lassnig bei Dorotheums Auktion
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Maria Lassnig: Engagement und, in der heutigen Zeit am Aussterben, Ironie: „Wilde Tiere sind gefährdet“, Öl auf Leinwand, 306 x 209 cm

Großformat vom Schloss

Mit der hohen Schätzung von 600.000 bis 800.000 Euro könnte eine neue Bestmarke für die wichtigste österreichische Malerin des 20. Jahrhunderts gesetzt werden. Der höchste Auktionspreis lag bisher bei 640.000 Euro. Das museale, durch seine Größe ungewöhnliche Bild stammt aus der Kollektion des Unternehmers Helmut M. Zoidl (1934–2013). Der Industrielle besaß rund 300 Werke aus der jüngeren österreichischen Kunstgeschichte und veranstaltete auf seinem obersteirischen Schloss Gabelhofen auch Ausstellungen.

Acht Jahre nach Zoidls Ableben wird diese Kunstsammlung nun peu a peu auf Auktionen verklopft. Einen Bestpreis für einen Künstler konnte die H. M. Z. Privatstiftung bereits einstreifen: Für ein frühes abstraktes Gemälde des späteren Wiener Aktionisten Günter Brus bewilligte ein Bieter bei den Ressler Kunstauktionen im Mai beachtliche 750.000 Euro.