Ausgabe der Hongkonger Zeitung „Apple Daily“
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Hongkong

„Apple Daily“ sperrt zu

In Hongkong hat die der Demokratiebewegung nahestehende Zeitung „Apple Daily“ ihre anstehende Schließung verkündet. Der Schritt war schon in den vergangenen Tagen vermutet worden. Da die Regierung die Konten der Zeitung eingefroren habe, könnten deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr bezahlt werden, sagte Manager Mark Simon zuletzt.

Das „Apple Daily“-Management betonte laut BBC, „zur Sicherheit der Mitarbeiter“ habe man sich entschlossen, bereits Mittwochmitternacht zuzusperren. Damit erscheint das Blatt am Donnerstag zum letzten Mal in Print. Die Website werde ab Mitternacht nicht mehr aktualisiert. Kurz zuvor hatte das Verlagshaus Nex Digital angekündigt, die 26 Jahre alte Boulevardzeitung werde am Samstag eingestellt. Das beliebte Blatt brachte eine Mischung aus Beiträgen, die die Demokratiebewegung unterstützen, Klatsch über Stars und Recherchen über Korruption und Machtmissbrauch.

Das Vorgehen der Behörden gegen die Zeitung hat weltweit die Sorge um Medienfreiheit und andere Rechte in der von China regierten Metropole, die einer der wichtigsten internationalen Handelsplätze ist, schlagartig erhöht.

Großeinsatz der Polizei in Redaktion

Vergangene Woche waren bei einem Polizeieinsatz mit mehr als 500 Beamten insgesamt fünf führende Mitarbeiter von „Apple Daily“ festgenommen und Computer beschlagnahmt sowie Vermögenswerte der Zeitung eingefroren worden. Die Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone erklärten, die Zeitung habe zu internationalen Sanktionen gegen Hongkong und die Führung in Peking aufgerufen.

Zeitungsstapel von Apple Daily
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„Apple Daily“ steht nicht als einziges Medium unter Druck

Die Zeitung und ihr inhaftierter Besitzer Jimmy Lai sind Peking wegen ihrer Unterstützung für die Demokratiebewegung in Hongkong und ihrer Kritik an der chinesischen Regierung seit Langem ein Dorn im Auge.

Kolumnist verhaftet

Am Mittwoch wurde zudem der Kolumnist von „Apple Daily“, Li Peng, festgenommen. Dem 55-Jährigen werden auf Grundlage des nationalen „Sicherheitsgesetzes“ „geheime Absprachen mit einem anderen Land oder externen Elementen mit dem Ziel der Gefährdung der nationalen Sicherheit“ vorgeworfen, wie die Polizei mitteilte.

Erster Prozess nach „Sicherheitsgesetz“

In Hongkong begann am Mittwoch zugleich der erste Prozess auf Grundlage des umstrittenen „Sicherheitsgesetzes“. Der 24-jährige Demokratieaktivist Tong Ying Kit muss sich wegen des Vorwurfs des Terrorismus vor Gericht verantworten. Zudem werden ihm Anstiftung zur Sezession und gefährliches Verhalten im Verkehr zur Last gelegt. Der Prozess fand ohne Geschworene statt. Tong wies die Anschuldigungen zu Beginn der Verhandlung zurück.

Der 24-Jährige war im vergangenen Juli kurz nach Inkrafttreten des umstrittenen „Sicherheitsgesetzes“ festgenommen worden. Er soll mit seinem Motorrad absichtlich in eine Gruppe von Polizisten gefahren sein. Auf Videoaufnahmen war eine Fahne an seinem Motorrad mit dem Slogan „Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit“ zu sehen. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie werte den Schlachtruf als Aufruf zur Abspaltung Hongkongs von China und zum Sturz der Regierung.

Redaktionräume  von Apple Daily nach der Razzia
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Die Redaktionsräumlichkeiten von „Apple Daily“ wurden letzte Woche durchsucht

Antrag auf Geschworenengericht abgelehnt

Tongs Anträge auf eine Verhandlung unter Beteiligung von Geschworenen, die in Hongkong in solchen Fällen normalerweise vorgesehen ist, waren zuvor abgelehnt worden. Seine Anwälte hatten argumentiert, dass das sein verfassungsmäßiges Recht sei, da ihm im Falle einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe drohe.

Monatelang Massenproteste

In Hongkong hatte es 2019 monatelang Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das „Sicherheitsgesetz“, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft bestraft werden.

Mehr als 60 Menschen wurden inzwischen auf Grundlage des umstrittenen Gesetzes beschuldigt, unter ihnen viele führende Vertreter der Demokratiebewegung. Die meisten von ihnen sitzen derzeit im Untersuchungshaft.