Ex-ÖVP-Justizminister Josef Moser vor dem Ausschusslokal im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Moser in U-Ausschuss

Zwei Weisungen nach „Ibiza-Video“

Auf den finalen Metern des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses hat sich am Mittwoch Ex-ÖVP-Justizminister Josef Moser den Fragen der Abgeordneten gestellt. Er war als Ressortchef zuständig für die ersten Schritte der Ermittlungen rund um das Video, das im Mai vor zwei Jahren veröffentlicht wurde. Im Zentrum seiner Befragung standen Weisungen und die Frage, ob diese auch so weitergeleitet wurden.

Er selbst sei am Tag der Veröffentlichung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über das bevorstehende „Ibiza-Video“ informiert worden. Der Anruf von Kurz erfolgte noch vor der Veröffentlichung am 17. Mai 2019, so der frühere Minister. Er habe dann mit „zwei maßgeblichen Mitarbeitern des Hauses“ Kontakt aufgenommen: Generalsekretär Christian Pilnacek und Mosers damaligem Kabinettschef, Clemens-Wolfgang Niedrist, der heute Kabinettschef von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ist. Sonst seien keine Personen informiert worden, man habe auf das Video gewartet.

Nachdem man das Video gesehen habe, wurden vom Minister zwei Weisungen erteilt: Zum einen, dass das Bildmaterial herbeigeschafft werden muss, um den Anfangsverdacht zu prüfen; zum anderen, dass die Kommunikation nur über die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien läuft. Diese zwei Weisungen des damaligen Ressortschefs sind im Grunde der springende Punkt. Denn wie erst viel später bekannt wurde, schrieb Pilnacek an den Leiter der OStA Wien, Johann Fuchs, dass Moser der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) „keine aktive Rolle“ zukommen lassen wolle.

Ex-ÖVP-Justizminister Josef Moser im Ausschusslokal im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Der Medienandrang war am Mittwoch wieder stärker

Ungeklärte Frage nach einer E-Mail

Es ist nicht ganz klar, in welchem Kontext „keine aktive Rolle“ stand. Die einen meinen, es beziehe sich auf die Kommunikation nach außen, die anderen vermuten, die Ermittlungen sollten gestört werden, indem die Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgebremst wird. Moser erklärte dazu, nachdem ihm ÖVP-Mandatarin Martina Kaufmann ebendiese E-Mails vorgelegt hatte, dass er darüber erst im Zuge des U-Ausschusses erfahren habe. Dass die WKStA anfänglich keine „aktive Rolle“ bei der Kommunikation zur Causa spielen sollte, bestätigte er. Intention sei aber lediglich gewesen, mit „einer Stimme“ zu sprechen.

Dass mit der Weisung, wie eine E-Mail von Pilnacek suggeriert, die Ermittlungen konterkariert werden sollten, dem widersprach Moser. „Wie kann man keine aktive Rolle spielen, wenn man einen Anfangsverdacht prüft?“, fragte er. Diese beiden Weisungen seien die einzigen gewesen, die er je erteilt habe. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer sagte daraufhin mit Verweis auf Akten, die vorliegen, dass die Weisung, das Material herbeizuschaffen, erst „26 Stunden nachdem das Video erschienen ist“, erteilt wurde. Moser darauf: „Man habe das zunächst prüfen müssen.“

Martina Kaufmann (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Für die ÖVP stellte Martina Kaufmann zuerst die Fragen, danach war Andreas Hanger dran

Was Pilnacek mit der genannten Textpassage („keine aktive Rolle“) meinte, müsse man ihn fragen, sagte der Ex-Minister. Die Fraktionen waren sich auch weiterhin uneinig, was der mittlerweile suspendierte Sektionschef damit gemeint habe. Während die ÖVP Moser für die „Klarstellung“ dankte, wonach sich die E-Mail auf die Kommunikation der Ermittlungen bezog, sagte die SPÖ, dass das nicht der Fall sei. Die Parteien blieben bei ihren Standpunkten und vertraten diese im U-Ausschuss auch vehement.

„Erkundigung“ oder „Anfangsverdachtsprüfung“?

NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper kam im Zuge der Befragung nochmals auf die Weisungen zu sprechen. Denn OStA-Leiter Fuchs hatte die WKStA kurz nach Veröffentlichung des Videos angewiesen, Erkundigungen zu einer Prüfung des Anfangsverdachts einzuholen. Moser hingegen, so sagte er, habe eine Weisung erteilt, wonach die WKStA den Anfangsverdacht zu prüfen habe. Der Ex-Justizminister wollte nicht nur „Erkundigungen“, wie er betonte. Es sei klar gewesen, dass der Anfangsverdacht geprüft werden muss.

Wolfgang Sobotka (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) führte den Vorsitz während der Befragung

Die WKStA war die gesamte Befragung über Thema. Medial wurde immer wieder über etwaige Zerwürfnisse mit den Oberbehörden berichtet. So hatte etwa ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter von Moser im U-Ausschuss mitgeteilt, der Ex-Minister soll gesagt haben: Die WKStA „zerschlag ma“. Angesprochen darauf, sagte Moser, er schließe das aus. Eine Arbeitsgruppe, die nach der Affäre rund um die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) eingerichtet wurde, habe eruieren müssen, wie man die Qualität der Verfahren verbessern und die Verfahrensdauer verkürzen kann.

Auch das Verhältnis zwischen den Staatsanwaltschaften und der Aufsicht sei thematisiert worden. Dass ausgerechnet die WKStA in der Arbeitsgruppe zur Qualitätsverbesserung nicht dabei war, sei nicht von ihm ausgegangen, so Moser: „Ich habe im Zusammenhang mit der Zusammensetzung keine Direktiven gegeben.“ Der Leiter der Arbeitsgruppe sei der damalige Generalsekretär Pilnacek gewesen. Warum dieser die WKStA nicht eingeladen habe, könne er nicht sagen.