Bundespräsident Alexander Van der Bellen
APA/Helmut Fohringer
VfGH zu Blümel-Akten

Präsident beauftragt Exekution von Spruch

Im Streit rund um die Lieferung von Akten aus dem Finanzministerium von Minister Gernot Blümel (ÖVP) an den „Ibiza“-U-Ausschuss wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstag das Strafgericht Wien mit der Exekution der höchstgerichtlichen Erkenntnis zur Aktenlieferung beauftragen. Das teilte der Präsident am Mittwochabend mit.

Van der Bellen betonte mehrfach, dass es sich um kein Strafverfahren handle, viel mehr gehe es um ein „Informationssicherungsverfahren". Zur Frage der Vollständigkeit der Aktenlieferung per se wollte sich Van der Bellen nicht äußern. „Die einen sagen das, die anderen sagen das andere“, sagte Van der Bellen dazu. „Ich bin kein Hellseher, ich weiß das nicht. Ich kann nicht beurteilen, ob sämtliche Unterlagen vollständig und rechtskonform geliefert wurden.“ Mehrere Varianten seien möglich.

Er werde nun allerdings die „in der Verfassung für einen solchen Fall vorgesehenen Schritte umsetzen“. Um das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) von März umzusetzen, werde er am Donnerstag dessen Durchsetzung anordnen und dafür das Straflandesgericht Wien beauftragen. Im März hatte der VfGH den Finanzminister zur Vorlage bestimmter Akten verpflichtet.

Der Bundespräsident als Exekutor

Der Bundespräsident hat das Straflandesgericht Wien mit der Exekution der Aktenlieferungen von Finanzminister Blümel beauftragt. Zuvor hatte ihm der Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit für die weiteren Schritte übertragen.

Der zuständige Richter müsse nun entscheiden, wie er die Frage, ob die Aktenlieferung bis dato vollständig erfolgt sei, beantworten könne. Dafür werde er nun in einem nächsten Schritt prüfen, „wen er braucht und was er braucht“. Van der Bellen sagte, es werde vor allem um Datenforensiker und IT-Fachleute gehen. Er empfahl auch eine Konsultation bezüglich Datenschutzfragen mit dem Bundesverwaltungsgericht. Es könnte nämlich sein, dass in einigen Fällen Berufliches und Privates vermischt sei, private Daten hätten dabei in der Öffentlichkeit nichts verloren.

„Schon wieder Neuland“

Man betrete dabei „schon wieder Neuland“. Für alle müssten aber dieselben Regeln gelten, dafür werde er auch in Zukunft sorgen, betonte der Bundespräsident. Konsequenzen, falls sich herausstellt, dass Blümel nicht alles geliefert hat, ließ Van der Bellen offen. Hypothetische Fragen beantworte er grundsätzlich nicht. Nun werde man das Gericht arbeiten lassen, dann „werden wir sehen, was herauskommt“. Er forderte dazu auf, die Causa nicht zu dramatisieren, es könne sich auch herausstellen, dass der Finanzminister die Wahrheit gesagt habe. „Also bleibma am Teppich.“

Stunden zuvor hatte der VfGH kundgetan, dass Van der Bellen für eine allfällige Exekution von Unterlagen im Finanzministerium verantwortlich sei. Das Staatsoberhaupt hatte sich zuvor um eine Einschätzung an das Höchstgericht gewandt.

Blümel erhob Vorwurf der „Täuschung“

Am Vortag hatte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bestritten, dass Akten ausständig seinen – alles sei geliefert worden, wie er im ZIB2-Interview angab. Zugleich verwies er darauf, dass die Beamten selbst einschätzen müssten, ob ihre Unterlagen Relevanz für den Ausschuss hätten. Daher bezichtigte er via Facebook einmal mehr die Opposition, „langgedienten und untadeligen“ Mitarbeitern seines Ressorts die Unwahrheit zu unterstellen.

Am Mittwoch warf Blümel eben via Facebook der Opposition vor, Van der Bellen mit falschen Informationen täuschen zu wollen. Dabei geht es um eine E-Mail, von deren Nicht-Lieferung auch in der ZIB2 am Dienstag die Rede war, was sich jedoch bei Recherche des Ressorts als falsch herausgestellt habe, wie Blümel schrieb. Das Dokument sei sogar zweimal übermittelt worden.

VfGH: Kein „betreibender Gläubiger“

Der VfGH hat jedenfalls klargestellt, dass er die Zuständigkeit für die Exekution der Aktenlieferungen nicht bei sich sieht. Der Gerichtshof habe nicht die Stellung eines „betreibenden Gläubigers“, Entscheidungen über weitere Schritte lägen also bei Van der Bellen, weswegen sich der Bundespräsident nun auch zu Wort meldete.

Van der Bellen hatte nach einem Schreiben der Opposition den VfGH um Mitteilung ersucht, ob er seinen Exekutionsantrag aufrechterhält. SPÖ, FPÖ und NEOS hatten in einem Schreiben an Van der Bellen beklagt, dass die – nach dem Exekutionsantrag dann doch erfolgten – Aktenlieferungen des Finanzministeriums unvollständig und zum Teil mangelhaft (weil nicht in elektronischer Form) seien. Blümel hat das bestritten und Van der Bellen eingeladen, sich von der Vollständigkeit der Aktenlieferung zu überzeugen.

Van der Bellen mit Exekution beauftragt

Mit dem ursprünglichen Erkenntnis hatte der VfGH dem Verlangen der Opposition auf Aktenlieferung des Finanzressorts stattgegeben und Blümel aufgefordert, unter anderem die E-Mail-Postfächer der Leiterin des Beteiligungsmanagements im Finanzministerium sowie die Korrespondenzen von Ministeriumsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern mit Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, und anderen Mitarbeitern von Ex-ÖVP-Finanzministers Hartwig Löger dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen.

Da Blümel dem nicht nachkam, hatte die Opposition die Exekution beantragt. Auch dem kam der VfGH nach und beauftragte Van der Bellen am 5. Mai damit. Bisher kam es dazu allerdings nicht, denn Blümel startete zwar mit Verspätung, dann aber umgehend die Lieferung, die die Opposition für unvollständig hält.