Letzte EU-Warnung im Streit über Rechtsstaatsmechanismus

Das Europaparlament hat der EU-Kommission eine letzte Frist gesetzt, um die neue Möglichkeit zur Kürzung europäischer Gelder bei Rechtsstaatsverfehlungen zur Anwendung zu bringen. Parlamentspräsident David Sassoli startete gestern ein Verfahren nach den EU-Verträgen, das zu einer Untätigkeitsklage gegen die Behörde vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen kann. Nun läuft eine Frist von zwei Monaten, bevor das Parlament klagen kann.

Der Rechtsstaatsmechanismus ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Ungarn und Polen, die seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in der EU am Pranger stehen, hatten sich vergangenes Jahr vehement gegen das neue Instrument gewehrt. Sie blockierten dabei über Wochen ein billionenschweres Finanzpaket aus dem EU-Haushalt und dem CoV-Hilfsfonds.

Polen und Ungarn auf der Bremse

Warschau und Budapest stimmten dem Rechtsstaatsmechanismus erst zu, nachdem die Staats- und Regierungschefs zugesichert hatten, dass Kürzungen von EU-Geldern erst erfolgen können, nachdem der EuGH das Instrument rechtlich geprüft hat. Die entsprechenden Klagen reichten Ungarn und Polen im März in Luxemburg ein. Auch ein beschleunigtes EuGH-Verfahren wird wohl bis zu ein Jahr dauern.

„Wir sind überzeugt, dass es eklatante Verstöße gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit durch bestimmte Mitgliedsstaaten gegeben hat, die sanktioniert werden müssen“, sagte Sassoli. Nach einer Entschließung des Parlaments vom 10. Juni habe er nun die Kommission formal aufgefordert, „ihren Verpflichtungen als Hüterin der Verträge nachzukommen und die vollständige und sofortige Anwendung der Verordnung über die Achtung der Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen“.

Die Kommission hat nun nach Artikel 265 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union zwei Monate Zeit, tätig zu werden. Tue sie das nicht, „werden wir den Europäischen Gerichtshof anrufen“, sagte Sassoli.