Am Sonntag meldeten staatliche Stellen einen neuen offiziellen Tageshöchstwert bei den Neuinfektionen. 2.318 Fälle wurden laut Gesundheitsministerium verzeichnet, 35 Menschen starben den Angaben zufolge an Covid-19. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein.
Die staatlichen Krankenhäuser funktionieren kaum noch. Das löst große Besorgnis aus, wie der britische „Guardian“ schreibt. Ausgangssperren sollen jetzt die CoV-Situation in den Griff bekommen. Es wird jedoch ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems in nächster Zeit befürchtet, da das Militär auch gegen Gesundheitspersonal vorgehe.
CoV-Bekämpfung ins Chaos abgeglitten
Die CoV-Bekämpfung in dem Land habe sei dem Putsch enormen Schaden genommen und sei ins Chaos abgeglitten, so die Zeitung weiter. So gibt es offenbar eine hohe Dunkelziffer allein dadurch, dass unklar ist, wie viel und wie oft in dem Land getestet wird. Auch die tatsächliche Zahl der Geimpften sei unklar.
Besonders betroffen von der sich ausbreitenden humanitären Krise sind auch Regionen, in denen vor allem Minderheiten, etwa die Karen, leben. Hier kam es zu großen Vertreibungen und Fluchtbewegungen. So schätzt die UNO, dass allein in der Provinz Kayah-Staat über 100.000 Menschen vertrieben wurden. Die Möglichkeit der Verbreitung des Virus steigt dadurch rasant.
Nur „rasches Handeln“ kann Tragödie verhindern
Für den Chef des örtlichen Roten Kreuzes und Roten Halbmonds, Joy Singhal, ist die Lage zutiefst alarmierend. Die Lage „bestätigt unsere Besorgnis, dass sich das Virus jetzt schnell verbreitet“. In verschiedenen Teilen des Landes hätten bereits die ansteckenderen und gefährlicheren Varianten identifiziert werden können. „Spitäler sind überfordert, und das ganze Gesundheitssystem befindet sich in Auflösung“, so Singhal. Man brauche jetzt ein rasches Handeln und müsse die Behandlungs-, Test- und Vorbeugungsmaßnahmen schnell verstärken, um eine Tragödie wie in anderen Teilen Asiens zu verhindern.
Der Anstieg der Fallzahlen kommt zu einem Zeitpunkt, da das Militär verstärkt gegen medizinisches Personal vorgeht. So wurde Mitte des Monats der ehemalige Leiter des CoV-Impfprogramms, Htar Htar Lin, verhaftet. Ihm wird unter anderem Hochverrat vorgeworfen, da er für demokratische Politiker und Politikerinnen gearbeitet hat. Hunderte weitere Ärzte und Ärztinnen wurden von der Armee wegen „Anstiftung zu Unruhen“ zur Fahndung ausgeschrieben.
Hilfe für Minderheiten unterbunden
Sandra Mon, Epidemiologin am Institut für öffentliche Gesundheit und Menschenrechte der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore in den USA, sagte der Zeitung, dass es vollkommen unklar sei, wie das Regime gegen das Virus und die Pandemie überhaupt vorgeht bzw. vorgehen wird. Man sehe, dass in den Gebieten der ethnischen Minderheiten die Menschen die doppelte Last – den Konflikt und die wachsende humanitäre Krise – zu schultern hätten. Jedweder Versuch der Hilfe, etwa die Lieferung medizinischer Güter und Ausrüstung, werde von den Sicherheitskräfte unterbunden. Die Bekämpfung des Virus werde dadurch erheblich erschwert, so Mon.
Impfen: Großes Misstrauen gegen Junta
Auch in Sachen Impfung gebe es erhebliche Schwierigkeiten. So vertraue die Bevölkerung der Militärjunta bei den Impfstoffen nicht. Deshalb sei auch das medizinische Personal so gut wie nicht geimpft. Auch viele Zivilisten und Zivilistinnen wollten sich deshalb nicht impfen lassen, so Mon. Man müsse deshalb darüber nachdenken, ob nicht eine dritte Partei die Impfkampagne durchführen solle.
Ein Waffenstillstand aus medizinischen Gründen wäre äußerst sinnvoll, sagte Mon weiter. Die Armee bzw. die Ministerien müssten sich mit der Opposition zusammensetzen und einen „unpolitischen“ Anti-CoV-Plan erarbeiten und auch umsetzen. Das sei die einzige Hoffnung.