Zerstörte Häuser und ein umgekippter Lkw nach einem Tornado
Reuters/David W Cerny
Tote und Verletzte

Verwüstung durch Tornado in Tschechien

Ein Tornado hat Donnerstagabend im Südosten Tschechiens eine Spur der Verwüstung mit schwersten Schäden gezogen. „Drei Menschen sind durch die schweren Unwetter gestorben“, sagte eine Sprecherin der regionalen Rettungsdienste im Fernsehsender CT. Hunderte Menschen wurden offenbar verletzt. Die Suche nach Vermissten unter den Trümmern eingestürzter Häuser dauere an. Auch in Niederösterreich forderten Hagel- und Sturmunwetter den rund 1.600 Helfern einiges ab.

In Tschechien meldete allein das Krankenhaus in Hodonin rund 200 Verletzte. Bilder und Videos zeigen schwere Schäden. In mehreren Dörfern wurden Dächer abgedeckt, Fensterscheiben zerstört, Bäume stürzten um, Autos wurden herumgeschleudert.

Auch umgeknickte Strommasten waren zu sehen, zudem seien mehrere Busse umgestürzt, berichtete der Fernsehsender CT. Der Wetterdienst CHMU bestätigte, dass es sich um einen Tornado gehandelt habe. Dieser sei für Europa unüblich stark gewesen. Auch in Tschechien gilt ein Tornado als seltene Erscheinung, den letzten gab es vor drei Jahren. Nach Auskunft eines TV-Meteorologen erreichte er eine Geschwindigkeit von bis zu 330 km/h. Das wäre der stärkste Wirbelsturm in der jüngeren Geschichte Tschechiens.

Zerstörtes Auto nach einem Tornado
Reuters/David W Cerny
Häuser wurden abgedeckt, Autos durch die Gegend geschleudert

„Halber Ort dem Erdboden gleichgemacht“

Tschechien mobilisierte alle Kräfte. Besonders schwer getroffen wurden offenbar die Ortschaften Hrusky mit rund 1.500 und Moravska Nova Ves mit etwa 2.600 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der stellvertretende Bürgermeister des Dorfes Hrusky sagte der tschechischen Nachrichtenagentur CTK, dass der halbe Ort dem Erdboden gleichgemacht worden sei.

„Geblieben sind nur die Mauern, ohne Dach, ohne Fenster“, sagte er. Die Menschen hätten sich vor dem Unwetter nicht schützen können. Mehrere Rettungsstaffeln mit Hunden waren unterwegs ins Einsatzgebiet, um in Gebäuden nach möglichen Verschütteten zu suchen.

„Hölle auf Erden“

Das Krankenhaus in Hodonin nahm laut CTK Dutzende Verletzte aus der Region auf. Auch in Mikulov direkt an der niederösterreichischen Grenze wurden schwere Schäden gemeldet. Die Autobahn D2, die von Brno nach Breclav führt, war nicht befahrbar, weil Hochspannungsleitungen auf die Fahrbahn gestürzt waren. Umgestürzte Strommasten blockierten eine zentrale Autobahnverbindung zwischen Prag und der slowakischen Hauptstadt Bratislava. „Es ist die Hölle auf Erden“, sagte Regionalgouverneur Jan Grolich nach einem Besuch in der Region.

Zerstörte Autos nach einem Tornado
Reuters/David W Cerny
Am Morgen danach zeigte sich das ganze Bild der Verwüstung

Am Freitagvormittag waren weiterhin 78.000 Haushalte und Unternehmen in der Region ohne Strom. Die Situation dort sei wie in einem Krieg, sagte Gesundheitsminister Adam Vojtech im Fernsehen. „Hier herrscht großes Chaos, große Panik“, sagte ein Augenzeuge in der Gemeinde Luzice dem Sender CT. Viele Häuser sollen einsturzgefährdet sein. Alle verfügbaren Einsatzkräfte seien auf dem Weg in die Region, sagte Innenminister Jan Hamacek am Abend: „Alles, was Arme und Beine hat, fährt dorthin.“ Die Regierung in Prag versetzte Kräfte der Armee für einen möglichen Hilfseinsatz in Bereitschaft.

Hilfe aus Österreich

Auch aus Österreich kam Hilfe: Die Notarzthubschrauber Christophorus 2 und 9 brachten je ein schwer verletztes Opfer in Spitäler in Wien, sagte ein Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung der APA. Zudem war das niederösterreichische Rote Kreuz noch in den späten Abendstunden mit rund 40 Fahrzeugen und mehr als 100 Helfern in den Südosten Tschechiens ausgerückt. An Ort und Stelle waren auch Kräfte aus dem Bundesland.

Schäden nach einem Tornado
AP/CTK/Vaclav Salek
Der Tornado zerstörte alles, was ihm in den Weg kam

Hagelkörner in Tennisballgröße

Den ganzen Abend zogen schwere Sommergewitter durch Südmähren, insgesamt sieben Dörfer wurden verwüstet. In den Verwaltungsbezirken Breclav und Hodonin fielen laut Berichten in sozialen Netzwerken Hagelkörner von der Größe von Tennisbällen. Am Schloss Valtice, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, entstand Millionenschaden. An dem Barockbau aus dem 17. Jahrhundert barsten zahlreiche Fensterscheiben. Auch die benachbarte Slowakei bot Hilfe an. Tschechiens Regierungschef Andrej Babis ließ mitteilen, dass er wegen des Wetters nicht aus Brüssel zurückkehren könne, wo er am EU-Gipfel teilnimmt.

ORF-Reporter Rohrhofer aus Moravska Nova Ves

Wie ist die Lage im benachbarten Tschechien, ist schon Hilfe angekommen? Gernot Rohrhofer berichtet.

„Unser Mitgefühl gilt den Opfern und den Familien der Opfer“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf dem EU-Gipfel in Brüssel zu den Vorfällen. Kurz dankte Freitagfrüh den österreichischen Einsatzkräften, die grenzüberschreitend tätig seien und versuchten, einen Beitrag zu leisten. Die Region an der Grenze zu Österreich ist als Weinanbaugebiet bekannt und auch bei Touristen und Touristinnen beliebt.

Umgeknickter Strommast in Tschechien
AP/CTK/Vaclav Salek
Die Wucht des Tornados verursachte schwere Schäden

1.600 Helfer in Niederösterreich im Einsatz

Hagel- und Sturmunwetter forderten am Donnerstagabend und in der Nacht auf Freitag auch die Helfer in Niederösterreich. Insgesamt standen 1.600 Mitglieder von 110 Feuerwehren im Einsatz, berichtete das Landeskommando Freitagfrüh. Die Hotspots lagen im Wald- und Weinviertel. Hauptsächlich betroffen waren die Bezirke Hollabrunn, Mistelbach, Gmünd, Horn, Zwettl und Waidhofen a. d. Thaya – mehr dazu in noe.ORF.at.