Aufräumarbeiten nach Tornado in Tschechien
Reuters/David W. Cerny
Schneise der Verwüstung

Aufräumen nach Tornado in Tschechien

Nach dem verheerenden Tornado im Südosten Tschechiens haben die Aufräumarbeiten begonnen. Soldaten und Feuerwehrleute räumten am Samstag unter anderem Autos weg, die der Wirbelsturm umhergeschleudert hatte. Statiker prüften, welche Gebäude wegen Einsturzgefahr abgerissen werden müssen. Verschüttete wurden nicht mehr unter den Trümmern vermutet.

Bei dem Unwetter am Donnerstag waren fünf Menschen ums Leben gekommen und rund 200 verletzt worden. Unter den Toten ist nach einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Tschechien auch eine schwangere Frau aus dem Nachbarland Slowakei, deren ungeborenes Kind ebenfalls starb.

60 Verletzte mussten stationär in Krankenhäusern behandelt werden. Zwei Schwerverletzte, ein etwa 50-Jähriger und eine Jugendliche, wurden in Wiener Spitälern versorgt. Während sich der Zustand des Mannes offenbar sehr gut entwickelte, musste die junge Frau in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden, ihr Zustand sei aber stabil, hieß es am Freitag. Sie wurden verletzt, als der Tornado einen Bus gut 70 Meter weit von der Straße in ein Feld fegte.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Große Schäden nach dem Tornado in Tschechien
APA/Helmut Fohringer
Die 2.600-Einwohner-Stadt Moravska Nova Ves wurde verwüstet
Verwüstungen nach dem Tornado in Tschechien
AP/Horakova Lenka
Ein völlig zerstörtes Haus im Ort Luzice – das ganze Ausmaß des Schadens wurde am Freitag offenkundig
Menschen in Mikulcice (Tschechien) begutachten die Zerstörung nach dem Tornado
Reuters/David W Cerny
Unzählige Häuser wurden abgedeckt, viele wurden völlig zerstört
Verwüstung in Mikulcice (Tschechien) nach einem Tornado
APA/AFP/Michal Cizek
Der Tornado schleuderte auch Autos durch die Luft
Zerstörte Autos in Moravska Nova Ves (Tschechien)
APA/Helmut Fohringer
Noch ist das ganze Ausmaß des Schadens unklar
Zerstörung in Moravska Nova Ves (Tschechien)
AP/CTK/Vaclav Salek
Der Tornado erreichte laut Meteorologen eine Geschwindigkeit von bis zu 330 km/h
Ein Mann fährt mit seinem Kind mit dem Fahrrad durch das durch einen Tornado zerstörte tschechische Dorf Mikulcice
APA/AFP/Michal Cizek
Ganze Orte wurden verwüstet, Ministerpräsident Babis sprach von einer „Apokalypse“

500 Meter breite und 26 Kilometer lange Schneise

In sieben Ortschaften in Südmähren wurden Hunderte Gebäude teils oder ganz zerstört. Häuser wurden zerstört, Dächer abgedeckt, Stromleitungen niedergerissen und Autos umhergeschleudert. Auch umgeknickte Strommasten waren zu sehen, zudem seien mehrere Busse umgestürzt, berichtete CT. Nach Einschätzung des Wetterdienstes hinterließ der Tornado eine 500 Meter breite und 26 Kilometer lange Schneise der Verwüstung. „Ich habe den Krieg erlebt, aber so etwas habe ich im Leben nicht gesehen“, sagte eine alte Frau der Agentur CTK.

Die Situation in der betroffenen Region sei wie in einem Krieg, sagte auch Gesundheitsminister Adam Vojtech im Fernsehen. Innenminister Jan Hamacek sprach von einer „gewaltigen Katastrophe“. „Hier herrscht großes Chaos, große Panik“, sagte ein Augenzeuge in der Gemeinde Luzice dem TV-Sender CT. Viele Häuser sollen einsturzgefährdet sein.

Grafik zum Tornado in Tschechien
Grafik: OSM/ORF.at; Quelle: novinky.cz

Halber Ort „dem Erdboden gleichgemacht“

Besonders schwer getroffen wurden offenbar die Ortschaften Hrusky mit rund 1.500 und Moravska Nova Ves mit etwa 2.600 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der stellvertretende Bürgermeister des Dorfes Hrusky sagte der tschechischen Nachrichtenagentur CTK, dass der halbe Ort dem Erdboden gleichgemacht worden sei. „Geblieben sind nur die Mauern, ohne Dach, ohne Fenster“, sagte er. Die Menschen hätten sich vor dem Unwetter nicht schützen können.

Das Ministerium für Regionalentwicklung kündigte an, umgerechnet 16 Millionen Euro an Soforthilfen für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Die Prager Regierung unter Ministerpräsident Andrej Babis will zudem Gelder aus dem EU-Solidaritätsfonds beantragen, der nach großen Naturkatastrophen Hilfe leistet. Bei Hilfsorganisationen gingen zudem innerhalb von kürzester Zeit umgerechnet knapp sechs Millionen Euro von privaten Spendern für die Unwetteropfer ein. Babis sprach von einer „Apokalypse“ für das Land.

Zweiter Block in Temelin heruntergefahren

Unterdessen wurde der zweite Block des Atomkraftwerks Temelin heruntergefahren. Das teilte der oberösterreichische Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) in einer Presseaussendung mit. Er warnte vor einem ähnlichen Zwischenfall beim AKW Dukovany. Der Grund dürfte ein Schaden durch schwere Gewitter an einer abführenden 400-kV-Hochspannungsleitung zwischen dem Kraftwerk und der Schaltanlage Kocin sein, so Kaineder, der eine umfassende Aufklärung forderte – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Der Tornado war der erste im Land seit 2018. Er erreichte nach Auskunft eines TV-Meteorologen eine Geschwindigkeit von bis zu rund 330 km/h. Das wäre der stärkste Wirbelsturm in der jüngeren Geschichte Tschechiens. Er sei aktuell als Tornado der Kategorie F3 klassifiziert, hieß es von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). In Österreich ereignen sich pro Jahr durchschnittlich vier Tornados.