Eine Person wirft einen Stimmzettel in die Wahlurne
Reuters/Ludovic Marin
Regionalwahl in Frankreich

Pleite für Le Pen und Macron

Rund zehn Monate vor der nächsten Präsidentschaftswahl in Frankreich ist am Sonntag die zweite und entscheidende Runde der Regionalwahlen über die Bühne gegangen. Für die voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten wurde das Votum zum Fiasko: Sowohl die Partei von Emmanuel Macron als auch jene von Marine Le Pen erlitten laut Prognosen schwere Dämpfer. Gewinner des Abends waren die Konservativen – allerdings bei einer katastrophalen Wahlbeteiligung.

Le Pens Rassemblement National (RN, früher: Front National) hatte gehofft, im zweiten Wahlgang am Sonntag zumindest noch die Region Provence-Alpes-Cote-d’Azur für sich entscheiden zu können. In den Umfragen war RN-Kandidat Thierry Mariani noch vorne gelegen, den Sieg konnte laut Prognosen von France 2 aber letztlich der amtierende konservative Regionalpräsident Renaud Muselier für sich verbuchen.

Damit konnte Le Pens rechter RN in keiner einzigen Region gewinnen, landesweit kam die Partei laut Prognosen auf rund 20 Prozent der Stimmen. Ein Sieg in der Region Provence-Alpes-Cote-d’Azur wäre für sie ein Schub für die Wahlschlacht um das höchste Staatsamt im kommenden Frühjahr gewesen. Le Pen will dann Macron herausfordern, der sie vor vier Jahren in der Stichwahl mit deutlicher Mehrheit besiegt hatte.

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen
Reuters/Ludovic Marin
Le Pen will im Frühjahr des kommenden Jahres erneut gegen Macron antreten

Macron-Partei weit abgeschlagen

Die Partei La Republique en Marche (LREM) von Macron schaffte es ebenfalls nicht, sich in den Regionen zu verankern – sie hat keine Chance, einen Regionalpräsidenten zu stellen. Mit nur sieben Prozent der Stimmen landesweit landete sie vollkommen abgeschlagen hinten. Ein hochrangiger Parteivertreter sprach von einer „Enttäuschung“. Der einstige Investmentbanker Macron war damals mit dem Anspruch angetreten, das traditionelle Links-rechts-Schema in der französischen Politik zu durchbrechen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seiner Stimmabgabe
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Macrons Partei kann in den Regionen nicht punkten

Die meisten Regionen im Land halten allerdings nach wie vor die Konservativen und die Sozialisten. Stärkste Kraft beim Wahlgang am Sonntag wurden die Konservativen, sie kamen landesweit laut den Prognosen auf rund 38 Prozent der Stimmen und konnten damit ihren Vorsprung vom ersten Wahlgang ausbauen. Das Bündnis um die Sozialisten erlangte rund 34 Prozent.

Für Beobachterinnen und Beobachter in Frankreich zeigt die Wahl jedenfalls, dass es beim Rennen um die Präsidentschaftskandidaturen noch Bewegung geben könnte. So suchen die Konservativen immer noch nach einem Kandidaten oder einer Kandidatin für 2022 – bei den Regionalwahlen wurden dafür womöglich Weichen gestellt. Ins Rampenlicht rückte zuletzt der ehemalige Minister Xavier Bertrand, der vergangene Woche die Wahl in der Region Hauts-de-France gewann.

Xavier Bertrand
APA/AFP/Francois Lo Presti
Der Konservative Bertrand ließ auch in seiner Region den RN hinter sich

„Streik an den Wahlurnen“

Zum Debakel wurde – wie schon in der ersten Runde – die Wahlbeteiligung. Nach dem historisch niedrigen Wert von 33,3 Prozent am Sonntag vor einer Woche blieben abermals viele Wählerinnen und Wähler der Abstimmung fern. Die Beteiligung lag am Sonntagnachmittag in einem Zwischenstand bei lediglich 27,9 Prozent, wie das Innenministerium berichtete.

Medien sprachen alarmiert von einem „Streik an den Wahlurnen“. Auch Spitzenpolitiker reagierten schockiert. „Die Franzosen finden, dass es sich nicht mehr lohnt, wählen zu gehen“, resümierte Innenminister Gerald Darmanin im TV-Sender France 2. Das sei „eine Niederlage für uns alle“, sagte er. „Wenn die Enthaltung gewinnt, verliert die Demokratie“, warnte Premier Jean Castex.

Der Generaldirektor des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, Brice Teinturier, sagte im Sender France Inter, es habe in der Wahl kein hervorstechendes Thema gegeben – und das Land sei „nicht wütend“. In der vorigen Abstimmung 2015 sei das anders gewesen. Sie hatte unter dem Eindruck von Terroranschlägen stattgefunden. Teinturier sagte, die niedrige Wahlbeteiligung habe insbesondere das Abschneiden Le Pens Partei negativ beeinflusst. Mit Blick auf die erwartete Wahlschlacht zwischen Macron und Le Pen im kommenden Jahr sagte der Politologe: „Die Umfragen sagen es uns auch, dass die Franzosen etwas anderes wollen als dieses Duell.“