SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
ORF
Brodeln in SPÖ

Rendi-Wagner will weitermachen

Nach dem schlechten Ergebnis für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Bundesparteitag am Samstag rumort es in der SPÖ. Zwar wollte sich am Wochenende niemand zu den Gegenstimmen bekennen, doch Kritik an der Parteiführung wurde trotzdem laut. Auch Fachleute erklärten die nächste Bundesobfraudebatte für eingeläutet. Rendi-Wagner gab sich in der ZIB2 trotzdem entschieden: Sie sehe die 75 Prozent als Auftrag, wolle Parteichefin bleiben und auch als Spitzenkandidatin in die nächste Wahl gehen.

Rendi-Wagners Ergebnis von Samstag war ein historisch schlechtes bei einer Wahl ohne Gegenkandidatur und löste entsprechende Debatten aus. Zum Warum wollte die Parteichefin in der ZIB2 am Sonntag keine Mutmaßungen anstellen. Sie wolle auch nicht beurteilen, ob es sich um eine konzertierte Aktion gehandelt habe, wie am Wochenende spekuliert wurde. Sie verwies stattdessen auf den Auftrag, den ihr drei Viertel der Delegierten erteilt hätten.

„Ich habe zwei Möglichkeiten. Entweder ich ärgere mich über die 25 Prozent oder ich freue mich über 75 Prozent mehrheitliche Zustimmung. Ich entscheide mich für das Zweitere.“ Das Ergebnis sei für sie „ausreichend“, in der aktuelle „schwierigen Zeit dafür zu kämpfen, dass es eine starke Sozialdemokratie in Österreich gibt“. Entsprechend wolle sie auch Parteichefin bleiben. Sie habe auch vor, als Spitzenkandidatin in die nächste Nationalratswahl zu gehen.

Rendi-Wagner betont Rückhalt

Pamela Rendi-Wagner betont nach der historisch niedrigen Zustimmung bei ihrer Wiederwahl als Parteichefin den Rückhalt ihrer Kollegen. Sie möchte sich auch künftig „mit voller Überzeugung und voller Kraft“ für die Sozialdemokratie einsetzen.

„Kritiker nicht vor den Vorhang getreten“

Am Parteitag habe es so gut wie keine kritischen Beiträge gegeben, die Kritiker seien „nicht vor den Vorhang getreten“, so Rendi-Wagner. Auf die Frage, warum sich die SPÖ so gerne mit sich selbst beschäftige, meinte sie: „Da muss man die fragen, die sich mit sich selbst beschäftigen. Da müssen Sie die 25 Prozent einladen, die gestern dieses Ergebnis geliefert haben.“

Auch andere Personaldebatten – etwa über Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch – lehnte sie ab. Den am Parteitag vereinzelt kritisierten Vorschlag für ein neues Staatsbürgerschaftsrecht bzw. dessen Zeitpunkt verteidigte Rendi-Wagner indes. Wenn es eine richtige Idee und einen richtigen Lösungsansatz gebe, der auch in der Partei beschlossen wurde, dann gebe es nur richtige Zeitpunkte.

Länder sehen „Gerüchte“

Nach dem Bundesparteitag hatten sich Teile der SPÖ Luft über ihren Unmut mit der Parteiführung gemacht. Zu den Streichungen wollte sich aber niemand bekennen. Am Wochenende waren Gerüchte kursiert, wonach es sich um eine konzertierte Aktion mehrerer Landesparteien gehandelt haben könnte. Das wurde jedoch dementiert.

Das sei „ein Schwachsinn“, so Landesgeschäftsführer Roland Fürst im „Kurier“ (Montag-Ausgabe), der eine gemeinsame Aktion mit Niederösterreich und der Steiermark ausschloss. Eine gewisse Unzufriedenheit mit der Themensetzung sei aber am Parteitag „für jeden wahrnehmbar“ gewesen. In der Zeit im Bild legte er nach: „Den Schwarzen Peter jetzt einigen wenigen umhängen zu wollen ist völlig grotesk und jenseits der Realitäten.“

Solche Gerüchte würden von jenen gestreut, die sich „noch nie einer Wahl stellen mussten und im Elfenbeinturm meinen zu glauben, wie Politik funktioniert“. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil empfahl indes allen Beteiligten „Selbstreflexion“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, der niederösterreichische SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl und Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
APA/Michael Gruber
SPÖ-Burgenland-Chef Hans Peter Doskozil war am Parteitag auch dabei

Der niederösterreichische Parteichef Franz Schnabl dementierte ebenfalls und attestierte dem Parteitag mangelnde Reife, er betonte seine „einhundertprozentige Unterstützung“ für Rendi-Wagner. „Jegliche Gerüchte, dass ich nicht für Rendi-Wagner gestimmt hätte, weise ich entschieden zurück“ – mehr dazu in noe.ORF.at. Auch der niederösterreichische Klubobmann Reinhard Hundsmüller schloss eine konzertierte Aktion „zu 100 Prozent aus“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Kaiser zurückhaltend

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser wollte den Parteitag, an dem er nicht anwesend war, vorerst nicht kommentieren. Zum Ergebnis von 75 Prozent sagte Kaiser, er habe einen erweiterten Parteivorstand einberufen. Bei dieser Sitzung werde man die Sachlage diskutieren – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Heftige Kritik übte der steirische Landesparteichef Anton Lang, der das Verhalten der Delegierten als „letztklassig“ bezeichnete. „Es ist doch einfach letztklassig, wenn bei ihrer Rede alle applaudieren und in der Wahlkabine dann ein Streichkonzert veranstaltet wird. Das finde ich stillos“, sagte er gegenüber der „Kronen Zeitung“ und der „Kleinen Zeitung“. Am Sonntag hatte zudem Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher gegenüber der „Kleinen“ eine Verantwortung für das Ergebnis zurückgewiesen.

„Offen diskutieren“

„Schade“ findet es die oberösterreichische Landesparteichefin Birgit Gerstorfer, dass die Kritiker nicht offen kommuniziert haben. Sie plädierte im Ö1-Mittagsjournal dafür, jetzt die Lage zu analysieren und die Kritiker zu hinterfragen und dann in die Zukunft zu blicken. Oberösterreich wählt im Herbst.

Tirols SPÖ-Vizeparteichefin und Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim ortete indes gegenüber der APA eine „destruktive Art“. Die Partei sollte Kritik „offen diskutieren“. Auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch beklagte „diese Feigheit“, die so wehtue. Im ORF-Mittagsjournal kritisierte der Gewerkschafter, dass diese Delegierten „nicht die Eier haben“, ihre Kritik offen auszusprechen.

„Obfraudebatte wieder entflammt“

Einen schweren Dämpfer für die Partei orteten indes Fachleute. „Die Parteichefin auf unter 80 Prozent zu drücken, das ist natürlich auch ein Schaden für die gesamte Partei und schränkt die Handlungsfähigkeit der stärksten Oppositionspartei ein“, so Politikberater Thomas Hofer gegenüber der Zeit im Bild.

„Natürlich ist es so, dass die Obfraudebatte wieder entflammt, auch wenn das nicht zum Rücktritt von Rendi-Wagner führt“, so Hofer. Rendi-Wagner habe aber dadurch schweren Schaden auf dem Weg zur Kanzlerkandidatur erlitten. Zu einem harschen Urteil kam auch Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle: Das Ergebnis beweise, „dass die ganze SPÖ eigentlich nicht Politik kann“. Die SPÖ würde sich in einer Phase, in der alle anderen Parteien Schwäche zeigen, „sich selbst der Chancen berauben. Das ist schon einzigartig.“