EU-Kommissionsgebäude in Brüssel
ORF.at/Peter Prantner
Investorenschutz

Pläne für mehr Rechte von Konzernen in EU

Investitionsschutzregeln, wie sie im Rahmen der Handelsabkommen TTIP und CETA vorgesehen waren, könnten nun für die EU selbst kommen. Das geht aus einem Bericht der Nachrichtenmagazine „profil“ und „Spiegel“ hervor, die sich auf ihnen vorliegende Dokumente berufen. Das Wirtschaftsministerium begrüßt den Vorstoß der EU-Kommission. Globalisierungskritische NGOs lehnen solche Schiedsverfahren als Sonderrechte für Konzerne ab.

Die EU-Kommission denke konkret über die Einführung eines Investitionsschutzsystems innerhalb der EU nach. So könnte sich etwa ein österreichisches Unternehmen, das in Frankreich investiert, bei einem Konflikt mit dem Staat an einen „Investitionsgerichtshof auf EU-Ebene“ wenden, schreiben „profil“ und der deutsche „Spiegel“ – unabhängig von der nationalen Gerichtsbarkeit.

So stehe es in einem „Non-Paper“, einem inoffiziellen Diskussionspapier der EU-Kommission von Ende 2020. Bei diesem Gerichtshof könnten „Investoren ihre Ansprüche vorbringen und verbindliche Entscheidungen erlangen“, so der Entwurf. Bis Ende des Jahres plant die EU-Kommission eine Verordnung, um das „Investitionsklima in der EU zu optimieren“, so die Website der Behörde. Unter anderem brauche es eine „Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Streitfällen zwischen Investoren und einzelnen EU-Staaten“.

Unternehmen lobbyieren für Investitionsschutz

Europas Unternehmen, vorne dabei österreichische, lobbyieren laut „profil“ kräftig für einen Investitionsschutz in der EU. Ein EU-Investitionsgerichtshof ist aber nur eine von mehreren möglichen künftigen Einrichtungen, von denen in den Gesprächsprotokollen aus Brüssel die Rede ist. Alternativ werden auch andere Maßnahmen debattiert, die etwas weniger weitreichend wären. Auch ein zentraler „Ombudsmann“ könnte kommen, an den sich Konzerne wenden können.

„Klammheimliche“ Arbeit an „Privilegien für Konzerne“

Es dürfte jedenfalls um einen justiziellen Sonderweg für Investoren gehen, schreibt das Magazin. „Hier wird klammheimlich an Privilegien für Konzerne gearbeitet, damit sie sich nicht mehr der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit bedienen müssen“, kritisiert Pia Eberhardt, Aktivistin der NGO Corporate Europa Observatory (CEO) in Brüssel, die sich mit Lobbyingaktivitäten in der EU auseinandersetzt. CEO legt dieser Tage einen umfangreichen Bericht zum Thema vor.

Wirtschaftsministerium unterstützt Vorschlag

„Rechtssicherheit ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität eines Investitionsstandorts“, zitiert das „profil“ aus einer Stellungnahme von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). „Wir begrüßen daher die Initiative der Europäischen Kommission ausdrücklich und hoffen auf rasche Fortschritte.“

Die Pläne könnten auch für weitere Spannungen in der Koalition sorgen: Die Grünen waren stets vehement gegen Regeln, die aus Sicht der Wirtschaft Investitionen schützen und aus Sicht der Kritiker die nationale Gerichtsbarkeit aushebeln und die parlamentarische Demokratie schwächen.

Die EU-Kommission hatte sich bei TTIP und CETA für ein europäisches Modell von Investorenschutz eingesetzt und wollte damit einerseits Kritiker überzeugen und andererseits international Vorreiter werden – indem das Modell in Handelsabkommen mit anderen Ländern und Blöcken übernommen werden sollte. NGOs hatten davor gewarnt, dass damit etwa die nationale Umwelt- und Sozialgesetzgebung geschwächt würden.