Menschen auf Straße von oben
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UNO-Bericht

Struktureller Rassismus gang und gäbe

Die UNO fordert weltweit ein konsequentes Vorgehen gegen rassistische Diskriminierung von Menschen mit afrikanischen Wurzeln. In Ländern vor allem in Europa und in Nord- und Lateinamerika würden Schwarze durch Polizei und Ämter, Gesetze, Verordnungen und Geisteshaltung nach wie vor systematisch benachteiligt.

„Der jetzige Zustand ist unhaltbar“, hielt die Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, fest. „Ich rufe alle Länder auf, Rassismus nicht mehr abzustreiten, sondern abzubauen.“ Länder müssten sich den Folgen des Sklavenhandels und des Kolonialismus endlich stellen und sich um Wiedergutmachung kümmern. Kleine Anpassungen würden dafür nicht reichen, Systeme müssten grundlegend reformiert werden.

Bachelet legte dafür einen Vierpunkteplan vor. Sie generelle Leugnung von Rassismus solle ebenso beendet werden wie die Straflosigkeit von Mitarbeitern der Sicherheitskräfte, die rassistisch motivierte Menschenrechtsverstöße begehen. Außerdem forderte Bachelet, die Stimmen von Afroamerikanern und Anti-Rassismus-Aktivistinnen und -Aktivisten besser zu hören. Dazu sollten Bürgerrechtsorganisationen wie die Bewegung „Black Lives Matter“ in den USA staatlich gefördert werden.

„Systemischer Rassismus bedarf systemischer Antwort“

Zudem forderte die Menschenrechtskommissarin eine konsequentere Aufarbeitung der Geschichte von Rassismus und Sklaverei, auch in Form von Entschädigungszahlungen. „Systemischer Rassismus bedarf einer systemischen Antwort“, sagte Bachelet. Jahrhunderte der tief verwurzelten Ausgrenzung und Gewalt müssten überwunden werden.

Black-Lives-Matter-Demo nach dem Tod von George Floyd in Wien
APA/Hans Punz
Die „Black Lives Matter“-Bewegung schwappte in viele Länder über – auch nach Österreich

Bachelets Bericht war von der UNO nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Minnesota in Auftrag gegeben worden. Der Fall Floyd hatte in den USA und zahlreichen anderen Staaten Großproteste gegen Polizeigewalt und Rassismus ausgelöst.

Fall Floyd als „Wendepunkt“?

Der wegen Falschgeldvorwürfen in Minneapolis festgenommene Floyd war im Mai 2020 gestorben, nachdem ihm der weiße Polizist Derek Chauvin neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt hatte. Chauvin wurde am Freitag zu 22 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Vielerorts war von einem „Wendepunkt“ in der US-Geschichte zu hören – niemals zuvor sei ein Polizist im Bundesstaat Minnesota zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden. Allerdings werde in zu vielen ähnlichen Fällen kaum jemand zur Rechenschaft gezogen, heißt es in dem Bericht.

In vielen Ländern seien Menschen mit afrikanischen Wurzeln sozial, wirtschaftlich und politisch an den Rand gedrängt. Vor allem in Nord- und Lateinamerika und Europa lebten unverhältnismäßig viele von ihnen in Armut und hätten es schwer, grundlegende Menschenrechte wie etwa auf Bildung, Gesundheitsdienste, Arbeit, angemessenen Wohnraum und sauberes Wasser durchzusetzen.

Vorurteile tief verankert

Stereotype entstünden teils schon in der Kindheit, wenn Lehrerinnen und Lehrer Kindern mit afrikanischen Wurzeln weniger zutrauten als anderen und sie auf Bildungswege lenkten, die ihnen weniger Chancen einräumen. Wenn es um Leistung gehe, würden Schwarze oft nur in Bereichen wie Sport, Musik und Tanz erwähnt.

Als herabwürdigend wird in dem Bericht eine Aussage von Ex-US-Präsident Donald Trump kritisiert, der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Protesten gegen Rassismus als „kranke und geistesgestörte Anarchisten und Agitatoren“ bezeichnet hatte.

Juneteeth-Parade in Washington
Reuters/Ken Cedeno
Die USA erinnerten heuer erstmals mit einem Nationalfeiertag an das Ende der Sklaverei

USA reagieren mit neuem Feiertag

Trumps Nachfolger Joe Biden legte jüngst eine andere Einstellung an den Tag: Er ordnete an, dass die USA zur Erinnerung an das formelle Ende der Sklaverei vor 156 Jahren einen neuen bundesweiten Feiertag bekommen. Der als „Juneteenth“ bekannte 19. Juni wurde zum elften landesweiten Feiertag erklärt und heuer erstmals begangen. „Große Nationen ignorieren ihre schmerzhaftesten Momente nicht … sie umarmen sie“, sagte Biden.

Der Tag sei eine Erinnerung an den „schrecklichen Tribut, den die Sklaverei vom Land forderte und weiterhin fordert“. „Juneteenth“ markiere „sowohl eine lange harte Nacht der Unterwerfung durch die Sklaverei als auch das Versprechen eines bevorstehenden helleren Morgens“, sagte der US-Präsident. Biden erklärte, dass es an diesem Tag darum gehe, sich an den „moralischen Schandfleck“, an „Amerikas Erbsünde“ zu erinnern. „Wenn wir uns an diese Momente erinnern, beginnen wir zu heilen und werden stärker.“