Touristen auf einem Strand in Albufeira in Portugal
Reuters/Pedro Nunes
Wieder auf RKI-Liste

Quarantäne für deutsche Portugal-Rückkehrer

Mit Portugal findet sich nun erstmals nach Wochen wieder ein EU-Land in der höchsten deutschen CoV-Risikokategorie. Damit reagiert Deutschland darauf, dass sich die Delta-Variante in Portugal rasch ausbreitet. Betroffen sind etliche Urlauberinnen und Urlauber, von denen viele mit einer vorgezogenen Rückreise versuchten, sich der ab Dienstag vorgeschriebenen 14-tägigen Quarantänepflicht zu entziehen.

Zusammen mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) hatte die deutsche Regierung Portugal wegen der Ausbreitung der besonders ansteckenden Delta-Variante Ende vergangener Woche zum Virusvariantengebiet erklärt. Die auch für Russland getroffene Maßnahme gilt zunächst für zwei Wochen, „eine Verlängerung ist möglich“, hieß es vom RKI.

Damit geht ein umfangreiches Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bus- und Bahnunternehmen einher. Sie dürfen deutsche Staatsangehörige und Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland aber zurückbringen. Für diejenigen, die einreisen dürfen, gilt eine 14-tägige Quarantänepflicht. Sie kann nicht durch einen Test verkürzt werden und gilt auch für vollständig Geimpfte und Genesene.

Im Einklang mit EU-Regelung

Die EU-Kommission hält die von Deutschland verhängten Reisebeschränkungen für Portugal nach den geltenden europäischen Vereinbarungen für möglich. Sie fielen unter eine durch die Mitgliedsstaaten vereinbarte „Notbremse“ beim Auftreten von Virusvarianten, sagte ein Sprecher am Montag. Deutschland habe die Kommission über die Einschränkungen informiert.

Etliche deutsche Portugal-Urlauberinnen und -Urlauber hatten nach Bekanntwerden der Maßnahme über das Wochenende versucht, das neue Virusvariantengebiet so schnell wie möglich zu verlassen. „Das sorgt für einen Ansturm auf Corona-Testzentren und vor allem Airlines, die noch freie Sitzplätze haben“, so das deutsche Nachrichtenportal RND, dem zufolge man für die Restplätze teils tief in die Tasche greifen musste.

„Schwer nachvollziehbar“

Deutschen Medienberichten zufolge ging der RKI-Entscheidung eine turbulente Sitzung des Coronavirus-Krisenstabes voraus. Zur Debatte stand etwa, die Azoren und Madeira von der Regelung auszusparen, so das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: Am Ende habe man sich aber entschieden, das gesamte Land und somit auch die beliebten Urlaubsinseln im Atlantik als Virusvariantengebiete einzustufen.

Unverständnis über die „schwer nachvollziehbare“ Vorgangsweise kam vom Deutschen Reiseverband (DRV), er verwies auf die niedrigen CoV-Richtwerte auf Madeira. „Wichtig sind für die Reisewirtschaft und natürlich auch für die Reisenden klare und leicht verständliche Einreiseregeln und ein maßvoller und zielgerichteter Umgang mit Quarantänemaßnahmen“, sagte laut dpa DRV-Sprecherin Kerstin Heinen, die für die künftige CoV-Risikoeinschätzung eine „Weiterentwicklung“ forderte und die bisherige Orientierung an Inzidenzwerten infrage stellte.

„Verbreitung so lange als möglich verlangsamen“

Da gerade in Portugal viele Urlauberinnen und Urlauber betroffen seien, sei die Entscheidung nach Angaben der deutschen Regierung nicht leichtgefallen: „Aber wir müssen die immer stärkere Verbreitung der Delta-Variante so lange als möglich verlangsamen. Das geht vor.“ In diesem Zusammenhang wurde zuletzt in Deutschland auch über eine Änderung der Einreiseverordnung debattiert – eine kurzfristige Änderung ist dpa-Angaben vom Montagabend zufolge aber wieder vom Tisch.

Derzeit muss in Deutschland bei Rückreisen aus Risikogebieten mit einem negativen Test keine Quarantäne angetreten werden. Nach einem Aufenthalt in Hochinzidenzgebieten kann eine Testung frühestens fünf Tage nach Einreise vorgenommen werden. Nach Aufenthalt in Virusvariantengebieten dauert die Quarantäne 14 Tage, und eine vorzeitige Beendigung der Quarantäne ist nicht möglich.

In Portugal vorherrschende Variante

In Portugal ist die Delta-Variante des Coronavirus inzwischen die vorherrschende Virusvariante. Wie aus Daten der Gesundheitsbehörde DGS von Freitagabend hervorgeht, macht sie landesweit mittlerweile mehr als 50 Prozent aller Neuinfektionen aus – im Großraum Lissabon sind es sogar mehr als 70 Prozent. Die zuerst in Indien aufgetretene Coronavirus-Mutation hat in Portugal damit die zuerst in England entdeckte Alpha-Mutante überholt, die noch im Mai vorherrschend war.

Die starke Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante hat in Portugal zu einem Anstieg der Infektionszahlen geführt. Für Sonntag meldete DGS über 1.000 neu Fälle, in Summe sind derzeit 31.779 Fälle aktiv. In einigen Regionen gelten deshalb wieder strengere Beschränkungen. In Lissabon wurden die Öffnungszeiten von Restaurants und Geschäften teilweise wieder beschränkt, die Region darf am Wochenende bis auf wenige Ausnahmen auch weder betreten noch verlassen werden.

In der portugiesischen Regierung ist von einer „kritischen Phase“ die Rede – Ende vergangener Woche wurde in direkter Folge eine Aussetzung der nächsten Lockerungsschritte angekündigt. Im rund zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Portugal wurden im Frühjahr noch die niedrigsten Infektionszahlen innerhalb der Europäischen Union verzeichnet.

Quarantänepflicht für Briten in Portugal

Laut „Westdeutscher Allgemeiner Zeitung“ („WAZ“) warf Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Portugal erst vor wenigen Tagen vor, nicht entschlossen genug gegen die Delta-Variante vorgegangen zu sein. Merkels Kritik habe sich der Zeitung zufolge gegen die anfängliche Weigerung Portugals gerichtet, die Einreise von und nach Großbritannien zu beschränken.

„Deutschland und andere europäische Länder wie etwa Österreich, die Schweiz oder auch Frankreich haben bereits vor Wochen Quarantänepflichten für alle Einreisenden aus Großbritannien verhängt“, so die „WAZ“. Laut der Zeitung war auch das Champions-League-Finale Ende Mai in der portugiesischen Stadt Porto zwischen den britischen Fußballclubs Manchester City und FC Chelsea mit Tausenden britischen Fans „vermutlich keine gute Idee“.

Mittlerweile hat Portugal die Einreisebestimmungen für Großbritannien deutlich verschärft: Wer seit Beginn dieser Woche aus Großbritannien nach Portugal einreist und keinen vollständigen Impfschutz nachweisen kann, muss sich für 14 Tage in Quarantäne begeben. Was die Lage in Österreich betrifft, so zählt Großbritannien zusammen mit Brasilien, Indien und Südafrika zu den Virusvariantenstaaten. Aus ihnen ist eine Einreise „derzeit nur sehr eingeschränkt möglich“ – mehr dazu in ORF.at/corona.