Trockene Felder
ORF.at/Günther Rosenberger
Hitze und Dürre

Boden als Problemzone

Steigende Temperaturen und Extremwetterereignisse wie Dürreperioden machen Mensch und Natur zu schaffen – und haben nicht zuletzt Folgen für den Boden. Dahinter steht gleich eine Reihe von Ursachen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie durch den Klimawandel begünstigt werden.

Nach einem außergewöhnlich kühlen Frühjahr brachte der Juni gleich eine Vielzahl von Hitzetagen mit sich. In einigen Regionen Österreichs waren die heurigen Hitzewellen die bisher längsten im Juni, bilanziert die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Anhaltende Hitzewellen belasten nicht nur die Menschen, sondern auch die Natur. Denn die Sommer werden nicht nur heißer, sondern auch trockener. Das habe Auswirkungen auf die Landwirtschaft, den Wald und Ökosysteme, erklärte Sophie Zechmeister-Boltenstern von der Universität für Bodenkultur (BOKU) gegenüber ORF.at.

Dürreperioden als langfristiger Trend?

Sichtbar wirken sich die Dürreperioden etwa im Burgenland aus. Der Neusiedler See speist sich zu 80 Prozent aus Regenwasser, was ihn anfällig für Schwankungen bei der Niederschlagsmenge macht. Laut Daten des Hydrographischen Dienstes Burgenland liegt der heurige Pegelstand des Sees deutlich unter dem langjährigen Mittel von 1965 bis 2020. Das letzte Mal ganz ausgetrocknet war der Neusiedler See übrigens vor 150 Jahren.

Dürre in Österreich (Zeitraum: jeweils 11.-20.5.)

Einen guten ersten Überblick über Dürre in Österreich bieten die Daten des European Drought Observatory (EDO). Sie zeigen für Österreich, welche Gebiete von landwirtschaftlicher Dürre betroffen sind und welche Regionen sich wieder regenerieren. Im Vergleichszeitraum (11. bis 20. Mai) hat sich in den vergangenen drei Jahren die Fläche der besonders betroffenen Gebiete vergrößert.

Eine Steigerung der Intensität der Dürreperioden lasse sich aus diesen Daten allerdings nicht unmittelbar ableiten, sagte Klaus Haslinger, Klimaforscher bei der ZAMG, gegenüber ORF.at. Dafür sei ein Dreijahresvergleich zu kurz, denn es könne sich um natürliche Schwankungen handeln. Starke Dürreperioden habe es in Österreich in der Vergangenheit bereits gegeben – etwa in den 1940er Jahren.

Zechmeister-Boltenstern sieht dennoch einen direkten Zusammenhang zwischen Hitzewellen, Dürreperioden und dem Klimawandel. Dieser begünstige sowohl das Auftreten von Hitzewellen als auch sommerliche Dürreperioden. „Die Hitze und der Wind verstärken die Wirkung der Dürre“, so die Leiterin des Instituts für Bodenforschung an der BOKU .

Große Unterschiede bei Regenmengen

Zwar ist das Auftreten von Dürreperioden keine neue Entwicklung, aber „in den letzten 30 Jahren hat in Österreich die Dauer extremer Dürreperioden zugenommen“, erklärte Zechmeister-Boltenstern. Während in manchen Regionen extreme Dürre auftrete, gebe es in anderen Extremniederschläge.

Der Juni 2021 brachte im Schnitt der letzten 30 Jahre um 38 Prozent weniger Niederschlag – allerdings mit großen regionalen Unterschieden aufgrund der Unwetter. Vor allem im Osten und Südosten Österreichs blieben viele Regenschauer aus. Im östlichen Weinviertel und Nordburgenland fielen im Juni im Vergleich zum Durchschnittswert um 75 bis 90 Prozent weniger Regenmengen.

Bei der langfristigen Entwicklung der Niederschläge lasse sich allerdings „kein Trend erkennen“, so Haslinger. Auswirkungen des Klimawandels sind – im Zusammenhang mit Dürreperioden – auch „subtil und im Hintergrund“, sagte der Klimaforscher.

Mehr Verdunstung entzieht Boden weiter Feuchtigkeit

Eine dieser subtilen Auswirkungen ist die gesteigerte Verdunstung. Durch das wärmere Klima entstehen längere Vegetationsperioden. Pflanzen treiben daher früher aus und entziehen dem Boden früher Feuchtigkeit, „was die Bodentrockenheit befördert“, so Haslinger.

Gleichzeitig ist auch die Sonnenscheindauer gestiegen, was den Boden umso schneller austrocknen lässt. Die meisten Sonnenstunden im Juni gab es heuer in Podersdorf (376 Sonnenstunden) sowie Andau und Neusiedl am See (jeweils 375 Sonnenstunden). Diese Werte übertreffen den bisherigen Rekord von 370 Sonnenstunden in Schwechat im Jahr 2019.

Neben meteorologischen Ursachen würden auch Änderungen in der Landnutzung eine Auswirkung auf die Verteilung von Niederschlägen in einer Region haben, so Zechmeister-Boltenstern. „Das betrifft Wald und Ackerland, aber auch Bodenversiegelung sowie Veränderungen von Gewässern, Stauseen, Meeresströmungen und künstliche Bewässerung.“

Bodenversiegelung als Hitzefaktor

Erst Anfang Juli bezeichnete der Direktor der ZAMG, Michael Staudinger, in der ORF-„Pressestunde“ die Bodenversiegelung als eine „Entwicklung, die absolut sinnlos ist“. Seit 1945 habe Österreich eine Fläche versiegelt, die dem Gebiet von Oberösterreich entspreche.

Folgen der Bodenversiegelung

ZAMG-Direktor Staudinger über die Bodenversiegelung in Österreich.

„Bodenversiegelung ist ein Riesenproblem in Österreich, das man nicht richtig angegriffen hat“, so Staudinger. Im Vergleich zu einer Grünfläche erreiche ein Parkplatz Temperaturen, die um zehn Grad Celsius höher sind. Das Wasser sickere nicht in den Boden, sondern fließe an die Oberfläche. Die Versiegelung bringe daher kleinräumige Überschwemmungen und Hitze. Diese befördert wiederum Trockenperioden.

Extremwetter verlangsamt Regeneration

Zechmeister-Boltenstern sieht die Auswirkungen der Hitzewellen und Dürreperioden in allen Bereichen. „In der Tierwelt fallen bestimmte Gruppen aus, die anderen als Nahrung dienen, deren Nachwuchs dadurch verhungert“ – zum Beispiel fliegende Insekten und Vogelarten wie Schwalben.

Aufgrund der gesteigerten Temperaturen und Trockenheit haben auch Borkenkäferbefälle in Österreich zugenommen – wenn auch mit regionalen Unterschieden. Besonders die Fichte ist davon betroffen, die rund 50 Prozent des österreichischen Waldes ausmacht. Auch Waldbrände werden durch Trockenperioden begünstigt.

„Das Bodenleben kommt während einer Dürre zum Stillstand“, so Zechmeister-Boltenstern. Die Regeneration hängt unter anderem auch von den darauffolgenden Niederschlagsmengen ab. Nach einer langen Dürre wird der Boden wasserabweisend, Regen kann nur schwer aufgenommen werden.

Besonders bei Starkregen rinnt das Wasser ab, statt zu versickern. „Ähnliches kann man auch daheim an Blumentöpfen beobachten“, erklärte die Professorin. Am besten erhole sich der Boden hingegen, wenn der Regen langsam und über einen Zeitraum von mehreren Tagen verteilt einsetze.