Innenminister Karl Nehammer und der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl
APA/Hans Punz
13-Jährige getötet

Vieles bleibt noch unklar

Nach dem mutmaßlichen Mord an einer 13-Jährigen in Wien haben am Dienstag Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl zu der Tat und dem Stand der Ermittlungen Stellung genommen. Zwei Tatverdächtige sind in Haft, weitere Mittäter wurden nicht ausgeschlossen. Das Thema Asyl und Straffälligkeit sorgt wieder für Kontroversen.

Was passiert ist, mache ihn fassungslos und betroffen, sagte Nehammer einleitend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Pürstl. Die Polizei ermittle „derzeit intensiv die Umstände“ der Tat. Es gebe mindestens zwei Tatverdächtige, 18 und 16 Jahre alt, bei ihnen handle es sich um junge Männer aus Afghanistan, die in Österreich Asylstatus genossen bzw. Asyl beantragt hätten, präzisierte Nehammer.

In einem Fall sei wegen Straftaten der subsidiäre Schutz aberkannt worden. Der junge Mann berief dagegen, der zweite Tatverdächtige habe einen Asylantrag gestellt und befinde sich in der Grundversorgung, sagte der Innenminister auf Journalistennachfrage.

Eine „Botschaft“

Nehammer sprach auch die Diskussion über Abschiebungen nach Afghanistan an. „Vorweg“ schickte er voraus, dass man, so sich die Vorwürfe bestätigten, weiter und konsequent auch nach Afghanistan abschieben werde.

Statement von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)

Der Innenminister hatte außerdem eine „Botschaft“ an all jene, die Schutz suchten und im Land bleiben wollten: Sie müssten sich an die Gesetze halten. Alle anderen würden „konsequenterweise“ in ihre Heimatländer abgeschoben.

„Nach wie vor zutiefst schockiert und betroffen von der grausamen Tat“ zeigte sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Dienstagmittag. Er kündigte eine scharfe Gangart gegen straffällig gewordene Asylwerber an – auch in diesem Fall – und er wolle diesbezüglich seine „konsequente Linie fortsetzen“: „Mit mir wird es definitiv keinen Abschiebestopp nach Afghanistan und keine Aufweichung der Asylgesetze geben.“

Mehrere Strafen

Der 18 Jahre alte Tatverdächtige war als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich gekommen. 2015 stellte er einen Asylantrag, 2016 erhielt er subsidiären Schutz. In weiterer Folge wurde er allerdings straffällig. Ab 2018 erfolgten insgesamt elf polizeiliche Anzeigen, unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels.

2018 wurde er erstmals verurteilt – zu zwei Monaten bedingter Haft. 2019 erhielt er eine weitere bedingte Haftstrafe nach dem Suchtmittelgesetz, im Vorjahr wegen räuberischen Diebstahls zehn Monate unbedingt. Der 18-Jährige wurde jedoch bereits im August vorzeitig bedingt entlassen und befand sich seither wieder auf freiem Fuß.

Aufgrund seiner Vorstrafen wurde gegen den Burschen im Juli 2019 ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkannte ihm im Oktober desselben Jahres den subsidiären Schutz ab. Es erging eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem sechsjährigen Einreiseverbot. Da der Betroffene noch minderjährig war, war aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) seine Abschiebung unzulässig.

Pürstl schildert bisherige Ermittlungsergebnisse

Wiens Polizeichef Pürstl schilderte einige Details zu Ausforschung und Festnahme der beiden Tatverdächtigen. Das 13-jährige Opfer, das am Samstag in Wien-Donaustadt tot aufgefunden worden war und aus Niederösterreich stammte, dürfte die beiden jungen Männer gekannt haben, sagte er.

Statement von Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl

In einer Wohnung seien vermutlich Drogen konsumiert worden, in weiterer Folge dann schwere Straftaten „gegen die sexuelle Integrität“ der Minderjährigen erfolgt. Gefunden wurde die Tote im Freien. Das Obduktionsergebnis samt allen vollständigen Befunden liege noch nicht vor, so Pürstl.

Neue Details nach Mord an 13-Jähriger

Nach dem mutmaßlichen Mord an einer 13-Jährigen in Wien haben am Dienstag Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl zu der Tat und dem Stand der Ermittlungen Stellung genommen. Zwei Tatverdächtige sind in Haft, weitere Mittäter wurden nicht ausgeschlossen. Das Thema Asyl und Straffälligkeit sorgt wieder für Kontroversen.

Die Polizei arbeite jedenfalls auf Hochtouren an dem Fall. Vernehmungen fänden aktuell statt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere Mittäter gebe, so der Wiener Polizeipräsident auf Anfrage einer Journalistin bei der Pressekonferenz.

Debatte über Abschiebungen nach Afghanistan

„Nachdenklich“ stimmte Nehammer die Frage eines Journalisten, ob denn eventuell nicht genug in der Betreuung von vor allem minderjährigen Asylwerbern getan werde. Aus seiner Sicht gebe es „nie eine Rechtfertigung“ für Gewalt, sagte Nehammer, egal wo jemand geboren sei. „Das gilt für alle gleich.“

Fragen der Journalisten

Das Thema hatte erst vor wenigen Tagen – nicht zum ersten Mal – für Debatten gesorgt, diesmal allerdings auch unter den Koalitionspartnern ÖVP und Grüne. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hatte sich kritisch zu Abschiebungen nach Afghanistan geäußert und sich für eine Evaluierung ausgesprochen. Die APA zitierte in weiterer Folge aus einer ihr vorliegenden Stellungnahme von Kurz und Nehammer, wonach ein Abschiebestopp in das Land „definitiv nicht“ kommen werde: „Das wird es mit uns nicht geben.“

SPÖ fordert „null Toleranz“

Die Grünen kommentierten den Fall aus frauenpolitischer Sicht. Frauensprecherin Meri Disoski forderte, dass die Debatte über die Ursachen von Männergewalt „dringend“ weitergeführt werden solle.

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner kritisierte Nehammer und forderte ebenfalls „null Toleranz“. Es gehe etwas falsch, wenn straffällige Asylwerber frei herumliefen, während Schülerinnen mitten in der Nacht abgeschoben würden, so Einwallner. Nehammer müsse seine Arbeit machen. „Hier muss null Toleranz gelten“, so der SPÖ-Sicherheitssprecher: „Wir haben Rückführungsabkommen mit Afghanistan, warum wurde hier nicht gehandelt?“

Die FPÖ forderte eine Abschiebeoffensive nach Afghanistan. Parteichef Herbert Kickl sprach einen „Zehnpunkteplan“ zur „Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber bzw. Asylberechtigte“ an. Dieser beinhaltet etwa die Forderung, alle Asylanträge auf österreichischem Boden auszusetzen, Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien durchzuführen und die Forderung nach sofortigem Abbruch des Asylverfahrens bzw. Aberkennung des Asylstatus bei straffälligen Asylwerbern.