Razzien bei kremlkritischen Journalisten in Russland

In Russland hat die Polizei die Wohnungen mehrerer Journalisten durchsucht. Betroffen ist unter anderem der Chefredakteur des unabhängigen Internetportals Projekt, Roman Badanin, wie die Redaktion heute im Nachrichtendienst Telegram mitteilte. Vizechefredakteur Michail Rubin sei festgenommen worden. Zwischenzeitlich konnte die Website von Projekt nicht aufgerufen werden.

Die zuständige Innenbehörde begründete die Durchsuchungen mit einem laufenden Strafverfahren wegen Verleumdung gegen die Journalisten. Der „Projekt“-Redaktion zufolge geht es dabei um eine kritische Recherche über einen Geschäftsmann aus St. Petersburg im Jahr 2017.

Einige Medien hingegen vermuten einen Zusammenhang mit einem erst heute veröffentlichten Enthüllungsvideo über den russischen Innenminister Wladimir Kolokolzew. Eine Projekt-Reporterin beschuldigt Kolokolzew darin der Günstlingswirtschaft und Verbindungen zu Verbrechern. Wenige Stunden nach Veröffentlichung wurde der zwölf Minuten lange Film bereits mehr als 116.000-mal aufgerufen.

Kremlkritische Medien in Russland beklagen immer wieder zunehmenden Druck. Zuletzt stuften die Behörden etwa das regierungskritische Portal Meduza als „ausländischen Agenten“ ein. Meduza beklagte, damit seien auf einen Schlag wichtige Werbepartner weggebrochen. Das Medium mit Sitz in Lettland musste Redaktionsräume schließen und die Gehälter der Mitarbeiter drastisch reduzieren.