„Ibiza“-Ausschuss: Zadic-Befragung läuft

Im „Ibiza“-U-Ausschuss wird derzeit auf Ladung der ÖVP Justizministerin Alma Zadic (Grüne) befragt. Im Fokus stehen unter anderem Streitigkeiten unter Ermittlern in der „Ibiza-Affäre“.

Die Justiz könne sich nicht in der Öffentlichkeit wehren, so Zadic einleitend, sie verwies auf den Umstand, dass es justizseitig nicht erlaubt sei, über Ermittlungsschritte zu reden. Sie sehe sich in der Pflicht, solche pauschalen Angriffe abzuwehren, so Zadic. Auch zur Vorlage von Chats und der Kritik, dass zu viele geliefert würden, nahm sie einleitend Stellung.

„Neue Situation“

Es sei auch für die Justiz eine neue Situation gewesen, dass alles vorzulegen ist. Es habe zunächst eine ungeklärte Rechtslage gegeben, doch sei alles abstrakt Relevante zu liefern. Man sei zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) gezogen, und der habe einen ganz klaren Auftrag erteilt: Alles, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zur Klärung der politischen Verantwortung beitragen könne, müsse geliefert werden. Das geschehe auch, so Zadic.

Justizministerin Alma Zadic im Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Verfahrensrichter Ronald Rohrer wollte von Zadic wissen, ob sie etwas von politischer Beeinflussung der Verfahren wisse. Sie verwies auf verschiedene Verdachtsmomente, die an sie herangetragen würden, die etwa von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die überbordende Berichtsaufträge seitens der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) kritisierte. Von politischer Beeinflussung sei ihr nichts bekannt. Auch nicht von Beamten des Ministeriums.

Wirbel über Mitschnitt von Kurz-Befragung

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker thematisierte rasch die medial aufgetauchten Tonbandprotokolle von der Einvernahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Das Onlinemagazin Zackzack.at hatte den Mitschnitt seines ersten Auftritts vor dem U-Ausschuss ins Netz gestellt. Eigentlich ist das laut Verfahrensordnung grundsätzlich verboten, Sanktionen sind allerdings nicht vorgesehen.

Christian Hafenecker (FPÖ)
ORF.at/Lukas Krummholz

Die ÖVP betreibe den Spin, dass hinter der Veröffentlichung nur die WKStA stecken könne. ÖVP-Mandatar Christian Stocker wies diese Darstellung zurück, ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sagte, es könne nicht sein, dass alles zum Akt genommen und dann öffentlich bekannt werde. Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka sagte, es habe ein Amtshilfeersuchen der WKStA ans Parlament für die Vorlage des Mitschnitts gegeben – er nehme also an, dass es in den Akt gekommen sei.

Justizakten veröffenlicht

Aufregung gab es auch anlässlich einer weiteren Veröffentlichung. Vor Zadics Befragung gelangten abermals Beweismittel aus Ermittlungen an die Öffentlichkeit, die den Zwist zwischen Korruptionsermittlern und Oberstaatsanwaltschaft dokumentieren. Der „Kurier“ hatte aus einem Dossier zitiert, das auf dem Handy des suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek gefunden worden war. Der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, hat auf 103 Seiten im Jahr 2020 angebliche dienstrechtliche Verfehlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im „Ibiza“-Verfahrenskomplex aufgelistet.

Hanger schoss sich auf Zadic ein

Die Veröffentlichung der Akten irritierte vor Beginn des Ausschusses ÖVP-Fraktionsführer Hanger. Es könne nicht sein, dass dem Ausschuss selbst die Unterlagen noch nicht vorlägen, den Medien aber schon, beschwerte er sich und schoss sich gleich auf Zadic ein.

Andreas Hangar (ÖVP)
ORF.at/Lukas Krummholz

Man wolle Zadic fragen, was sie getan habe, den Konflikt zwischen Dienst- und Fachaufsicht zu bereinigen. Staatsanwälte seien nicht unabhängig, so Hanger, die Justizministerin habe ein Weisungsrecht. So wolle die ÖVP den Begriff der Unabhängigkeit ins rechte Licht rücken, wie Hanger sagte. Ein zentraler Punkt werde bei der Befragung auch die Frage nach dem Schutz von Persönlichkeitsrechten sein.

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper will Zadic zur angekündigten Abschaffung von Berichtspflichten fragen, wie sie vorab ankündigte. Auch wolle man herausarbeiten, ob das „System Pilnacek“ trotz dessen Suspendierung noch eine Rolle spiele. Generell beklagte Krisper den Zeugenschwund, man könne alle, die abgesagt haben, einfach in der verbleibenden Zeit nicht mehr laden (es gibt nach dieser Woche nur noch einen Ersatztag am 15. Juli).

„Zeugenschutzprogramm der ÖVP“

Die SPÖ schloss daran an und sprach von einem „Zeugenschutzprogramm der ÖVP“; sehr viele Auskunftspersonen könnten nicht mehr gehört werden. Fraktionsführer Kai Jan Krainer schoss sich insbesondere auf die grüne Klubvorsitzende Sigrid Maurer ein, die bereits sehr früh das Ende des Ausschusses verkündet und damit die Absagen noch befeuert habe. Heute stünden die Attacken der ÖVP auf die WKStA im Fokus – nun würden diese in den Ausschuss getragen.

Grüne: „Dirty Campaining“ der ÖVP

Grünen-Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli verwies in ihrem Statement auf einen „funktionierenden Rechtsstaat“. Die ÖVP werden die Justiz heute weiter mit „Dirty Campaining“ attackieren, doch sei man froh, dass die Justizministerin „die schützende Hand“ über die Ermittler halte. Auch verwies sich auf den Umstand, dass kein einziger Beschuldigter der ÖVP Rechtsmittel eingelegt habe.