Xi verwahrte sich gegen ausländische Kritik: „Wir werden niemals scheinheilige Predigten von jenen akzeptieren, die glauben, sie hätten das Recht, uns zu belehren.“ In seiner mehr als einstündigen Rede rief der Parteichef auch zur Modernisierung der Streitkräfte auf. „Eine starke Nation muss eine starke Armee haben.“
Xi, der sich 2018 selbst eine Amtsführung auf Lebenszeit ermöglicht hatte, versammelte sich am Donnerstag mit der chinesischen Staatsspitze auf dem Balkon des Tiananmen-Tores über dem großen Porträt des Revolutionärs Mao Tsetung am Eingang zur „Verbotenen Stadt“. Die Szene erinnerte daran, wie der „große Steuermann“ an gleicher Stelle 1949 die Gründung der kommunistischen Volksrepublik ausgerufen hatte. Xi trug einen grauen Mao-Anzug, als er an dem Podium mit großen Mikrofonen und goldenem Hammer und Sichel sprach.
„Vollständige Wiedervereinigung“ mit Taiwan
Zentrales Thema der Rede war der Konflikt um die Insel Taiwan. Xi wandte sich gegen „Unabhängigkeitskräfte“ in dem als Teil der Volksrepublik betrachteten demokratischen Taiwan und rief zur „friedlichen Wiedervereinigung“ auf. Niemand dürfe die Entschlossenheit und Fähigkeit Chinas unterschätzen, seine Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen.
100 Jahre KPCh
China feiert den 100. Geburtstag seiner Kommunistischen Partei mit einer Massenveranstaltung in der Hauptstadt Peking.
„Die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der vollständigen Wiedervereinigung des Mutterlandes sind die unbeirrbaren historischen Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas und das gemeinsame Bestreben des gesamten chinesischen Volkes“, sagte Xi.
„Alle Söhne und Töchter Chinas einschließlich der Landsleute auf beiden Seiten der Straße von Taiwan müssen zusammenarbeiten und solidarisch vorgehen, indem sie jegliche ‚Taiwan-Unabhängigkeitspläne‘ entschlossen zerschlagen.“ Taiwans Rat für Festlandangelegenheiten sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es arbeite an einer Antwort auf Xis Äußerungen.
„Erfolg hängt von Partei ab“
Xi unterstrich die absolute Führungsrolle der Partei. „Chinas Erfolg hängt von der Partei ab.“ Ohne die Partei gebe es keine „Erneuerung“. Ungeachtet ausländischer Kritik bekräftigte er auch die Umsetzung des umstrittenen „Sicherheitsgesetzes“ für Hongkong, mit dem die Justiz in der früheren britischen Kronkolonie und heutigen chinesischen Sonderverwaltungsregion gegen die Demokratiebewegung vorgeht.
Das Jubiläum der Partei wird überschattet von ausländischer Kritik an Chinas hartem Kurs in Hongkong, Menschenrechtsverstößen unter anderem gegen muslimische Minderheiten wie die Uiguren, unfairen Handelspraktiken, der strikten Überwachung der Bevölkerung, Machtausbau durch Investition im Ausland, militärischen Muskelspielen und in Territorialstreitigkeiten unter anderem im Südchinesischen Meer. Die aufstrebende zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt wird von anderen Ländern vielfach als Rivale oder auch Bedrohung wahrgenommen.
Orchestriertes Spektakel
Bei der sorgfältig orchestrierten Festveranstaltung spielte eine Militärkapelle revolutionäre Lieder wie „Sozialismus ist gut“ und „Ohne die Kommunistische Partei gäbe es keine neues China“, die Chöre und die Massen auf dem Platz sangen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Vertreter des Militärs und der Minderheiten, schwenkten rote Nationalfähnchen. Der Platz war von 100 großen Nationalflaggen gesäumt.
Eine Formation von Militärhubschraubern bildete die Zahl „100“ am Himmel und flog mit herabhängenden Fahnen, auf denen unter anderem „Lang lebe die Kommunistische Partei“ stand. Geschwader des modernen chinesischen Überschallkampfjets J-20 sowie andere Flugzeuge, die blaue, gelbe und rote Farbstreifen hinter sich herzogen, flogen ebenfalls am wolkenbedeckten Himmel über den Platz.
56 Kanonen, die die Zahl der ethnischen Gruppen in China repräsentieren sollten, feuerten 100 Salutschüsse, während eine Ehrengarde aller drei Waffengattungen vom Monument der Helden im Zentrum des Platzes zum Teil im Stechschritt aufmarschierte. Da China das Coronavirus schon lange im Griff hat, gab es bei der Massenveranstaltung keine Abstandsregeln.
Keine Protestmärsche in Hongkong
Während in Peking die Partei ihr Jubiläum feierte, beging Hongkong am Donnerstag den 24. Jahrestag der Rückgabe von Großbritannien an China am 1. Juli 1997. Auch jährte sich erstmals das Inkrafttreten des „Sicherheitsgesetzes“, das die chinesische Führung als Reaktion auf die anhaltenden Demonstrationen in Hongkong für mehr Demokratie und Unabhängigkeit erlassen hatte.
Am Jahrestag in Hongkong, an dem es früher häufig Protestmärsche gegen Peking gegeben hatte, sind im zweiten Jahr in Folge keine Demonstrationen erlaubt. Als Grund wurde die Pandemie genannt. Doch sahen Kritiker einen Vorwand, da sich die Infektionslage entspannt hat. Organisatoren hatten auch Abstandsregeln umsetzen wollen.