„Ibiza“-U-Ausschuss berichtet über Anzeige gegen Kurz

Der offiziell vorletzte Termin des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses hat heute mit der Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begonnen. Der ÖVP-Chef ist bereits zum zweiten Mal geladen. Da Ermittlungen wegen Verdachts auf Falschaussage gegen ihn laufen, wird mit einem Entschlagungsreigen gerechnet.

Sebastian Kurz (ÖVP)
ORF.at/Lukas Krummholz

Kurz sagte vor der Befragung, dass er einen „demokratischen Diskurs“ für wichtig halte. Dieser sollte aber respektvoll sein. „Wenn es einen Ort gibt, in dem es nicht respektvoll zugeht, dann ist es dieser U-Ausschuss“, so der Bundeskanzler, der als Teil der Exekutive vom U-Ausschuss kontrolliert wird.

Er plädierte für eine Reform der Befragung. Sie sollte von „Profis“, von Richtern und Richterinnen, durchgeführt werden, damit die „Wahrheit im Mittelpunkt“ stehe. Kurz wird im U-Ausschuss zu den Vorgängen in der ÖVP-FPÖ-Regierung befragt – insbesondere Postenschacher.

Neue Anzeige gegen Kurz

Laut Kai Jan Krainer (SPÖ) wurde im Vorfeld der Befragung erneut eine Anzeige gegen Kurz eingebracht. Der SPÖ-Politiker sprach von einem „Gerücht“, das im Umlauf sei. Er gehe davon aus, dass man das noch klären werde. Konkret soll es um Chats mit Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid über „Druck auf die katholische Kirche“ gehen.

Krainer suggerierte, dass die Anzeige aus dem Umfeld der ÖVP stamme, damit sich Kurz entschlagen könne. Dass sich der Kanzler wegen der laufenden Ermittlungen ohnehin entschlagen könne, glaubt der Abgeordnete nicht. Denn Entschlagungen wegen Aussagedelikten würde nicht von der Verfahrensordnung gedeckt. Trotzdem war das schon bei vorangegangenen Befragungen der Fall.

Auch ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger berichtete über eine anonyme Anzeige, von der man erst jetzt erfahren habe. „Ich dachte nicht, dass man noch tiefer fallen kann“, sagte Hanger in Richtung Krainer. Die Anzeige komme nicht von der ÖVP und habe „null Substrat“. „Wir sehen der Befragung gelassen entgegen, wir haben überhaupt keine Erwartungen“, so der ÖVP-Politiker.

FPÖ übt Kritik wegen Vertrauensperson

Der Aussage von Hanger, es gebe keine Erkenntnisse aus dem U-Ausschuss, widersprach FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker. Es sei schon sehr viel offengelegt worden, so der FPÖ-Politiker. Er kritisierte überdies, dass Kurz ÖVP-Anwalt Werner Suppan als Vertrauensperson mitbringt. Dieser ist nämlich auch Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs und komme in den Akten vor. Er steht auch auf der Ladungsliste, ein Termin steht aber aus.

Zuletzt war Suppan auch die Vertrauensperson von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Es kam zu einer langen Debatte, ob Suppan überhaupt an der Befragung teilnehmen darf. Die Opposition blieb mit einem Ausschluss der Vertrauensperson in der Minderheit. In der Vergangenheit wurden Vertrauenspersonen ausgeschlossen, weil die Möglichkeit besteht, dass sie geladen werden.

Grüne hoffen, NEOS erinnert an erste Befragung

Nina Tomaselli (Grüne) zeigte sich froh, dass es nicht der letzte Befragungstag ist. Sie hoffe auf einen „fruchtbaren“ Ausschusstag und wünsche sich, dass es keine Entschlagungsorgie geben werde. Zudem dürfe keine Ausrede von Kurz kommen, dass er noch nicht einvernommen wurde. Der Kanzler habe ja versprochen, zur Aufklärung beizutragen, so Tomaselli.

NEOS-Fraktionschefin Stefanie Krisper erinnerte vor der Befragung an die erste Ladung von Kurz. Da habe er nicht die Wahrheit gesagt, so Krisper. Zudem seien erst nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Unterlagen aus dem Bundeskanzleramt gekommen. Kalender seien gelöscht bzw. vernichtet worden, dieses Vorgehen sei unseriös gewesen, sagte die NEOS-Politikerin.

Man wisse dank der Chats aus dem Handy von Schmid heute mehr, so Krisper. Es sei klar, dass Kurz „mittendrin“ war, etwa bei Postenvergaben an die „türkise Familie“. Zudem werde die Justiz behindert, wenn gegen die ermittelt werde.