Britney Spears
Reuters/Mario Anzuoni
Spears-Vormundschaft

Überraschung nach Gerichtsurteil

Einen Tag nachdem Britney Spears’ Antrag auf Aufhebung der Vormundschaft durch ihren Vater vor einem Gericht in Los Angeles abgelehnt wurde, geht der Streit in die nächste Runde. Die Treuhandgesellschaft Bessemer Trust, die 2020 als zusätzlicher Vormund bestimmt wurde, zieht sich zurück. Spears’ emotionales Plädoyer vor Gericht vergangene Woche sei der Auslöser für die Entscheidung gewesen, hieß es laut Medienberichten. Für Spears könnte diese Entscheidung zum Bumerang werden.

Spears hatte per Videoschaltung in den Gerichtssaal von „missbräuchlicher“ Vormundschaft durch ihren Vater berichtet. Ihr Anwalt hatte gefordert, den Bessemer Trust zum alleinigen Vormund zu bestellen, um sie aus der Abhängigkeit von ihrem Vater zu befreien. Das Unternehmen beantragte am Donnerstag den Rückzug. Man habe sich bisher darauf verlassen, dass Spears freiwillig bevormundet werde und alle Parteien mit dem Arrangement einverstanden seien. Nach Spears’ Appell habe man beschlossen, ihren Wunsch zu respektieren.

Ein nächster Gerichtstermin ist für 14. Juli anberaumt. Medienberichten zufolge ist es unklar, wie das Gericht entscheiden wird. Es sei durchaus möglich, dass nun – gegen den ausdrücklichen Willen der Sängerin – erst recht wieder ihr Vater die alleinige Macht über das auf 60 Millionen Dollar geschätzte Vermögen erlangen könnte, so die „New York Times“.

#FreeBritney Aktivsten vor dem Gerichtsgebäude
APA/AFP/Getty Images/Rich Fury
„#FreeBritney“: Unterstützung für Britney Spears kommt von ihren Fans

Seit 13 Jahren entmündigt

Genau diesen Zustand versucht Spears seit geraumer Zeit zu ändern. Sie war im Februar 2008 nach einem Eilantrag ihrer Eltern entmündigt worden, nachdem sie in einer länger andauernden psychischen Krisenphase kurzzeitig zwangseingewiesen worden war. Ihr Vater wurde von einem Gericht als Vormund eingesetzt und verwaltet seither auch ihr großes Vermögen.

Solche Konservatorien, die in erster Linie als letztes Mittel für ältere Menschen mit Demenz oder schwerer Krankheit eingesetzt werden, können nur schwer rückgängig gemacht werden. Die Karriere der zweifachen Mutter verlief seit Beginn der Vormundschaft noch höchst erfolgreich, sie hatte mehrere Hits, war Jurorin bei „American Idol“, bekam eine eigene Show in Las Vegas. Ihre letzte große Tournee absolvierte sie 2018.

Langer Rechtsstreit

2019 verkündete sie schließlich eine unbegrenzte Karrierepause. Im Sommer des vergangenen Jahres beantragte Spears vor Gericht, ihren Vater aus der Rolle des Vormundes zu entlassen und durch einen anderen Vormund zu ersetzen. Das wurde im November abgelehnt. Die Vormundschaft wurde gerichtlich bestätigt, die Richterin benannte aber auf Antrag der Musikerin den Bessema Trust als zweiten Vormund.

Einwände von Jamie Spears gegen die Teilung der Vormundschaft wurden im Februar abgewiesen. Spears hatte in dem Rechtsstreit darauf beharrt, selbst vor Gericht aufzutreten. Nach Angaben ihres Anwalts fürchtet sich die 39-Jährige vor ihrem Vater. Auch ihre Unterstützer sind der Auffassung, Spears befinde sich in einer Zwangslage. Ihr Anwalt teilte weiters mit, seine Klientin werde „nicht mehr auftreten, solange ihr Vater die Verantwortung für ihre Karriere hat“.

Jamie Spears
AP/Nick Ut
Britney Spears’ Vater Jamie Spears

Schwere Vorwürfe

In der Anhörung vergangene Woche erhob Spears schwere Vorwürfe und äußerte den Wunsch, ihre Familie zu klagen. Sie wolle ohne weitere medizinische Untersuchung von der Vormundschaft entbunden werden. Sie sei „keine Sklavin“. In ihrer aktuellen Situation habe sie keine Privatsphäre, werde daran gehindert, ihren Lebenspartner und ihre zwei Kinder zu sehen. Sie wolle zudem heiraten und noch ein Kind bekommen, allerdings verhindere das die Vormundschaft. Sie könne nicht frei über ihre Verhütung entscheiden.

Auch die Therapiestunden absolviere sie nicht freiwillig, zudem sei sie zeitweise unter schwere Psychopharmaka gesetzt worden. „Meine Familie hat nichts dagegen getan“, so Spears. Ihr Vater habe alles entschieden. Sie sei jahrelang zur Arbeit gezwungen worden, habe aber weder Reisepass noch Geld noch eine Kreditkarte besessen.

Spears bat die Richterin darum, ihre Vorwürfe ernst zu nehmen. Sie wolle nun ihre Geschichte mit der Welt teilen und ihre Stimme nutzen. Spears sprach sich allgemein für ein Ende der Vormundschaft aus. Es gebe „Tausende“ Fälle, wo das Instrument missbräuchlich verwendet werde. „Die Gesetze müssen sich ändern.“ Die Richterin dankte Spears anschließend für deren Offenheit, entschied dann diese Woche aber zu Gunsten ihres Vaters.

Dokus nahmen Fall unter die Lupe

In den vergangenen Monaten hatten mehrere Dokus Spears’ Schicksal unter die Lupe genommen, die Popsängerin ist deswegen wieder verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Breitenwirkung entfaltete vor allem die „New York Times“-Doku „Framing Britney“, die sich mit der Vormundschaft, aber auch mit übergriffigem „Celebrity-Kult“ und toxischer Berichterstattung beschäftigte.

Die Dokus nehmen auch die „#FreeBritney“-„Bewegung“ in den Blick – eine Gruppe von leidenschaftlichen Fans, die Spears von ihren rechtlichen Verstrickungen „befreien“ will und jedes Instagram-Posting der Sängerin auf versteckte Hilferufe analysiert. Spears selbst richtete an Dokumentationen über ihr Leben Kritik: „Diese Dokumentationen sind so heuchlerisch … Sie kritisieren die Medien und tun dann dasselbe“, so Spears im Mai auf Instagram.