Sänger und Entertainer Bill Ramsey
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1931–2021

Bill Ramsey ist tot

Der amerikanische Sänger und Schauspieler Bill Ramsey ist tot. Er starb bereits am Freitag in Hamburg im Alter von 90 Jahren, wie seine Familie der dpa am Montag mitteilte. Mit lustigen Schlagern wie „Pigalle“, „Souvenirs“ und „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ wurde der Deutschamerikaner berühmt, doch schlug sein Herz vor allem für Jazz, Swing und Blues.

Als junger US-amerikanischer Rekrut wurde Ramsey 1952 nach Deutschland geschickt. Dort entdeckte der Soldatensender AFN den jungen Mann mit seiner tönenden Baritonstimme in Jazzlokalen. Schließlich wurde er Chefproduzent bei AFN, ein paar Jahre später eroberte er die deutsche Musikindustrie.

Ramsey war der US-deutsche Star der Wirtschaftswunderzeit und darüber hinaus. Nach den schlagerbehafteten 50er und 60er Jahren folgten im höheren Alter dann Jazz- und Bluesstücke. 2019 lief zuletzt seine Radiosendung „Swingtime“, die er über 30 Jahre im Hessischen Rundfunk moderierte. Seinen amerikanischen Akzent legte der Künstler auch im hohen Alter nicht ab. Richtig empören konnte er sich, wenn ihm unterstellt wurde, er kultiviere seinen Staatenakzent: „Es ärgert mich maßlos, wenn die Leute das sagen. Ich würde gern perfekt Deutsch sprechen, aber ich kann es einfach nicht“, sagte der Musiker, der seit Mitte der 1980er Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft hatte, einmal dem „Stern“.

Sänger und Entertainer Bill Ramsey
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Schlagerparty und Jazzkeller – Ramsey schaffte beides

Gesundheitsbedingt musste Ramsey sich bereits vor einigen Jahren aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Im Juli 2018 fand sein letztes Konzert in Darmstadt statt. Kurz danach machte der seit Langem mit seiner vierten Frau Petra in Hamburg lebende Ramsey eine Parkinson-Erkrankung öffentlich. Seine Ehefrau war auch seine Managerin.

„Wer dich nur hört, denkt, du bist schwarz“

Geboren wurde Ramsey am 17. April 1931 in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio. Seine Mutter war Lehrerin, der Vater machte Öffentlichkeitsarbeit für einen US-Konzern. Das führte auch dazu, dass der kleine Bill bereits mit acht Jahren für Backfett Werbung machte. Mit der Musik kam Ramsey in seiner damals vor allem für Bluesproduktionen bekannten Heimatstadt wie von selbst in Berührung. Als die Jazzlegende Ella Fitzgerald ihn singen hörte, habe sie die Augen geschlossen, erzählte Ramsey später gern. „Wer dich nur hört, denkt, du bist schwarz“, habe sie ihm dann gesagt.

Im Frankfurter Jazzkeller begegnete er 1954 Heinz Gietz, einem führenden deutschen Musikkomponisten und Produzenten. Gietz brachte Ramsey zunächst beim Film unter, wo er in mehr als 20 Streifen mitspielte. 1957 dann fragte Gietz Ramsey, ob er eine Platte machen wolle. Bei der Frage „Willst du Rock ’n’ Roll oder lieber was Lustiges singen?“ entschied sich Ramsey für das Lustige.

Damals schien niemand zu verstehen, dass die von vielen als albern wahrgenommenen Ramsey-Hits bewusst kabarettistisch angelegt waren. „Die Lieder waren ein Spiegelbild der Wirtschaftswunderzeit“, sagte er einst in einem Interview. Das „Pigalle“ habe sich auf die deutschen Kegelclubs bezogen, die nach Paris reisten. Sein erstes Nummer-eins-Lied „Souvenirs“ persiflierte die ersten deutschen Urlauberinnen und Urlauber, die nach Italien reisen konnten und mit Taschen voller Andenken zurückkehrten. Ein Ohrwurm war so gut wie jeder seiner Hits: „Wumba-Tumba Schokoladeneisverkäufer“, die „Zuckerpuppe (aus der Bauchtanztruppe)“ und unzählige weitere.

Zwischen Schlager und Jazz

So plötzlich der Schlagererfolg da war, so schnell ebbte er aber auch wieder ab. Schon wenige Jahre nach seinen Hits formulierte Ramsey den Wunsch, „endlich einmal ohne Grimassen akzeptiert“ zu werden. Mit Paul Kuhn am Piano produzierte er eine Bluesplatte. Für Ramsey wurde diese Produktion Mitte der 60er Jahre zu einer Wegscheide: Von da an nahm er keine Schlager, sondern fast ausschließlich Lieder in seiner Muttersprache Englisch auf und produzierte fast nur noch Jazz und Blues. Aber gleichzeitig schloss er nie endgültig mit der lukrativeren leichten Unterhaltung ab.

Ramsey wurde mit seinen alten Hits Dauergast in Fernsehsendungen. Er moderierte zudem selbst Fernsehshows, etwa „Das waren Hits“ für das ZDF oder den als Vorläufer heutiger Castingformate geltenden ARD-„Talentschuppen“. 1984 nahm Ramsey die deutsche Staatsbürgerschaft an. Im vergangenen Jahr erhielt er das Verdienstkreuz am Bande. Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda (SPD) fasste dabei Ramseys Merkmale pointiert zusammen. Er sei eine „weltoffene Persönlichkeit, gepaart mit einer positiven Lebenseinstellung und gekrönt von meisterlicher vokaler Souveränität“.

Seine Fans feierten Ramsey wegen seiner unverkennbaren, bluesigen Stimme, die im Laufe der Jahrzehnte kaum an Soul und Energie eingebüßt hatte. Genussvoll schloss er die Augen, wippte mit seinem Knie im Takt, fühlte den Groove und beschwor den Geist der Musik aus verrauchten Jazzkellern in New Orleans oder Chicago herauf.