Abgeordnete im Nationalrat
ORF.at/Carina Kainz
Über 30 Gesetzesvorhaben

Sommer-Kehraus im Nationalrat

Der Nationalrat tritt Mittwoch und Donnerstag zu den letzten Sitzungen vor der Sommerpause zusammen. Wie immer bei diesem Anlass mit dichtem Programm: Gut 30 Gesetzesvorhaben stehen auf der Tagesordnung, im Fokus stehen der Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) und ein Anti-Terror-Paket. Dazu kommen Oppositions- und Entschließungsanträge. Für Aufregung sorgten im Vorfeld die positiven CoV-Fälle aus dem „Ibiza“-U-Ausschuss.

Die Sitzung am Mittwoch beginnt mit einer Aktuellen Stunde, in der die SPÖ darüber diskutieren will, wer die Kosten der Pandemie zahlt. Auch Minister sollen den Mandatarinnen und Mandataren Rede und Antwort stehen. Eine Fragestunde wird am zweiten Plenartag Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu bestreiten haben, die FPÖ wollte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zur neu aufgeflammten Asyldebatte zu einer „Dringlichen“ zitieren.

Thematisch steht der Beschluss zum EAG im Fokus: Dieses Gesetz legt die Rahmenbedingungen für den Ökostromausbau in den nächsten zehn Jahren fest. Am Dienstagabend gab Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bekannt, dass die für das Gesetz notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert sei. Damit diese zustande kommen kann, waren noch einige Änderungen gegenüber dem vom Ministerrat Mitte März beschlossenen Entwurf notwendig.

Anti-Terror-Paket wird beschlossen

Auch steht am Mittwoch der Beschluss eines weiteren Teils des Anti-Terror-Pakets als Reaktion auf den Anschlag in der Wiener Innenstadt vom vergangenen November im Fokus, der unter anderem einen Straftatbestand für religiös motivierte Verbrechen und eine Intensivierung der gerichtlichen Überwachung terroristischer Straftäter während des Vollzugs und nach der bedingten Entlassung vorsieht. Beschlossen wird wohl auch ein neues Islamgesetz – mehr dazu in religion.ORF.at.

Auch wird die Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) abgeschlossen. Zentral ist dabei die Trennung zwischen Nachrichtendienst und staatspolizeilichen Aufgaben. Den bisherigen Landesämtern soll künftig ausschließlich die Aufgabe des Staatsschutzes zukommen. Das bisherige BVT soll den Namen „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“ tragen. Die „Meldestelle Extremismus und Terrorismus“ wird gesetzlich verankert.

„Raser-Paket“ kommt

Ein Prestigeprojekt von Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist das „Raser-Paket“. Dieses erhöht die Entziehungszeit der Lenkberechtigung bei Schnellfahren deutlich. Zudem wird der Beobachtungszeitraum danach verlängert. Neben den Maßnahmen zum Führerscheinentzug sollen Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 80 km/h innerorts und 90 km/h außerorts jedenfalls als „unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen“ definiert werden.

Radarfalle in Wien
ORF.at/Dominique Hammer
Rasen wird folgenschwerer

Kein thematisches Auskommen ohne Pandemie

Ganz ohne Pandemie – abgesehen von den Querelen rund um die zuletzt gestiegene Anzahl an CoV-Fällen im „Ibiza“-U-Ausschuss – kommt man in der Plenarwoche thematisch nicht aus. So wird finanzielle Vorsorge für den Erwerb von 42 Mio. weiterer Impfdosen in den kommenden beiden Jahren getroffen. Gesamt werden fast 842 Mio. Euro reserviert.

Beraten werden auch die Ergebnisse des „kleinen U-Ausschusses“ zu den CoV-Beschaffungen. Dahinter verbergen sich etwa das politische Management zum Ankauf von Impfdosen oder die Produktion von Masken – Stichwort Hygiene Austria. Die Opposition hatte die Regierung ja zuletzt umfassend und in aller Schärfe kritisiert.

SPÖ beantragt wieder U-Ausschuss-Verlängerung

Apropos U-Ausschuss: Die SPÖ will einen neuen Anlauf für die Verlängerung des U-Ausschusses starten. SPÖ und auch NEOS hoffen auf eine „Meinungsänderung“ und damit eine Zustimmung der Grünen – eine Zustimmung, die die Regierungspartei in der Frage zuletzt nicht erteilte. Grundsätzlich stünde man aber auch einer Neueinsetzung im Herbst offen gegenüber, sollte es nicht zu einer Verlängerung kommen, hieß es von NEOS.

Geld gegen Delogierungen

Die Koalition wiederum bemüht sich, mit einem neuen Gesetz Delogierungen zu verhindern. 24 Millionen stehen bereit, um Menschen, die mit ihren Mietzahlungen pandemiebedingt in Rückstand geraten sind, zu beraten und gegebenenfalls Mietrückstände samt angefallener Nebenkosten wie etwa Gerichtskosten zu übernehmen. Die genauen Richtlinien werden von Sozial- und Finanzminister festgelegt.

Getan wird auch etwas bei Pleiten im Zusammenhang mit der Pandemie. So soll unter anderem eine Verkürzung der Entschuldungsfrist bei Insolvenzen von fünf auf drei Jahre ermöglicht werden – pandemiebedingt nicht nur für Unternehmen, sondern für die kommenden fünf Jahre befristet auch für Verbraucher. Vor allem bei der Gewerkschaft umstritten ist eine Aufweichung der Regeln beim Lohn- und Sozialdumping. Das Kumulationsprinzip bei Verwaltungsstrafen wird nämlich abgeschafft.

Auch die SPÖ will im Sozialbereich aktiv werden. Die Initiativen gehen von einem Pensionspaket über eine Erhöhung des Arbeitslosengelds bis zu einer Senkung der Steuern für kleinere und mittlere Einkommen und eine Solidarabgabe für Reiche und Onlinekonzerne, die von der Pandemie profitiert hätten.

FPÖ will im Asylbereich „Taten setzen“

Die Freiheitlichen wollen wiederum im Asylbereich „Taten setzen“, wie FPÖ-Chef Herbert Kickl es im Vorfeld ausdrückte, und nicht nur Nehammer befragen, sondern auch „legistische Weichenstellungen auf den Weg bringen“. Konkret will Kickl seinen bereits vorgestellten Zehnpunkteplan einbringen und zeigt sich gespannt, ob auch andere Parteien diesen unterstützen werden.

Konkret will die FPÖ Asylanträge auf österreichischem Boden aussetzen und den „Asylstandort“ weniger „attraktiv“ machen, etwa durch die abermalige Umbenennung von Erstaufnahmezentren in „Ausreisezentren“ – wie Kickl das bereits in seiner Zeit als Innenminister gemacht hat. Zudem fordert er von der Regierung ein „klares Bekenntnis“ zu Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien und eine „Abschiebungsoffensive“ insbesondere in diese beiden Staaten.