Ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Gerichtssaal
Reuters/Lisi Niesner
Korruptionsprozess

Strache bekennt sich nicht schuldig

Der über das „Ibiza-Video“ zu Fall gekommene frühere FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache ist am Dienstag am Wiener Landesgericht für Strafsachen vor Gericht gestanden. Im Zentrum des Prozesses steht ein von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermuteter Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing. Strache bekannte sich – wie auch Klinikbetreiber Walter Grubmüller – nicht schuldig.

Strache wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Der Ex-FPÖ-Obmann gab in seiner Einvernahme an, er sei mit Grubmüller „freundschaftlich verbunden“. Er habe diesen 2016, „und nicht 2018“ auf Korfu getroffen, Grubmüller habe ihn immer wieder darauf angesprochen, dass er mit seiner Privatklinik Währing benachteiligt und nicht in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) aufgenommen werde. Strache soll laut Anklage während der türkis-blauen Regierung dafür gesorgt haben. Das hatte zur Folge, dass die Einrichtung Leistungen direkt mit den Sozialversicherungen verrechnen konnte.

Als Gegenleistung für die Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) und des PRIKRAF-Gesetzes soll Grubmüller der Bundes-FPÖ am 29. August 2017 eine Spende von 10.000 Euro überwiesen und Strache und dessen Ehefrau Ende April/Anfang Mai 2018 übers Wochenende auf Korfu eingeladen und die Kosten für Unterkunft sowie die An- und Abreise mit einem Privatjet übernommen haben. Straches Anwalt Johann Pauer erklärte, es habe sich dabei nur um den Rückflug gehandelt, auch habe sich Strache an den Kosten beteiligt.

Ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Klinik-Betreiber Walter Grubmüller im Gerichtssaal
APA/Herbert Neubauer
Grubmüller (rechts) und Strache sind befreundet

Der ehemaligen Glücksspielmanager und Rennfahrer Grubmüller bezeichnete indes sein Verhältnis zu Strache vor Richterin Claudia Moravec-Loidolt als „sehr freundschaftlich. Andererseits war er distanziert.“ Strache habe ihn unter Anspielung auf seine jahrzehntelange SPÖ-Mitgliedschaft „den Roten“ genannt: „Ich weiß nicht, wie sehr er mir vertraut hat.“ Strache umgekehrt über Grubmüller: „Freundschaft habe ich mir erwartet. Und nichts anderes.“

FPÖ brachte Antrag auf Gesetzesänderung ein

Der FPÖ-Klubmitarbeiter Fritz Simhandl verfasste im Juni 2017 – damals war man noch Oppositionspartei – den Initiativantrag zur entsprechenden Gesetzesänderung im Parlament. Das hätten „die Zuständigen im Ausschuss“ gemacht, sagte Strache, die Presseabteilung sei vermutlich auch beteiligt gewesen. Er habe diesen Antrag „nicht beauftragt“, betonte er. Die Abgeordneten hätten das selbstständig entschieden: „Wenn ich den Initiativantrag initiiert hätte, hätte ich das unterschrieben.“

Auffällig aber war damals, dass Simahndl sich des Wortlauts bediente, den im Vorfeld Grubmüller der FPÖ übermittelt hatte. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch zufolge soll der Antrag einem Wunsch „von oben“ entsprechend gekommen sein, hatte sie im Ermittlungsverfahren gesagt.

Der Gesetzestext soll laut Anklage zustande gekommen sein, nachdem Strache beim Klinikchef angefragt hatte, welches Bundesgesetz für diesen „wichtig“ wäre, „damit die Schönheitsklinik endlich fair behandelt wird?“ In diesem Kontext – so belegen es jedenfalls sichergestellte Chats – regte Strache bei Grubmüller eine „genaue Gesetzesänderung, damit ihr zu euren Genehmigungen kommt“, an.

Oberstaatsanwältin: „Schwerwiegende Straftat“

Oberstaatsanwältin Silvia Thaller sprach zuvor in ihrem Eröffnungsplädoyer von einer „schwerwiegenden Straftat“. Es handle sich „um kein Kavaliersdelikt, keine zu vernachlässigende Form von Freunderlwirtschaft“. Aus sichergestellten Chats, Zeugenaussagen und weiteren Ermittlungsergebnissen sei „klar ableitbar“, dass eine Spende an die FPÖ „nicht aus altruistischen Motiven, sondern in Verbindung mit Amtsgeschäften von Heinz-Christian Strache“ ergangen sei.

Medienvertreter vor Prozessbeginn im großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht Wien
APA/Herbert Neubauer
Der Prozessauftakt wurde von regem Medieninteresse begleitet

Thaller ortete im Zusammenhang mit der Parteispende „strafbare Korruption“, Straches Verhalten sei „strafrechtlich verpönt“ gewesen. Es sei ihm „um geldwerte Vorteile für sich, seine Ehefrau und die Partei“ gegangen, Strache habe „die vom Strafrecht gezogenen Grenzen überschritten“. Mitangeklagt ist der Betreiber der Klinik, Grubmüller, dem Bestechung angekreidet wird.

„Ist er bestechlich? Nein, definitiv nicht“

Straches Anwalt Pauer verwies zu Beginn seines Eröffnungsstatements auf die im „Ibiza-Video“ festgehaltene Aussagen seines Mandanten, wonach alles legal sein müsse, er immer korrekt vorgehe und Strache auch gesagt habe, er mache grundsätzlich nichts Rechtswidriges. „Warum sollte so jemand plötzlich etwas Unkorrektes tun?“, fragte Pauer. „Die einzige Frage, die wesentlich ist: Ist er bestechlich? Nein, definitiv nicht.“ Strache habe sich auf Ibiza „zweifellos katastrophal verhalten“, sei aber „definitiv nicht bestechlich“.

Zum Vorwurf der Spende sagte Pauer, Grubmüller sei seit 40 Jahren SPÖ-Mitglied und habe sich dann der FPÖ zugewandt, „weil er nicht mehr mit der SPÖ zufrieden war“. Die Spende über 10.000 Euro habe auch nichts mit dem Initiativantrag des FPÖ-Parlamentsklubs, mit dem das ASVG und das PRIKRAF geändert werden sollten, zu tun gehabt.

Pauer: Es ging nicht nur um Privatklinik Währing

Strache habe sich vielmehr gegen Missstände eingesetzt. So verwies Pauer auf Aussagen seines Mandanten aus dem Frühjahr 2017, bei dem er im Zusammenhang mit dem PRIKRAF von einem Sumpf im Umfeld der ÖVP gesprochen habe. Und im Initiativantrag selbst sei es nicht um die Privatklinik Währing – ein 22-Betten-Haus – gegangen, sondern darum, dass jede Privatkrankenanstalt über den PRIKRAF abrechnen kann.

Ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Gerichtssaal
AP/Lisa Leutner
Strache wird Bestechlichkeit vorgeworfen

Ein Einsatz sei aus politischer Überzeugung geschehen, so Straches Anwalt. Auch Grubmüllers Verteidiger sagte zuvor, dieser habe sich „für alle Privatkliniken“ und nicht nur für die Privatklinik Währing um die Aufnahme in den PRIKRAF bemüht. Grubmüller brachte dahingehend sogar eine Klage ein und ging bis zum Verfassungsgerichtshof (VfGH).

„Kernthema“ der FPÖ

In weiterer Folge sei entschieden worden, so Strache in seiner Einvernahme, dass das Aufgreifen dieses „Missstandes“ als „Kernthema“ zur FPÖ passe. Es habe Pressekonferenzen und Presseaussendungen zu diesem Thema gegeben. Ein Initiativantrag mit einem Gesetzesvorschlag der FPÖ, der Privatkliniken in den PRIKRAF aufnehmen sollte, sei „die logische Fortsetzung“ dessen gewesen.

Er, Strache, habe sich schließlich nach Einholung von Expertisen von Juristen aus der FPÖ davon überzeugt, dass tatsächlich „ein Missstand“ und „eine Ungleichbehandlung“ vorgelegen sei. Ein „Netzwerk“ habe „ganz bewusst mit Mechanismen Konkurrenz“ fernhalten wollen, „Uniqa-Kliniken“ bzw. Kliniken des Raiffeisen-Verbandes hätten „jegliche Konkurrenz“ unterbunden.

Grubmüller: „Absichtlich 10.000 Euro überwiesen“

Zur Parteispende merkte Grubmüllers Verteidiger an, sein Mandant habe die 10.000 Euro „nicht heimlich“, sondern „spontan“ an die FPÖ als „Wahlkampfhilfe“ gespendet. Einen Bezug zum PRIKRAF habe es dabei nicht gegeben: „Er wollte kein Gesetz kaufen.“ Motiv für die Spende sei Enttäuschung über andere Parteien gewesen, während die FPÖ „eine kritische Haltung zur Kammer“ an den Tag gelegt habe, was Grubmüller honoriert habe.

Prozess gegen Strache gestartet

Ex-FPÖ-Chef Strache musste sich am Dienstag erstmals vor Gericht verantworten. Es geht um Bestechlichkeit und Korruption. Strache soll für eine Geldspende auf ein Gesetz zugunsten eines Freundes Einfluss genommen haben.

Grubmüller selbst betonte in seiner Einvernahme, er habe der FPÖ „absichtlich 10.000 Euro überwiesen. Ich wollte, dass es an den Rechnungshof geht. Weil mir die Linie der Freiheitlichen Partei bei der Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern gefallen hat.“ Eine andere Intention habe er nicht gehabt. „Andere“ hätten von ihm Geld verlangt, diese könne er nicht nennen, „sonst kann ich mir eine Wohnung neben dem Gericht nehmen“, deutete Grubmüller an, dass er in dem Fall wohl geklagt würde. Strache habe nie eine Parteispende verlangt.