Kraftwerk Unzmarkt-Frauenburg
ORF.at/Christian Öser
SPÖ stimmt mit

Mehrheit für Ökostromgesetz neu steht

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das die Rahmenbedingungen für den Ökostromausbau in den nächsten zehn Jahren festlegt, kann am 7. Juli im Nationalrat beschlossen werden. Die Einigung mit der SPÖ, deren Zustimmung für die Zweidrittelmehrheit nötig ist, kam praktisch in letzter Minute zustande.

Damit wird ein wichtiges Vorhaben vor allem des grünen Koalitionspartners, mit dem der Ausbau von Ökostrom vorangetrieben werden soll, Realität. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab Dienstagnachmittag die Einigung mit der SPÖ bekannt. Damit die nötige Mehrheit – konkret die Zustimmung auch der SPÖ – zustande kommen kann, waren noch einige Änderungen gegenüber dem vom Ministerrat Mitte März beschlossenen Entwurf notwendig.

So soll es nicht nur eine Befreiung von allen Ökostromabgaben für einkommensschwache Haushalte geben, die von der GIS befreit sind, es sollen auch für andere Haushalte mit niedrigem Einkommen die Abgaben mit 75 Euro pro Jahr gedeckelt werden. Insgesamt sollen rund 550.000 Haushalte gar keine oder geringere Ökostromabgaben bezahlen.

Tanja Graf (ÖVP), Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP), Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), Alois Schroll (SPÖ) und Lukas Hammer (Grüne)
APA/Michael Gruber
Gewessler (Mitte) präsentierte die Einigung mit Tanja Graf, Staatssekretär Magnus Brunner (beide ÖVP), Alois Schroll (SPÖ) und Lukas Hammer (Grüne)

Ausbau der Fernwärme

Mit 100 Millionen Euro soll der Rückstau beim Ausbau der Fernwärme in Österreich abgearbeitet werden. Das betrifft insgesamt 173 Projekte, die seit 2011 auf eine Umsetzung warten. Zusätzlich sollen bis 2024 jährlich 15 Mio. Euro in den Ausbau der Fernwärme fließen. Der Ausbau von Wasserstoff und grünem Gas soll mit jährlich 80 Mio. Euro gefördert werden.

Beschluss am Mittwoch

Nach der Einigung zwischen ÖVP, Grünen und SPÖ kann das EAG nun am 7. Juli mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat beschlossen werden. Anschließend wird das EAG am 14. Juli im Bundesrat behandelt und kann auch dort beschlossen werden.

Parallel zum Beschluss läuft der Notifizierungsprozess mit der EU-Kommission für alle Teile, bei denen das notwendig ist, zum Beispiel Förderungen über Marktprämien.

Gewessler: Die Energiewende startet

„Die Energiewende in Österreich startet, das EAG ist fertig“, verkündete Gewessler am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wien. Der ÖVP-Staatssekretär im Umweltministerium, Magnus Brunner, betonte, mit dem Gesetz werde „ein großes Stück österreichische Energiegeschichte geschrieben“. Das EAG sei „das größte Energiepaket seit Jahrzehnten, vielleicht sogar aller Zeiten“.

„Wir stehen zu 100 Prozent zu den Zielen, die sich auch die Regierung im Regierungsprogramm gesetzt hat, bis 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen“, sagte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Der SPÖ sei sehr wichtig gewesen, „dass es sozial ausgewogen sein muss“ und „dass es keine Zwei-Klassen-Energiewende werden darf“.

Grünen-Budgetsprecher Jakob Schwarz lobte naturgemäß die Einigung. Zur Klimamilliarde komme damit eine Milliarde jährlich für Ökostrom hinzu. Damit werde Österreich „in nicht einmal zehn Jahren zum Vorreiter in Europa“, zeigte sich Schwarz überzeugt.

NEOS begrüßt Einigung

Als „zähe Geburt“ bezeichnete NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker die Einigung auf das EAG. Andere Staaten hätten entsprechende EU-Vorgaben schon vor Jahren umgesetzt und damit der Ökostrombranche in ihren Ländern einen Vorsprung verschafft. Loacker betonte zugleich, es sei gut, dass es künftig Planungssicherheit für Betriebe im Bereich erneuerbare Energie geben solle.

Global 2000 sieht „Initialzündung“

Auch die Umweltschutzorganisation Global 2000, bei der auch Gewessler lange tätig war, begrüßte die Einigung und sprach von einer „Initialzündung für die Klimawende“. Es sei „ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität bis 2040 und der Anfang vom Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle“. Die NGO nannte zugleich die aus ihrer Sicht nötigen nächsten Schritte: „Start einer Mitmachbewegung, die Sicherstellung der Naturverträglichkeit des Ausbaus und eine Energiesparoffensive“.

Kritischer dagegen der WWF. Deren Klimasprecher Karl Schellmann fand zwar teils auch lobende Worte, warnte aber vor „völlig verfehlten Schlupflöchern“, die die Verbauung von Schutzgebieten mit Kleinwasserkraftanlagen ermöglichen würden.

WKÖ: Wichtiges Standortpaket

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf begrüßte die Einigung. Das Ziel, zu dem sich die Wirtschaftskammer bekenne, sei ambitioniert, das Paket aber auch ein „wichtiges Standortpaket“. Die Kapazitäten der erneuerbaren Energie müssten rasch ausgebaut werden. Neben dem EAG brauche es dafür noch aufgerüstete Speicher, etwa Pumpkraftwerke, Netze und Leitungen. Letzeres ist, aufgrund der billigeren Überlandverlegung etwa von 370-kV-Leitungen, bei Anrainern und aus Naturschutzgründen teils heftig umstritten.

Gut eingesetzt, könnten die zehn Milliarden an Fördermitteln Investitionen im Wert von 30 Mrd. Euro auslösen, das EAG sei daher „wichtig für die regionale Wertschöpfung“.

Die E-Wirtschaft begrüßte die Einigung ebenfalls, sieht aber auch mehrere kritische Punkte, etwa eine aus Sicht der Stromkonzerne verzerrende Förderung von Energiegemeinschaften auf lokaler Ebene. Von einer „enorm wichtigen Einigung“ sprach der Branchenverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Damit werde ein „gewaltiges Investitionsprogramm“ gestartet.

AK: „Viel Licht, ein wenig Schatten“

Die Arbeiterkammer (AK) sah „viel Licht und ein wenig Schatten“: Positiv findet die AK vor allem, dass das EAG nicht nur klimapolitisch ein „wichtiger Meilenstein“ sei, sondern auch Jobs schaffen werde. Negativ sieht sie dagegen, dass Erdgaskunden künftig doppelte Förderung zahlen – für erneuerbaren Strom und für erneuerbares Gas. Außerdem seien die Förderbeiträge nicht von der Umsatzsteuer befreit worden.