Migranten an Belarus-Grenze: Litauen erhöht Grenzschutz

Litauen will angesichts einer stark steigenden Zahl illegal Einreisender nun auch Militärkräfte zur Sicherung der Grenze zum benachbarten Belarus einsetzen. Als Signal mit abschreckender Wirkung solle auch eine „zusätzliche physische Barriere“ zwischen dem EU-Land Litauen und dem autoritär regierten Belarus errichtet werden, kündigte Regierungschefin Ingrida Simonyte gestern in Vilnius aus. Das Außenamt wies zudem fast alle Diplomaten von Belarus aus.

Zudem soll die Prüfung von Asylanträgen beschleunigt werden. Die litauische Regierung hatte wegen der Migranten zuvor bereits den Notstand verhängt, um leichter und schneller reagieren zu können.

Simonyte: Minsk will Lage destabilisieren

Litauen mit seiner fast 680 Kilometer langen Grenze zu Belarus – einer EU-Außengrenze – beklagt aktuell ein hohes Aufkommen an illegalen Grenzgängern. An der Organisation des starken Zustroms von Migranten seien belarussische Behörden sowohl aktiv als auch passiv beteiligt, sagte Simonyte. Sie warf der Führung in Minsk vor, den Grenzübertritt bewusst zu erleichtern. „Unserer Ansicht nach zielt das unter anderem darauf ab, unserem Land zu schaden, die Lage zu destabilisieren.“

Simonyte sagte, dass Belarus diesen Menschen Flüge in die belarussische Hauptstadt Minsk angeboten habe. Bei mindestens einem Migranten, der nach Litauen gekommen sei, habe man dazu Belege gefunden. „Es gibt Reisebüros, Direktflüge, die Minsk zum Beispiel mit Bagdad verbinden, und es gibt Agenturen sowohl in Belarus als auch in anderen Ländern, die hier tätig sind und ‚Touristen‘ nach Minsk locken“, sagte Simonyte der Nachrichtenagentur Reuters.

„Gegen gesamte EU gerichtet“

„Wir sehen den gesamten Prozess als hybride Aggression, die sich nicht gegen Litauen, sondern gegen die gesamte Europäische Union richtet“, sagte Simonyte. Grund dafür sei die prinzipielle Position der gesamten EU, einschließlich Litauens, zu der als gefälscht geltenden Präsidentenwahl im August 2020 und der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus.

EU-Kommissarin wirft Lukaschenko Eskalation vor

Unterdessen warf EU-Kommissarin Ylva Johansson Belarus vor, im Konflikt mit der EU Flüchtlinge für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Binnen einer Woche seien schätzungsweise 700 Flüchtlinge über Belarus in das EU-Land Litauen eingereist. Die Regierung in Minsk benutze „Menschen, um zu destabilisieren“, sagte Johansson den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag-Ausgaben).

„Die EU arbeitet hart daran, dies zu beenden: Es handelt sich per Definition um einen unfreundlichen Akt eines Nachbarstaates“, sagte Johansson.

Die EU-Kommissarin nannte die Lage beherrschbar. „Die europäischen Außengrenzen sind gemeinsame Grenzen, die wir gemeinsam bewältigen können und müssen“, sagte Johansson. Litauen erhalte von der EU bereits Hilfe über die Grenzschutzagentur Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO). Für die Versorgung der Flüchtlinge könnten Kapazitäten und Ressourcen in allen Mitgliedsstaaten genutzt werden.