Blick in den Plenarsaal
APA/Roland Schlager
Nationalrat

Viele Gesetze mit breiter Wirkung beschlossen

Im Nationalrat sind am Mittwoch kurz vor der Sommerpause zahlreiche Gesetzesmaterien mit breiter Wirkung beschlossen worden: Am wichtigsten davon sind das Ökostromgesetz neu – genannt Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) – und das Anti-Terror-Paket. Daneben wurden aber vor allem viele Einzelgesetze im Sozial- und Arbeitsbereich fixiert.

Das Anti-Terror-Paket und das EAG wurden bereits am Vormittag beschlossen. Letzteres mit Stimmen auch von SPÖ und NEOS. Am späteren Nachmittag waren dann Sozial- und Arbeitsthemen an der Reihe.

So wurden 24 Mio. Euro zur Delogierungsprävention bereitgestellt, die rechtliche Grundlage zur Etablierung von Community Nurses geschaffen und eine Änderung bei den Impfzertifikaten für Covid-19-Genesene vorgenommen. Aufgeweicht wurden die Regeln beim Lohn- und Sozialdumping.

Verwaltungsstrafen neu geregelt

Konkret wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen das Kumulationsprinzip bei Verwaltungsstrafen bei Lohn- und Sozialdumping durch Unternehmen abgeschafft. Stattdessen werden die Strafen künftig unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien wie dem Ausmaß der Unterentlohnung gestaffelt, wobei ein Strafrahmen zwischen 20.000 und 400.000 Euro vorgesehen ist.

Reaktion auf EuGH-Urteil

Damit sollte einem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019 Rechnung getragen werden, das die österreichischen Strafdrohungen zum Teil als unverhältnismäßig und unionsrechtswidrig gewertet hatte. Eine verbesserte Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sowie von illegaler Beschäftigung war die Stoßrichtung einer gemeinsamen Initiative von ÖVP, SPÖ und Grünen, mit der – freiwillig – eine Identitätskarte für den Bau etabliert wird.

Hilfe bei Mietrückständen

Breiten Konsens gab es bei der Novelle zum „Covid-19-Gesetz-Armut“, deren Ziel es ist, Delogierungen von Mietern zu verhindern, die infolge der CoV-Krise Mietrückstände aufgebaut haben. Für entsprechende Projekte werden in den Jahren 2021, 2022 und 2023 bis zu 24 Mio. Euro bereitgestellt.

Eine Novelle zum Covid-19-Maßnahmengesetz stellte sicher, dass Personen, die von einer CoV-Infektion genesen sind, bereits nach der Erstimpfung ein Impfzertifikat ausgestellt werden kann. Zudem wurde die Geltungsdauer von Verordnungen verlängert, die Zusammenkünfte von mehr als 500 Personen regeln.

Bildungsbonus ausgeweitet

Ausgeweitet wurde der Bildungsbonus, ein 120-Euro-Zuschlag zum Arbeitslosengeld für eine Ausbildung, und zwar auf Schulungen, die vor Oktober des Vorjahres aufgenommen worden waren. Der Zugang zur Sonderunterstützung für arbeitslose Bergarbeiter wurde hingegen erschwert. Bis 2035 wird das Zugangsalter schrittweise von 52 auf 62 Jahre angehoben.

Streit über Finanzierung der Krisenkosten

Zum Auftakt der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause hatten sich die Fraktionen gleich einmal recht unfreundlich über die Begleichung der Krisenkosten ausgetauscht. In einer „Aktuellen Stunde“ verlangte die SPÖ mit ihrer Chefin Pamela Rendi-Wagner an der Spitze die Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hielt das für kontraproduktiv, weil wirtschaftsbremsend.

Gewessler zu Ökostrom und Straßenbaustopps

Ökostromgesetz neu fixiert

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS war bereits am Vormittag das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen worden. Es soll Österreich bis zum Jahr 2030 bilanziell zu 100 Prozent Ökostrom verhelfen. Bis dahin wird jährlich eine Milliarde Euro in den Ausbau investiert. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach höchst erfreut von einem „großen Tag für den Klimaschutz“ und knipste bei der Abstimmung strahlend ein Selfie mit den Abgeordneten im Hintergrund.

Geplant ist ein Plus von 27 Terawattstunden (TWh) aus erneuerbaren Quellen, was laut Infrastrukturministerium achtmal der Leistung des nie in Betrieb gegangenen Atomreaktors in Zwentendorf entspricht. Der Ausbau gliedert sich in 11 TWh Photovoltaik, 10 TWh Windkraft, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse. Dies, so das Ministerium, entspreche einer Steigerung um 50 Prozent zur bestehenden Ökostrom-Produktion (55,6 TWh).

Nationalrat verabschiedet Anti-Terror-Paket

Als Reaktion auf den Anschlag in Wien im November wurde zudem ein Anti-Terror-Paket beschlossen. Kritik kam in der Debatte vor allem von der FPÖ, der die Maßnahmen nicht weit genug gehen. In Details distanzierten sich aber auch SPÖ und NEOS. Unter anderem werden Fallkonferenzen ausgeweitet, und es wird eine Fußfessel bei bedingter Entlassung von nach Terrorparagrafen Verurteilten ermöglicht.

Im Paket enthalten ist auch ein Straftatbestand für „religiös motivierte“ Verbrechen. Kritik kam hier von FPÖ und NEOS. FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan sagte, dieser Umstand sei bereits in einem anderen Paragrafen abgebildet, womit es sich um „Show-Gesetzgebung“ handle.