Getötete 13-Jährige: Schlagabtausch im Nationalrat

Der gewaltsame Tod einer 13-Jährigen hat gestern zu einem Schlagabtausch im Nationalrat geführt. In einer Dringlichen Anfrage attackierte FPÖ-Partei- und Klubchef Herbert Kickl den Innenminister frontal und machte fehlendes Handeln für entsprechende Verbrechen verantwortlich. Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) versprach den Eltern des Opfers, alles für die Aufklärung des Falls zu tun und verwies auf rechtsstaatliche Standards.

Kickl drängt seit Tagen auf eine Schweigeminute für die 13-Jährige, die nach einer gewaltsamen Begegnung mit mehreren jungen Afghanen ums Leben gekommen war. Die anderen Fraktionen lehnten das ab, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verwies auf die entsprechenden Usancen. Daraufhin nützte Kickl seine letzte Rede für eine Schweigeminute.

Retourkutsche von Nehammer

Davor hatte er üblich scharf die Regierung wegen einer zu laschen Flüchtlingspolitik attackiert. Das Handeln sei inkonsequent, mutlos und viel zu weich. Das Ziel müsse die „Festung Europa“ sein: „Alles andere führt in den Untergang.“ Kickl drängt auf Änderungen der europäischen Vorschriften. Denn das Recht müsse der Politik folgen, zitierte sich der Klubchef selbst mit einer seiner umstrittensten Aussagen in seiner Zeit als Innenminister.

Schlagabtausch zwischen Kickl und Nehammer

Die FPÖ hat den gewaltsamen Tod einer 13-Jährigen thematisiert. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) lieferten sich dabei einen heftigen Schlagabtausch.

Sein Nachfolger Nehammer fragte Kickl im Gegenzug, warum dieser denn die Verdächtigen beim Tod der 13-Jährigen nicht in seiner Zeit als Ressortchef abgeschoben habe, und gab gleich die Antwort: weil es eben rechtsstaatliche Vorgaben gebe. Und an die habe auch er sich als Innenminister zu halten: „Weil wir ein demokratischer Staat sind.“

Fehler im System?

In der Debatte ortete Reinhold Einwallner (SPÖ) einen Fehler im System. Anders sei nicht zu erklären, dass gut integrierte Schülerinnen und ausgebildete Lehrlinge abgeschoben würden, gleichzeitig straffällige Asylwerber aber frei herumliefen. Die Attacken zwischen Kickl und Nehammer wertete er als Indiz, dass weder FPÖ noch ÖVP hier Lösungen schaffen könnten. Auch Nikolaus Scherak (NEOS) sprach von einem Bruderzwist. Das gegenseitige Aufrechnen führe nicht dazu, auch nur einen einzigen Mord zu verhindern.

Georg Bürstmyr (Grüne) warnte davor, sich von Rachegelüsten leiten zu lassen. Die Vorschläge der FPÖ, die diese per Entschließungsantrag einbrachte – etwa das Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem und europäischem Boden – seien ungeeignet, irgendein Problem zu lösen, aber auch verfassungs-, völker- und unionsrechtswidrig.

NGOs sehen „rassistische Ablenkungsmanöver“

Die asylkoordination österreich, der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser und ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismusarbeit) wandten sich unterdessen in einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit. Sie verlangen u. a. einen Stopp der „rassistischen Ablenkungsmanöver“. Es brauche endlich effektive Maßnahmen gegen die steigende Zahl der Femizide.

Einige politische Akteure würden „eine Asyldebatte vom Zaun brechen“ und zudem „pauschalierende, rassistische Vorurteile“ gegenüber 40.000 in Österreich lebenden Menschen afghanischer Herkunft schüren.

Die Tötung eines Mädchens werde politisch instrumentalisiert und zusätzlich ein schwer rassistischer Angriff auf eine Bevölkerungsgruppe gestartet, die sich dagegen nicht zur Wehr setzen kann – „das ist pietätlos und verwerflich“.

Kurz „schockiert“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich in einer Aussendung „schockiert über diese Haltung“. Er verwehre sich „gegen jede Form der Täter-Opfer-Umkehr und falsch verstandener Toleranz“. Kurz sprach sich erneut gegen den geforderten Abschiebestopp nach Afghanistan aus: „Ganz im Gegenteil: Es muss mehr und nicht weniger abgeschoben werden, besonders dann, wenn es sich um straffällig gewordene Asylwerber handelt.“

18-Jähriger gab unterlassene Hilfeleistung zu

Nach dem gewaltsamen Tod des Mädchens in Wien-Donaustadt gab der 18-jährige Tatverdächtige laut seinem Anwalt unterlassene Hilfeleistung zu. Weiter nicht geständig ist der Mann, was den sexuellen Missbrauch oder die Tötung des Mädchens betrifft.

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